Bisweilen war das Konzept von VUCA die Erklärung dafür, welchen Herausforderungen wir uns in unserem alltäglichen Leben stellen müssen. VUCA bezeichnet eine unbeständige, unsichere, komplexe und mehrdeutige Welt. Seit der Entstehung des Konzepts in den 1980ern ist eine geraume Zeit vergangen – Leben wir auch knapp 40 Jahre später in so einem System?
Wir haben uns als Gesellschaft weiterentwickelt und uns an Strukturen angepasst, sodass VUCA nicht mehr ganz akkurat ist. Und trotzdem scheint das Leben nicht einfacher geworden zu sein. Es braucht ein neues Modell, passend zur heutigen Welt – und das ist BANI. Das steht für eine brüchige, ängstliche, nicht-lineare, und unbegreifliche Welt. Lesen Sie hier, wie diese neue Welt aussieht und wie Sie darin erfolgreich und gesund leben können.
Das Zeitalter des Chaos – Wozu wir BANI brauchen
Unsere Welt ist chaotisch und das ist etwas, womit wir Menschen schwer zu kämpfen haben. Unser Gehirn liebt Muster und Strukturen. Und gerade diese scheint die heutige Welt beinahe gewaltsam unterbinden zu wollen. Wir beobachten ein politisches Chaos, bei dem selbst so etwas sicher scheinendes wie die Demokratie ins Wanken gerät. Wir haben eine Klimakatastrophe, dessen Folgen wir unweigerlich immer deutlicher spüren. Und wir stecken mitten in einer Pandemie, die uns in Atem hält. Wie soll man sich in so einer Welt verhalten? Wie kann man es schaffen, trotz all diesem Chaos mental gesund zu bleiben?
Der erste Schritt auf dem Weg, diesem Zeitalter des Chaos kompetent zu begegnen, ist es besser zu verstehen. Das bisherige Modell VUCA, mit dem wir versuchen solche Dinge zu beschreiben, ist veraltet. Aus diesem Grund schlägt der Autor und Futurist Jamais Cascio in seinem Artikel „Facing the Age of Chaos“ ein neues Modell vor. Nämlich BANI.
Von VUCA zu BANI
VUCA ist ein weit verbreitetes und sinnstiftendes Modell, um solch Phänomene wie Disruption nicht nur erklärbar zu machen, sondern auch Unternehmen bei dem gelingenden Umgang damit zu helfen. Das Akronym steht dabei für volatile (unbeständig), uncertain (unsicher), complex (komplex) und ambiguous (mehrdeutig).
Erstmals tauchte das Konzept Ende der 1980er als Antwort des US Army War College auf den Zusammenbruch der UdSSR auf. Erst Anfang des neuen Jahrtausends wurde der Begriff auch in das Businessverständnis übertragen und dient nun in der Literatur der Unternehmensstrategie und auch im Alltagsverständnis als Erklärungsmodell. Der Hintergrund der VUCA-Welt ist somit im Grunde genommen der Kalte Krieg und die zunehmende Vernetzung durch die Digitalisierung.
Mittlerweile haben wir diesen als Gesellschaft überwunden und auch in der Unternehmenskultur hat sich seitdem viel getan. Die Digitalisierung ist kein Neuland mehr, es ist zum Alltag geworden. Wir haben uns neue Skillsets und Toolsets angeeignet, um mit der Unbeständigkeit Schritt zu halten oder komplexe Systeme zu erfassen. VUCA reicht als Erklärungsmodell nicht mehr aus, um die aktuellen Herausforderungen für Unternehmen und auch für die gesamte Gesellschaft zu erklären. Es braucht dafür ein neues Denkmodell, das das alte Konstrukt weiterdenkt. BANI ist genau das – die Weiterentwicklung dessen, was aus der VUCA-Welt folgt.
Das BANI Framework
Während VUCA immer noch ein sinnvolles und verständnisförderndes Modell ist, geht BANI einen Schritt weiter. Dieses Modell erklärt nicht nur die Herausforderungen der aktuellen Situation, sondern auch die anhaltenden Folgen daraus.
Das Akronym BANI besteht aus den Teilen:
- Brittle – brüchig, porös
- Anxious – ängstlich, besorgt
- Non-linear – nicht-linear
- Incomprehensible – unverständlich, unbegreiflich
Dieses Modell bietet damit eine Linse, durch die nicht nur instabile Strukturen verstehbar sind, sondern gar chaotische. Es werden nicht nur mehrdeutige, komplexe Systeme sichtbar, sondern auch jene völlig unverständliche. BANI ist zwar kein Lösungsmodell per se, doch es hilft uns die Situation, von der wir gerade und auch in Zukunft Zeuge sind, zu artikulieren, um darauf reagieren zu können. Denn nur was wir benennen können, können wir auch verstehen.
