Empathie & Impathie – als Schlüssel für mehr Resilienz?

Stellen Sie sich vor, Sie sind Coach und sprechen mit Ihrer Coachee (Klientin, Patientin) über ihr Anliegen und die aktuellen Belastungsfaktoren. Natürlich möchten Sie als Coach herausfinden, worum es wirklich geht und ihre Klientin bestmöglich auf dem Weg in ein stressfreieres Leben und hin zu mehr Selbstwirksamkeit unterstützen. Was meinen Sie, brauchen Sie dafür? Neue Tools oder mehr Zeit? Zu allererst lautet die wohl wichtigste „Zutat“ für ein gelingendes Coaching und eine gute Beziehungsqualität: Empathie.

Empathie steht kurz gesagt für unser Einfühlungsvermögen und „die Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen“ (Duden 2023). Empathie ist die Basis jeder psychosozialen Ausbildung und notwendige Voraussetzung, wenn man professionell Hilfe zur Selbsthilfe leisten möchte. Zu Beginn geht es nicht um Tools und schnelle Lösungen, sondern um Beziehungsaufbau und eine Haltung, die den Menschen erkennt und Raum gibt, aktuelle Themen und Gefühle auszusprechen.

Wie empathisch wir sind, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und von verschiedensten Faktoren abhängig. Manche Menschen haben eine hohe Sensibilität – anderen fällt es eher schwer, sich in jemanden einzufühlen. Die gute Nachricht ist, dass Empathie gestärkt und trainiert werden kann. Im beruflichen Kontext sollte, unabhängig davon, wie hoch man die eigene Empathiefähigkeit einschätzt, immer ein Augenmerk darauf liegen, um ein gesundes Nähe-und Distanz-Verhältnis aufrechtzuerhalten.

Warum beschäftigen wir uns mit Empathie & Impathie?

Gegenfrage: Was passiert, ohne Empathie? Das Mitgefühl schwindet, Menschen werden wie Akten „verwaltet“, Kälte, Missgunst und Egozentrik erhalten den perfekten Nährboden. Empathie ist zentral für unser soziales Miteinander und ist verbunden mit unserem Grundbedürfnis nach Bindung.

Frühkindliche, sichere Bindungserfahrungen sind ausschlaggebend für unsere Persönlichkeitsentwicklung. Für ein gesundes Selbstbild und unser Urvertrauen – in dieser Welt sicher und geliebt zu sein. Bindung ist ein Schutzfaktor, der sich in allen Resilienzmodellen auf einer Weise wiederfindet, da wir gute Beziehungen für den Umgang mit Problemen, Stress und Krisen brauchen. Aus ihnen ziehen wir Kraft, auch schwere Zeiten zu bewältigen. Das bedeutet, dass es wichtig ist, ein soziales Netzwerk zu haben und auch Hilfe anzunehmen, wenn man selbst keine Kraft mehr hat.

Doch Bindung bedeutet nicht „nur“ eine gute Beziehung zu anderen zu haben und sich auf diese verlassen zu können. Bindung beinhaltet auch die Beziehung zu uns selbst. Es ist wichtig sowohl die Zeit für sich als auch für andere in einer guten Balance zu halten. Wir wissen wohl alle zugut, dass es nicht gesund ist, die Bedürfnisse aller anderen dauerhaft über die eigenen zu stellen. Wir vernachlässigen dann die eigenen Grundbedürfnisse auf körperlicher, mentaler, emotionaler und seelischer Ebene und unsere Selbststeuerung wird verringert. Für eine starke Resilienz ist es entsprechend wichtig, das eigene Netzwerk + sich selbst zu pflegen. Die Folge ist, dass wir durch eine gute Selbstfürsorge auch mehr Kraft für andere haben und die Kontakte gut aufrechterhalten können.

Jetzt die Quizfrage: Was brauchen Sie also, neben der Empathie, noch, um Bindung allumfassend zu stärken? Resilienz Akademie | Empathie & Impathie - als Schlüssel für mehr Resilienz?