Was bedeuten also die einzelnen Aspekte der BANI-Welt genau?
B – Brittle: Brüchig und porös
Brittle ist die Antwort auf Volatil. Denn unsere Welt ist nicht nur unbeständig. Viel mehr hat sich herausgestellt, dass schneller Wandel vor allem dann ein großes Problem ist, wenn das System nicht belastbar und unflexibel ist. Brüchig ist genau das Wort, dass diesen Zustand beschreibt: Wenn etwas brüchig oder spröde ist, ist es nicht elastisch. Es hält nur wenig Belastung stand. Und das Tückische an einem brüchigen System ist, dass es meist noch ganz stabil aussieht. Denn vielleicht war es auch einmal stabil, doch dann wird es porös und bricht – meist unerwartet.
Die Folgen eines solch brüchigen Systems sind durch die Überraschung um so schlimmer. Ein brüchiges System kann den Eindruck vermitteln, dass es stark und belastbar ist, doch ein kritischer Punkt des Scheiterns führt zu einem plötzlichen Versagen. Das nicht vorherzusehen und abzufedern, kann verheerende Folgen haben.
Diese Brüchigkeit entsteht aus zwei Faktoren:
- Das Bestreben auch das letzte Bisschen Gewinn aus einem System zu schlagen. Das ständige Arbeiten am Limit hinterlässt „Gebrauchsspuren“ die von Organisationen und deren Führungskräften oft übersehen werden. So kann zum Beispiel mangelnde Mitarbeiterbindung dafür sorgen, dass der Fachkräftemangel zu groß wird und die Konkurrenz das Unternehmen überholt. Das System wird dann von inneren heraus porös.
- Die mangelnde Bereitschaft, sich mit brüchigen Faktoren auseinander zu setzen. So werden die Lücken im System, die wie eine Sollbruchstelle fungieren, einfach übersehen, willentlich ignoriert, oder können durch Unfähigkeit nicht behoben werden.
In unserer vernetzten Welt kann ein brüchiges System eine enorm große Tragweite haben. Ein Ausfall einer wichtigen Struktur kann dann zu einer ganzen Reihe an Ausfällen führen. Ein Paradebeispiel dafür ist die Weltfinanzkrise von 2007. Brüchigkeit nicht nur im eigenen System, sondern in den vernetzten Zusammenhängen zu berücksichtigen, ist heutzutage ein Muss.
A – Anxious: Ängstlich und besorgt
Angst ist die Konsequenz aus der Unsicherheit. Mittlerweile haben wir als Gesellschaft gelernt, dass sich jederzeit etwas ändern oder etwas zuvor Bedeutendes weg brechen kann und das macht Angst. Die Emotion Angst ist nämlich unsere Hüterin der Sicherheit. Dabei geht es um körperliche wie auch um mentale Sicherheit. Ein System, das unsicher ist, löst demnach Angst oder zumindest eine gesunde Portion Besorgnis aus.
Eine ängstliche Welt führt zu einer passiven Haltung. Angst sorgt dafür, dass wir weniger Risikobereit sind und genau das schlägt sich auch in unseren Handlungen als Privatperson, als Mitarbeiter*in und als Führungskraft nieder. Aus Angst davor, die falsche Entscheidung zu treffen, treffen wir lieber gar keine. Diese Angst vor Handlungen kann auch in Verzweiflung umschlagen, aus der wir erfahrungsgemäß nicht immer die klügsten Entscheidungen treffen.
Da hinzukommt, dass unser Medienalltag darauf ausgelegt ist, Angst zu fördern. Wann haben Sie das letzte Mal eine positive Neuigkeit in den Nachrichten gehört, gesehen oder gelesen? Und wann eine negative? Wir bekommen täglich mehr Hiobsbotschaften als gute Neuigkeiten und das trainiert hervorragend unsere Horror-Szenario-Kompetenz. Denn der Mensch ist von Natur aus eher Pessimist, einfach weil uns diese innere Haltung eher vor Schaden bewahrt. Für eine innovative Zukunftsgestaltung ist diese Risikovermeidung allerdings eher hinderlich.
N – Non-Linear: Nicht-linear
Die Nicht-Linearität ist im Grunde genommen keine Weiterführung, sondern eher eine Ergänzung der Komplexität. Denn die Systeme, in denen wir leben und arbeiten, sind enorm komplex. Was nun allerdings immer klarer zum Vorscheinen kommt ist, dass in diesen komplexen Systemen die Verknüpfung von Ursache und Wirkung nicht immer gegeben ist.
Allzu oft nehmen wir an A führt zu B führt zu C. Doch dem ist nicht so. Wir können B nicht nur aus einer Ursache A ableiten, vielmehr steckt manchmal ein ganzes Konstrukt an Synergien hinter einer Folge. Und A führt auch nicht unweigerlich zu einer einzigen Wirkung B sondern kann unendlich viele Auswirkungen haben. Das führt dazu, dass die ergriffenen Maßnahmen in keinem erkennbaren oder vorhersehbaren Verhältnis zum Ergebnis stehen können. Große Anstrengungen zeigen keine Wirkung oder kleine Entscheidungen haben einen massiven Einfluss. Das ist mit nicht-linear gemeint.
Nehmen wir die Klimakrise als ein Beispiel der nicht-linearen Welt: Der Zeitraum zwischen Ursache und Wirkung ist hierbei so groß, dass wir den Zusammenhang kaum noch begreifen können. Selbst wenn wir von heute auf morgen alle CO2-Emissionen stoppten, so wären die Auswirkungen auf das Klima nicht unmittelbar zu spüren, sondern auch für ganze Generationen nach uns noch akut.
I – Incomprehensible: Unverständlich und unbegreiflich
Die Unverständlichkeit ist schlussendlich die Konsequenz aus dieser nicht-linearen Welt und geht damit noch einen Schritt weiter als die Mehrdeutigkeit. Der Entwickler des Konzepts BANI nennt ein Beispiel aus der Software-Entwicklung. Es gibt in so manch einem Code eine Zeile, die keine explizite Funktion erfüllt und aus logischer Sicht überflüssig wäre. Entfernt man diese Zeile aber, so stürzt das Programm ab oder lässt sich nirgendwo einbauen. Und dafür gibt es keine schlüssige Erklärung.
Verstehbarkeit ist eine der drei Faktoren des Kohärenzgefühls und spielt bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Gesundheit eine tragende Rolle. Verstehbarkeit gibt Orientierung und Klarheit, was gerade in Zeiten von Veränderung zentral ist. Besonders deswegen, weil dadurch die Überraschung gemildert wird. Überraschung hat den nachteiligen Effekt, dass die darauffolgenden Affekte verstärkt wahrgenommen werden. Eine Krise, die uns nicht überrascht und auf die wir uns vorbereiten können, hat einen weniger starken Einfluss auf uns. Verstehbarkeit dagegen sorgt dafür, dass wir zumindest kognitiv einen Schritt in Richtung Lösung gehen können.
Wenn uns etwas nicht verständlich ist, ist es tendenziell auch überfordernd. Und da helfen leider nicht noch mehr Informationen, eher im Gegenteil. Unverständlichkeit ist ein Produkt der heutigen Informationsflut – die endgültige Überforderung. Der Lichtblick ist allerdings, dass „jetzt unverständlich“ nicht „für immer unverständlich“ bedeutet. Wir können aktiv Verständnis herstellen, allerdings braucht es dafür eine Zusammenarbeit mit ausreichender Transparenz, und das herzustellen ist nicht so einfach – wie uns die Corona-Krise gezeigt hat.
BANI begegnen mit RAAT
Wie können wir in einer chaotischen Welt, die von brüchigen, Angst auslösenden, nicht-linearen und unverständlichen Systemen gekennzeichnet ist, überhaupt leben? Wie können wir erfolgreich diesen Herausforderungen trotzen und dem Stress gesund begegnen? Auch auf diese Fragen gibt Jamais Cascio eine Antwort. Oder zumindest eine Antwortmöglichkeit, wie wir auf die BANI-Faktoren reagieren können. Nämlich mit RAAT.
RAAT steht dabei für Resilienz, Achtsamkeit, Adaptation und Transparenz. Im Englischen klappt das Akronym nicht ganz so gut, dort wären die Faktoren resilience, mindfulness, flexibility und transparency. Schauen wir uns auch diese Faktoren nun einmal genauer an.
Resilienz gegen Brüchigkeit
Im Gegensatz zu einem brüchigen System schafft ein resilientes es nicht nur der Belastung von außen besser Stand zu halten, sondern es gelangt auch schneller in den Ursprungszustand zurück. Ein poröses, veraltetes und unflexibles System zerbricht – die Teile dann wieder zusammen zu fügen ist mühsam, sollte es überhaupt möglich sein. Wenn Organisationen allerdings eine hohe organisationale Resilienz besitzen, gelingt ein kraftvolles Überstehen von Krisen. Resilienz beschreibt dabei die Fähigkeit schnell und ohne bleibende Beeinträchtigungen in den Ursprungszustand zurück zu gelangen.