Dr. Stefanie Neubrand, Psychologin und Wissenschaftlerin, entwickelte die „Impathie“ (introversive Empathie). „Impathie“ beschreibt sie als  „Fähigkeit, an den eigenen Gefühlen teilzuhaben und sie zu verstehen.“ Zu ihrem neuen psychologischen Konstrukt forscht sie seit mehr als 10 Jahren und hält Vorträge dazu. Im Resilienz Kongress 2023 gab sie einen spannenden Einblick in ihre Erkenntnisse und Erfahrungen. Wir möchten gerne in diesem Artikel einen Einblick geben und uns der Frage näher, in wie weit Impathie & Empathie unsere Resilienz stärken.

Was bedeutet Empathie & Impathie?

Empathie

Wie bereits erwähnt, wird Empathie im Duden als die „Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen“ beschrieben.  Der Begriff Empathie stammt aus dem altgriechischen „empátheia“, „em–“ = „in, darin, hinein“ und „pathos“ = „Gemütsstimmung, Seelenbewegung“ (WeLex 2020). So steht Empathie schon von der Wortherkunft eng mit der seelischen Gesundheit in Verbindung. Im deutschen, alltäglichen Sprachgebrauch wird synonym für Empathie vor allem der Begriff des Einfühlungsvermögens verwendet.

Prof. Dr. Tatjana Singer ist soziale Neurowissenschaftlerin und Psychologin und ist weltweit für Ihre Forschung insbesondere zu den Themen Empathie und Mitgefühl bekannt. Sie beschreibt Empathie als Fähigkeit einer „emotionalen Resonanz“ mit anderen (Singer et. al 2013). Wir gehen in Resonanz mit anderen Personen, wir schwingen sozusagen mit – ohne zu bewerten. Zu allererst geht es um eine neutrale und offene Haltung, durch die Gefühle und Belastungen des Gegenübers wahrgenommen werden können. Wahrnehmen – erkunden, aber nicht mitreißen lassen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.

Eine gute Balance zu finden muss und kann trainiert werden. Gerade in „Helferberufen“ ist die Empathie weitgehend zu einem Lehrmodul geworden. Denn fehlende Distanz ist für unsere Gesundheit gefährlich und ein Dauerthema im Sozial- und Gesundheitsbereich. Chronischer Stress, Burnout und hohe Fluktuation sind häufig auf die fehlende Abgrenzung zu multiplen Problemlagen der Klientel zurückzuführen. Umso wichtiger ist es, sich proaktiv entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen. Zentral dafür ist die Unterscheidung in die kognitiven und affektiven (emotionalen) Empathie (nach Paul Ekmann).

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Kognitive Empathie

Kognitive Empathie steht kurzgesagt für die Verstehbarkeit und das Erkennen von Gefühlen. Wir verstehen die Gefühle, Gedanken und Perspektiven des anderen. Wir müssen die Gefühle aber selbst nicht fühlen und die Gedanken nicht teilen! Die kognitive Empathie ermöglicht eine gesunde Abgrenzung und ist deshalb extrem wichtig für alle Tätigen in Helferberufen. Die kognitive Empathie lässt sich gezielt durch Techniken und mehr Wissen über unsere Emotionen verbessern. Durch Emotionswissen können zwischenmenschliche Konflikte verringert und schneller Lösungen gefunden werden. Dadurch wird ein wichtiger Baustein für eine resiliente Kommunikation und Beziehungsgestaltung ermöglicht. Sei es privat oder im beruflichen Umfeld.

Affektive Empathie

Die affektive Empathie, auch emotionale Empathie, steht besonders in Verbindung mit dem Mitgefühl. Affektive Empathie wird möglich durch unsere Spiegelneuronen im Gehirn. Spiegelneuronen sind Nervenzellen, die sich in unserem Stirnlappen, dem präfrontalen Cortex, befinden. Dadurch sind wir dazu in der Lage, die beobachteten Emotionen auch nachzuempfinden. Wenn uns eine Person beispielsweise über ihre aktuelle Belastungssituation erzählt und die Augenbrauen dabei hoch- und zusammenzieht, werden in unserem Gehirn die Signale aktiviert, die diese Handlung simulieren. Ahmen Sie gerne die Bewegung einmal nach, was fühlen Sie dabei?