Organisationale Resilienz lässt sich auf unterschiedliche Weise im Unternehmen kultivieren. Eine Möglichkeit ist die Ausbildung eines Resilienz-Lotsen (SMA)®. Dieser sorgt im Unternehmen für einen flexiblen Umgang mit Stressoren, vereinfacht Changemanagement und hilft dabei, die brüchigen Stellen im System aufzudecken und zu stabilisieren.
Achtsamkeit gegen Angst
Um die Angst im Umgang mit Herausforderungen zu lindern hilft Achtsamkeit. Zum einen ist damit die Achtsamkeit als individuelle Emotionsregulation gemeint. Sie können Ihre eigene Sorge oder Angst, wenn Sie in einer unsicheren Situation sind, selbst regulieren. Damit stoppen Sie die Horror-Szenarien in Ihrem Kopf und erhöhen Ihre Handlungsfähigkeit. Wenn Sie sich nicht durch Angst vor falschen Entscheidungen lähmen lassen, können Sie selbstwirksam auch die richtigen treffen. Zum Beispiel ist eine One-Minute-Meditation eine schnelle und effiziente Achtsamkeitsübung für Ihren Alltag.
Zum anderen ist damit ebenso ein achtsamer Umgang miteinander gemeint. Desinformation, Übertreibungen, Pseudowissenschaft oder gar Fake News sind die größten Angst-Treiber der heutigen Zeit. Wenn wir achtsam damit umgehen, auf was wir selbst hören und was wir weiterverbreiten, können wir der Ängstlichkeit mit Klarheit und Selbstbewusstsein begegnen.
Adaptation gegen Nicht-Linearität
Der Mensch ist zu Erstaunlichem in der Lage, denn uns allen wohnt eine Chamäleon-Kompetenz inne. Wir können uns an verschiedene Situationen anpassen und Kontext spezifisch denken und handeln. Diese Anpassungsfähigkeit – die Adaptation an neue Kontexte – brauchen wir, um in einer nicht-linearen Welt agieren zu können.
Wenn Ergebnisse nicht zu kalkulieren sind, versuchen wir vergeblich Wirkungen aus Ursachen abzuleiten. Die beste Strategie dabei ist es, sich anzupassen. Wenn wir flexibel mit Ergebnissen umgehen können, ist es weniger wichtig, woraus was entstanden ist. Es geht dann vielmehr darum, wie die neue Situation bestmöglich genutzt werden kann.
Transparenz gegen Unverständliches
Transparenz ist ein wirksames Mittel gegen unverständliche Sachverhalte. Wenn wenig Verstehbarkeit so mit wenig Sinnhaftigkeit (einem weiteren Kohärenzfaktor) einhergeht, sinkt die psychische Gesundheit, die Zufriedenheit und die Handlungsbereitschaft. Das gilt insbesondere in Strukturen, in denen Wissen als Statusinstrument eingesetzt wird. Allerdings ist Alles-Wissen ebenfalls keine Lösung. Für ein funktionierendes Wissensmanagement im Unternehmen und auch im Privatleben braucht es sinnvolle Filter, um den Informationsfluss verarbeiten zu können.
Folgende Filter sind hilfreich, um der Unverständlichkeit der BANI -Welt zu begegnen:
- Relevanz: Was ist für mich wichtig und was hat Priorität?
- Ziele: Welche Informationen brauche ich, um meine Ziele zu erreichen?
- Bedürfnisbefriedigung: Welche Informationen sind wichtig um meine Grundbedürfnisse (Harmonie, Ordnung, Durchsetzung, Inspiration) zu erfüllen?
- Sinn: Was brauche ich, damit der Sachverhalt für mich Sinn ergibt?
Darüber hinaus hilft das 4MAT nach Bernice McCarthy als hilfreiches Tool Informationen Struktur zu verleihen. Wenn Ihnen etwas unbegreiflich erscheint, betrachten Sie die Situation also mal mit einem anderen Filter oder stellen Sie sich die Fragen warum, was, wie und wozu. So fördern Sie Verstehbarkeit in einer unverständlichen Welt.
Infografik VUCA vs. BANI
Stephan Grabmeier übersetzte das Konzept von James Cascio in eine übersichtliche Infografik, die wir Ihnen hier zur Verfügung stellen möchten.