Diese neurologische Nachahmung ist zentral, um Mitgefühl auszudrücken und die Bindung zu stärken. Durch das Emotionswissen können wir einordnen, welche Emotion sich gerade bei unserem Gegenüber gezeigt hat. In unserem Beispiel könnte es die Emotion Angst sein, wodurch Spiegelneuronen auch bei uns selbst die Emotion Angst simulieren. Entsprechend fühlen wir, was der andere fühlt. Laut R. Langwara ist es die affektive Empathie, die zu verfälschten Moralentscheidungen und zu „Empathiemüdigkeit“ (wenn Menschen dauerhaft das Leiden anderer mitleiden) führen kann. Die Schwierigkeit besteht häufig darin, die „angesteckten“ Emotionen auch selbst zu regulieren. Wenn wir in der Beratungsarbeit oder im Coaching tätig sind, ist also nicht nur das gesagte Wort von Relevanz. Wichtig ist, sich bewusst zu sein, dass wir eine Reihe nonverbaler Signale aussenden und empfangen, die Einfluss auf den Gesprächsprozess nehmen.

Empathie als Voraussetzung für Mitgefühl

Wichtig zu betonen ist, dass Mitgefühl nicht gleich Empathie ist. Mitgefühl wird mit Anteilnahme, altruistischen Verhalten sowie emotionaler Intelligenz verbunden – ebenso wie die Empathie. Doch es gibt einen wichtigen Unterschied. Mitgefühl ist eine Emotion und hat einen nachweislich positiven Wirkung auf unser Stresssystem, zum Beispiel durch die Ausschüttung des Hormons Oxytocin und Aktivierung der Hirnareale, die unter anderem das Zugehörigkeitsgefühl stärken.

Empathie ist dagegen die Kompetenz, Emotionen zu teilen und diese zu verstehen. Nach T. Singer ist Empathie die wichtige Kompetenz, die es ermöglicht, Mitgefühl überhaupt entwickeln zu können. Dazu ist es wichtig auch zwischen Mitgefühl und Mitleid zu differenzieren. Denn Mitleid bezieht sich nur auf unangenehme Emotionen und beschreibt die innere Anteilnahme dazu. Wenn wir „mit leiden“ schwingt oft tiefes Bedauern oder das Bedürfnis nach Trösten mit. Wir sind emotional sehr eng verbunden. Dadurch kann auch unsere Selbststeuerung und Objektivität gestört werden und unser Stresshormon Cortisol ansteigen.

Gerade im professionellen Kontext spielt deshalb eine gesunde Abgrenzung und Reflexion, z.B. in Form von kollegialer Beratung oder Supervision (wie sie auch die Resilienz Akademie anbietet) eine entscheidende Rolle. Ziel eines jeden Coachings sollte es sein, die Person in ihrer Selbstwirksamkeit zu stärken. Dadurch werden die Ressourcen, Kompetenzen und Fähigkeiten des Gegenübers gewürdigt. Mitleid oder „Bemitleiden“ suggeriert hingegen das Gegenteil bei den Betroffenen.

Impathie

Da wir jetzt eine Idee davon haben, was Empathie sein könnte, stellt sich die große Frage: Was steckt nun genau hinter der Impathie?  Dr. Stefanie Neubrand Erfinderin und Entwicklerin der Impathie – beschreibt sie wie gesagt als:

„Fähigkeit, an den eigenen Gefühlen teilzuhaben und sie zu verstehen.“- Dr. Stefanie Neubrand

Im RESILIENZ KONGRESS 2023  gab S. Neubrand einen hoch spannenden Einblick in ihre Forschungsarbeit, durch die sie einen Anstoß zum Diskurs geben möchte. „In der psychologischen Forschung und Praxis wird der Impathie eine herausragende Bedeutung für die Wiederherstellung und Erhaltung der psychischen Gesundheit beigemessen. Von besonderem Interesse ist, dass sie gezielt trainiert werden kann.“ Im Folgenden werden wir einige Passagen aus dem Interview zitieren. Wenn Sie das ganze Interview sehen möchten, klicken Sie auf das Bild oder schauen Sie auf der Seite des Resilienz-Kongresses 2023 vorbei. Dort können Sie auch nachträglich das Kongresspaket beziehen, miit dem Sie jederzeit Zugang auf das Videomaterial des gesamten Kongresses haben– und sich alle Gespräche so oft Sie wollen und wann Sie wollen ansehen können. Lesen Sie HIER mehr dazu.

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Impathie als Voraussetzung für Selbstmitgefühl

Dr. Stefanie Neubrand stellte sich zu Beginn ihrer Forschungsarbeit die Frage: Wenn Empathie die Voraussetzung für Mitgefühl ist – Was braucht dann Selbstmitgefühl? „Geboren war die Impathie“. Die Empathieforschung sei dabei grundlegend wichtig für die Impathieforschung und um eine Ich-Perspektive einnehmen zu können. S. Neubrand macht dies an zwei Gegenüberstellungen deutlich:

  • Empathie: Ich nehme die Gefühle, die Situation des anderen wahr und verstehe es.
  • Impathie: Ich nehme mich, meine Gefühle, meine Situation wahr und verstehe sie.

Ebenso wie bei der Empathie und der Abgrenzung zu „Mitleid“ (siehe oben), ist die Impathie auch nicht mit „Selbstmitleid“ zu vergleichen. Es gehe nicht darum, sich von den eigenen Gefühlen mitreißen zu lassen, sondern mit einer offenen Haltung die Gefühlen wahrzunehmen. Gerade in unserer schnelllebigen Welt, in der wir unsere Aufmerksamkeit sehr auf das Außen richten, vergessen wir genau diesen, so zentralen, Schritt immer mehr. Menschen erleben sich zum Teil dissoziiert – dh. dass Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Handeln getrennt voneinander sind. In einem dissoziierten Zustand fühlen sich Menschen manchmal wie betäubt oder haben das Gefühl, sich getrennt von außen zu sehen. Der „Prozess des impathisch-Seins“ bedeutet, gezielt die Aufmerksamkeit auf unser Inneres zu richten und in kleinen Schritten, sich selbst wieder zu begegnen. Dieser Prozess bilde nach S. Neubrand eine „Orientierungshilfe für eigene Reaktionen und Verhaltensweisen“.

4 Faktoren der Impathie

Dr. Stefanie Neubrand beschreibt für die Impathie vier zentrale Faktoren, die das Konzept greifbarer machen.

  1. Aufmerksamkeit: Impathie bedeutet, die Aufmerksamkeit nach innen zu lenken. Hier zeigt sich auch der wichtige Resilienzfaktor der Selbstwahrnehmung. Ebenso wie die Wahrnehmung für die Emotionen einer anderen Person geschult werden kann, geht es bei der Impathie darum, die Aufmerksamkeit ganz bewusst auf das Innere zu richten und sich selbst wahrzunehmen und verstehen zu lernen.
  2. Meta-Position: Hiermit ist gemeint, Abstand zu lassen – ebenso wie Empathie Raum benötigt, um eine gesunde Beziehung zu gestalten. In dem wir, bildlich gesprochen, einen Schritt zurücktreten, können wir Dinge erkennen, ohne uns von ihnen überfluten und gänzlich einnehmen zu lassen.
  3. Verständnis für das eigene Erleben: Durch die Zeit und den Raum, den wir uns schenken, können wir (z.B. Emotionen) uns besser reflektieren. Übungen, wie z.B. die „Seitenarbeit“ aus der Hypnotherapie und Systemik, können zum Verständnis innerer Anteile, beitragen.
  4. Annehmbare Haltung: Hiermit ist nach S. Neubrand die Haltung der Akzeptanz und Offenheit gemeint. Wenn wir etwas von uns ablehnen (oder im Vergleich bei der Empathie etwas bei einer anderen Person ablehnen) werden unsere Handlungsmöglichkeiten und Reflexionsprozesse eingeschränkt. Wir versuchen uns, einem äußeren Ideal anzupassen. Deshalb ist die Annahme von inneren Anteilen, sei es auch sehr schwer, äußerst wichtig und heilsam.