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 200 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).
Wenn man dies zu Grunde legt und auch auf die Demokratie, die Politik und das Staatswesen in überträgt, dann scheint der Untergang der westlichen Gesellschaft nur noch eine Frage der Zeit.
Das erklärte Ziel und Versprechen der Demokratie und der Politiker spätestens vor der Wahl: Granatie , kein VUCA und kein BANI
zuzulassen. ????♂️????
Meine chinesischen Freunde und Geschäftspartner haben mir gesagt, dass Asien dem Westen auch deshalb immer mehr überlegen sein wird, weil sie seit Generationen an VUCA und BANI gewöhnt sind. Und auch deshalb autoritäre Strukturen befürworten. Von der gegenwärtigen westlichen Demokratie könnten Sie sich deshalb auch nichts abschauen. Sie müssen ihr eigenes System weiterentwickeln. Was denken Sie dazu?
Mich lässt dieser Versuch, ein Buss-Word zu kapern und durch ein anderes zu ersetzen, sehr skeptisch zurück.
Abgesehen davon, dass dieser Transformation jede Argumentation fehlt, warum denn VUCA nicht mehr zeitgemäß sein soll, kann ich keine Schöpfungshöhe in dem vorgestellten Ansatz erkennen.
Brüchigkeit und Angst sind das, was entsteht, wenn Menschen, Unternehmen und Märkte nicht auf VUCA reagieren. Diejenigen Strukturen, die eine proaktive Antwort im Umgang mit VUCA finden, geraten gar nicht in diese – übrigens äußerst negativ konnotierten – Situationen und Begrifflichkeiten.
Non-Linerität und Unverständlichkeit sind nichts weiter als andere Wörter für Ambiguity und Complexity.
Im Sinne einer sich entwickelnden Welt hätte Cascio sehr gut daran getan, nicht „VUCA statt BANI“ zu skandieren, sondern sich auf die Schultern von Giganten zu stellen und damit – vielleicht – einen erkennbaren Mehrwert zu VUCA zu liefern.
Ich sehe den Wandel von VUCA zu BANI. Das Beispiel mit Klimawandel und CO2 als nicht-lineare Welt darzustellen und mit dem Zeitverzug zu erklären, ist mir zu trivial. Unser Klima ist ein nicht-linares System, das von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst ist. Die Co2 Konzentration ist nur ein Faktor, wir tun aber so als sei es der Einzige.
Ich finde dieses Modell BANI in dem Sinne gut, dass es für mich eine „Nachschärfung“ von VUCA darstellt und vielleicht auch Begriffe liefert, die für viele griffiger sind. Ich sehe VUCA und BANI aber auch nicht in Konkurrenz, sondern BANI vielleicht als hochdynamische Version von VUCA, die in Erscheinung treten kann, wenn man sich der VUCA-Welt nicht bewusst war oder sie ignoriert hat. Als Kulturwissenschaftlerin war die Welt für mich schon immer komplex und im stetigen Wandel. Beachtlich finde ich jedoch die Zunahme der Dynamik des Wandels in dieser Welt, getrieben durch Digitalisierung und technologischen Fortschritt. Und die Krisen dieser Zeit sehe ich geboren aus der Ignoranz einer VUCA-Welt und dem entsprechenden Umgang damit ( adaptiv, achtsam, transparent, netzwerkartig) . BANI ist für mich insofern vielleicht in der heutigen Zeit anschlussfähiger und ein „Update“ von VUCA, da sie die Phänomene der Ignoranz der VUCA-Welt leichter besprechbar macht, vor allem die von vielen erlebte Angst und Brüchigkeit und Unverstehbarkeit. Durch diese Besprechbarkeit habe ich die Hoffnung, dass es damit leichter wird, konkrete Ansatzpunkte für den Umgang damit zu finden auf allen Ebenen: jeder Mensch für sich, Teams, Organisationen und Institutionen. Und die Erkenntnis, dass wir damit auch nicht mehr die alten Erkenntnisse und Handlungsweisen der Vergangenheit reproduzieren können, sondern über die Achtsamkeit, die Transparenz, die Vernetzung miteinander von der Zukunft her zu denken und neue Ideen, neue Ansätze prototypisch auszuprobieren und in die Welt zu bringen. Ein gemeinsames Loslassen von Kontrolle um aus der Intuition heraus und der Co-Creation etwas Neues zu schaffen, dass in diese lebendige, dynamische Welt passt.
Für mich als Pfarrerin ist es spannend beide Modelle auf die Religion anzuwenden.