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Wie kann durch Empathie und Impathie unsere Resilienz gestärkt werden?

Wir möchten an dieser Stelle praktische Tipps für mehr Empathie als auch Impathie geben, mit dem Ziel, unsere Resilienz zu stärken. Resilienz verstehen wir als flexible Anpassungsfähigkeit, die es ermöglicht, besser mit Problemen, Stress und Krisen umzugehen. Wir unterscheiden dabei in vier Arten der individuellen Resilienz: Der körperlichen, mentalen, emotionalen und seelischen Resilienz. Die Konzepte der Empathie und Impathie lassen sich mit allen Arten auf der einen oder anderen Weise verknüpfen. Hier ein paar Ideen dazu:

Worte wirken

Stefanie Neubrand gibt in dem Interview Tipps für die indirekte und direkte Förderung der Impathie. Spannend ist, dass sie betont, dass bereits das Wort „Impathie“ eine Intervention ist – was wir absolut unterstreichen können. Denn beim Hören des Interviews zeigte sich die innere Stimme, die sagte „Ja genau! Endlich gibt es ein Wort dafür!“ Ähnlich erging es sehr vielen Zuhörenden. Entsprechend kann bereits das Wort zur Veränderung beitragen– Erleichterung auslösen oder, nach Neubrand, auch die „Erlaubnis geben, in Beziehung mit sich selbst zu gehen.“.

Lernen am Modell

Sowohl die Empathie als auch Impathie wird maßgeblich durch unser Umfeld beeinflusst. Wie wachsen wir auf? Welche Bezugspersonen haben wir und wie wird uns Mitgefühl vermittelt und erlebbar gemacht? „Kinder lernen Impathie durch ihr empathisches Umfeld“. Wenn ein Elternteil empathisch sei, lerne das Kind indirekt: „Ich bin es auch wert auf meine Gefühle und Bedürfnisse zu achten, sie wahrnehmen und verstehen zu können.“ In unserer Kindheit wird entsprechend der Grundstein für Impathie gelegt – ein empathisches Umfeld ist Grundlage für den Umgang mit uns selbst und für den Umgang mit anderen. Aus Coachperspektive bedeutet das eben auch, dass die Empathie, die wir zeigen, Einfluss auf die Impathieentwicklung der Klient:in haben kann.

Perspektivwechsel durch innere Seitenarbeit

Durch einen Perspektivwechsel trainieren wir die mentale und seelische Resilienz. Wir versetzen uns dabei in die Lage einer anderen Person oder in einen „inneren Anteil“ von uns und nehmen die Sichtweise dieser Seite ein. Dadurch können wir Bedürfnisse und Emotionen besser verstehen und lernen, uns besser in andere und uns selbst hineinzufühlen. Wie beschrieben, brauchen wir für eine gute Beziehungsgestaltung (sowohl zu anderen als auch zu uns selbst) metaphorisch einen Raum – in dem Sinne, dass wir inneren Abstand gewinnen, um Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten zu können.

Die „inneren Anteile“ oder auch als „Seitenarbeit“ beschrieben, kommt aus der Systemik und Hypnotherapie (nach Dr. Gunther Schmidt die „Hypnosystemik“). Eine Person wird beispielsweise in einer Trance dabei begleitet, die inneren Anteile zu erkunden. Fragen hierzu könnten sein: Welche Seite in mir ist selbstkritisch? Gibt es eine Seite, die sagt, ich bin nicht gut genug? Ich bin nicht liebenswert? Jede Seite/ jeder innere Anteil, der sich zeigt, hat seine Berechtigung und wird entsprechend der Bedürfnisse gewürdigt. Ein Prozess beginnt, in dem man einen inneren Raum schafft, der Kreativität und einen spielerischen Zugang ermöglicht im Umgang mit dem derzeitigen Problemerleben.

Im Kontext der Impathie wird nach S. Neubrand hier die Fähigkeit entwickelt, eine „Ich Perspektive“ einzunehmen. „In dem Moment, in dem ich die Aufmerksamkeit auf mich selbst lenke, gibt es ein „Ich“ (erlebtes Subjekt) und „Mich“ (wahrnehmbares Objekt).“ Dadurch wird ein Raum geschaffen und es können – im Sinne der Resilienzstärkung – neue Lösungsansätze entstehen und der Mensch gewinnt an Handlungsfähigkeit zurück.

Heart in hand - Depositphotos, Resilienz Akademie

Wenn Sie sich näher für die Seitenarbeit interessieren, könnte die Integrativen Coach Ausbildung (IHK) etwas für Sie sein. Hier werden u.a. die Grundlagen der Hypnotherapie vermittelt.

„The Wholeness Work®“

Den eigenen Emotionen Raum geben – das ist auch Teil der Meditationsmethode „The Wholeness Work“, die von Dr. Connirae Andreas entwickelt wurde. Sie hilft durch einen gut strukturierten Prozess dabei, stressige Erfahrungen abzubauen und alltägliche Spannungen zu lindern oder ganz aufzulösen und zu transformieren. Lesen Sie HIER mehr dazu.

Embodiment

Die kognitive Empathie zeichnet sich, wie beschrieben, dadurch aus, dass wir die Emotionen des anderen durch z.B. Mimik und Körpersprache erkennen und verstehen, ohne dabei das Gleiche fühlen zu müssen. Ähnlich ist es auch mit der Impathie. Wir können unsere Körpersprache nutzen, um unsere Emotionen zu erkunden oder auch angenehme Emotionen bewusst zu stärken. Fragen könnten hier sein: Welche Emotion zeigt sich gerade? Wo in meinem Körper spüre ich diese Emotion? Wie ist meine Körpersprache? Welche Körperhaltung nehme ich ein, wenn ich Angst oder Trauer empfinde im Vergleich zur Freude oder Stolz?

Selbstreflexion

Alle geschilderten Übungen tragen zur Selbstreflexion bei. Wichtig ist, dieses Reflektieren auch als Tool anzuerkennen und entsprechend einzusetzen. Jede Reflexion von Gefühlen und Erfahrungen trägt in gesundem Maße zur Resilienzstärkung bei. Je besser Sie Ihre eigenen Emotionen verstehen, desto leichter fällt es Ihnen, die Emotionen anderer Menschen nachzuvollziehen. Dazu hilft es, Bücher und andere Ressourcen zu nutzen, um sich mehr Wissen zum Beispiel zu Emotionen, Resilienz und zwischenmenschlichen Beziehungen anzueignen, um das Verständnis zu vertiefen und neue Techniken zu erlernen.

Intuitionstraining

Gerade in unserem Konzept der seelischen Resilienz beschreiben wir die Notwendigkeit, sich (wieder) zu verbinden. Mit sich selbst, anderen Menschen und (je nach Auslegung) mit einer höheren Wirklichkeit. Die Intuition ist für uns ein Schlüssel, um wieder in Kontakt mit unserer Seele zu kommen und die Beziehung zu sich selbst zu stärken. Es geht nicht „nur“ um äußere Schutzfaktoren, die bei der Krisenbewältigung helfen  sondern zu allererst um die Ressourcen, die von innen heraus unsere Seele schützen. Unsere Intuition lässt sich vielseitig trainieren, beispielsweise auch durch achtsame Atmung, Emotionsregulation und somatische Marker. Je mehr wir unsere Intuition trainieren, desto besser können wir auch in stressigen Phasen auf sie zurückgreifen und sie vertrauen.

Rituale und Routinen

Sowohl die körperliche, mentale als auch seelische Resilienz leben davon, dass wir Dinge wiederholen und Routinen in unser Leben einbauen. Der Körper dankt es uns, wenn wir uns regelmäßig gut ernähren und bewegen. Unser Gehirn freut sich, wenn wir gute Gewohnheiten etablieren und Strukturen folgen und unsere Seele braucht wiederkehrende Impulse, die den Kontakt zu unserer Intuition herstellen und unser Leben mit Sinn erfüllen. Rituale geben uns Sicherheit – auf allen Ebenen. Wir verbinden uns durch Rituale mit anderen Menschen und mit uns selbst. Lesen Sie HIER mehr dazu. Dr. S. Neubrand schlägt als impathisches Ritual die Fokuszeit vor mit der Etablierung eines Timers, der zum Beispiel alle 20 Minuten daran erinnert, äußere Reize auszublenden und kurz mit sich selbst in Beziehung zu treten. „Wie sitze ich gerade hier? Was nehme ich wahr?“

Welche Ideen in Bezug auf Routinen und Rituale haben Sie, um Ihre Impathie und Empathie zu stärken?

Austausch und Erfahrungen

Ein Tipp für mehr Empathie und Impathie ist, wie anfangs beschrieben, der kollegiale Austausch – auch in Form von Supervision, wie sie Sebastian Mauritz für Resilienz Trainer:innen der Resilienz Akademie anbietet. Ebenso ist es hilfreich, Freunde oder die Familie nach Rückmeldungen zu fragen, wie empathisch Sie wahrgenommen werden. Wichtig ist, dass sich Empathie durch Erfahrung entwickelt und gerade im beruflichen Alltag auch oft Zeit und Übung braucht. Erfahrungen können zum Beispiel auch durch ehrenamtliche Tätigkeiten, Gruppenaktivitäten oder Aktionen mit Freunden und Bekannten gesammelt werden.

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Hilfe annehmen

Ein zentraler Resilienzfaktor ist die soziale Unterstützung. Es zeugt von Stärke – nicht von Schwäche – nach Hilfe zu fragen, um zum Beispiel Herausforderungen zu bewältigen, eine Krise zu verarbeiten oder eben auch: Um unsere Empathie und Impathie zu entwickeln. Wenn ich mich selbst nicht wahrnehmen und einschätzen kann, fällt es auch schwer andere einzuschätzen und gesunde Beziehungen aufzubauen. Wenn wir feststellen, es gerade nicht allein zu schaffen, ist es wichtig zu wissen: Das müssen wir auch nicht! Genau eben dafür gibt es eine Reihe von Unterstützungsangeboten – in Form von Therapie, Beratung oder Coaching. Zögern Sie nicht, Unterstützung zu suchen und anzunehmen.

Sich selbst die Hand halten

Dr. Stefanie Neubrand beschreibt Impathie dahingehend, sich selbst nicht im Stich zu lassen. Gerade dann, wenn wir uns in schweren Krisen befinden oder sich unangenehme Emotionen wie Angst oder Scham zeigen, sei es zentral, nicht die Trennung herbeizuführen, sondern sich zu sagen:

„Und ich lasse mich jetzt nicht allein! (…) Ich gehe nicht weg von mir.“ – Dr. Stefanie Neubrand

Gerade auch, wenn in der Vergangenheit ein Trauma erlebt wurde und wir in diesem Moment nicht handlungsfähig waren, ist die Impathie ein Mittel, um im Nachhinein noch einmal gedanklich zu sich zu gehen, Brüche heilen zu lassen und Dinge verarbeiten zu können. Ein traumatisches Erlebnis kann in uns Gefühle von Ohnmacht und Hilflosigkeit auslösen. Durch die innere Seitenarbeit können wir zum Beispiel, laut Neubrand, auch imaginär noch einmal in die Vergangenheit reisen und für uns da sein.

Wenn wir damals keine Möglichkeit hatten, uns selbst aus der Situation zu helfen, ist es jetzt möglich, uns gedanklich an die Hand zu nehmen und „mit den Ressourcen von heute“ impathisch zu begegnen. In der Gegenwart können wir unsere Gefühle und Körperreaktionen wahrnehmen, die sich mit dem Problemerleben zeigen. Und darüber hinaus können wir uns auch unser „zukünftiges, impathisches Ich“ vorstellen. Die positive Zukunftsorientierung ist ein zentraler Resilienzfaktor und Teil der Visionsarbeit im Kontext der seelischen Resilienz.

Achtsamkeit und Zielorientierung

Eine realistische Einschätzung von Zielen und ein positiver Blick in Zukunft stärken unsere Selbstwirksamkeit im Hier und Jetzt. Wenn wir heute damit beginnen, unsere Aufmerksamkeit auf die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu richten und diese zu reflektieren, wirkt sich das auf unser Handeln von morgen aus. Achtsamkeit bedeutet, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein. Durch Achtsamkeitsübungen können Sie lernen, bewusster auf sich und andere Menschen zu achten. Sorgen Sie deshalb in der Gegenwart für Ihr physisches und psychisches Wohlbefinden und bauen Sie sich ein gutes soziales Netzwerk auf, damit Sie gestärkt für die Krisen von morgen sind.

Wohin führt mehr Empathie & Impathie?

Empathie ist eine wertvolle Fähigkeit, die unsere zwischenmenschlichen Beziehungen verbessern und dazu beitragen kann, Konflikte zu lösen und Mitgefühl für andere zu entwickeln. Die Impathie, als Fähigkeit, in Beziehung mit sich selbst zu treten und Selbstmitgefühl zu entwickeln, „rundet“ das Ganze auf einer wunderbaren Weise ab :-).

Beide Konzepte sind eng mit unserer mentalen, emotionalen und seelischen Resilienz verbunden und tragen zur Entwicklung sozialer und emotionaler Intelligenz bei.  Wenn wir um unsere eigenen Bedürfnisse wissen und uns in andere einfühlen können, sind wir auch eher dazu in der Lage, soziale Unterstützung zu bieten und anzunehmen, die für die Bewältigung von Stress entscheidend ist. Menschen, die von einem empathischen Umfeld umgeben sind, sind resilienter und können sich auch nach schweren Lebensereignissen besser erholen.

Durch die Fähigkeit, eigene und andere Gefühle, Gedanken und Perspektiven zu verstehen, wird vor allem unser wichtigstes Grundbedürfnis nach Bindung gestärkt. Die Bindung, die wir – gerade in Krisenzeiten – so dringend brauchen und prosilient® mit Blick auf zukünftige Krisen aufbauen können.

„Das höchste Gut ist die Harmonie der Seele mit sich selbst.“ – Lucius Seneca

Quellen:


Resilienz Akademie | Empathie & Impathie - als Schlüssel für mehr Resilienz?Christina Comnick, M.A. Management–Education–Diversity (Sozial- und Gesundheitsmanagement), ist Kooperationspartnerin der Resilienz Akademie und Expertin für „Seelische Resilienz“. Gemeinsam mit Sebastian Mauritz entwickelt sie das Konzept und leitet die dazugehörige Fortbildung. Sie ist Resilienz-Trainerin & Coachin, Antigewalt- und Kompetenztrainerin und setzt sich seit ca. 15 Jahren für die Prävention seelischer Gesundheit und Krisenintervention ein. Ihre Schwerpunkte liegen auf den Themen: Sinn, Spiritualität, Intuition, Emotionsregulation und Deeskalation. (www.christinacomnick.de)


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Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 200 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de).

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