Vision – ein Blick in die Zukunft

Unser Stresserleben entsteht durch die Fokussierung von Aufmerksamkeit. Was wäre, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf die Zukunft richten?

Warum Visionen wichtig für unsere Resilienz sind

Zukunftsforscher beschäftigen sich schon lange mit der Frage, wie unsere Entscheidungen unsere Zukunft beeinflussen – und andersherum die Bilder aus unserer Zukunft, Einfluss auf unser heutiges Verhalten nehmen. Besonders in Krisenzeiten entsteht der Wunsch und die Notwendigkeit, sich mit Fragen der Zukunft auseinanderzusetzen.

Resilienz Training – und genauer gesagt das Prinzip der Prosilienz ®setzt hier an und untersucht, in wie weit sich eine einzelne Person, Teams oder auch Organisationen, präventiv und von innen heraus stärken können, um auf zukünftige Veränderungen und Unvorhersehbarkeiten zu reagieren. Optimismus und Zukunftsorientierung sind bekannte Schutzfaktoren der mentalen Resilienz. Die  Visionsarbeit kann dazu tiefergehend in der seelischen Resilienz verortet werden, da eine Brücke zur Transzendenz und Sinnorientierung besteht.

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Für den einen mag das Wort „Vision“ noch fremd oder ehrfürchtig erscheinen – für andere gehört es fast schon zum täglichen Sprachgebrauch. Denn der Begriff der Vision findet immer mehr Anklang in der Wirtschaft und Coachingarbeit. Es scheint fast, als gebe es eine Art Wettkampf um die besten „Vision Statements“ – ähnlich wie um die „Mission Statements“ oder „Purpose Statements“ (…).  Sprechen wir hier noch von Vision als eine Art „Erleuchtungszustand“ oder doch vielmehr von einem Marketinginstrument?

Führungskräfte erkennen auf alle Fälle zunehmend die Vorteile der Visionsarbeit. Die Veränderung der Arbeitswelt, steigender Stress und Fachkräftemangel, veranlassen Unternehmen immer mehr dazu, ihre Führungspolitik und Leitbilder zu überarbeiten. Die Notwendigkeit ist aktueller denn je, denn das weltweite Stresslevel ist laut des Meinungsforschungsunternehmens Gallup (State of the Global Workplace 2022) weltweit auf einen neuen Rekordstand gestiegen.

Bedingt durch die Coronakrise klagen Menschen zunehmend von erhöhtem Stress am Arbeitsplatz, unter anderem bedingt durch fehlende Bindung und Sicherheit. Um qualifiziertes Personal unter diesen Bedingungen zu gewinnen, reichen monetäre Anreize heute nicht mehr aus. Studien bestätigen den Wunsch junger Arbeitnehmer:innen nach Sinnerfüllung und Entfaltung – und gleichzeitig viele Unsicherheiten sowie fehlendes Kohärenzgefühl. Dies kann aufgefangen werden durch eine resiliente Führung, die Sinnorientierung und Bindung fördert. Und was können Visionen hier bewirken?

Was Vision bedeutet

Resilienz Akademie | Vision – ein Blick in die ZukunftDas Wort Vision (lat. vīsio, vidēre) steht unter anderem für „Sehen, Anblick, Erscheinung, geistige Vorstellung“.  Es geht um das Erkennen und Wahrnehmen von Bildern. Aus religiöser Sicht empfindet der „Visionär“ diese Bilder als real und führt sie auf die „transzendente Macht“ zurück. Ursprünglich kommt der Begriff der Vision aus der Religion und Mystik und kann als „(…) eine übernatürliche Erscheinung, die als religiöse Erleuchtung aufgenommen wird“ bezeichnet werden. Dazu zählen auch  Sinnestäuschungen und Halluzinationen (Vgl. Wikipedia; DWDS-Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache). Die Beschäftigung mit Visionsarbeit ist also keinesfalls ein „neues Phänomen“, sondern eher eine Wiederentdeckung alter Elemente, die auf Fragen der Erfüllung hinauslaufen.

Persönliche Vision

Spirituelle Menschen verbinden eine Vision beispielsweise mit dem „Erleben des Göttlichen“ oder der Ausrichtung auf das Ewige Leben und dort Frieden zu finden. Eine Vision kann hier zum größten Antreiber werden, ein gutes Leben auf Erden zu führen, Vertrauen in den eigenen Weg und Mitgefühl mit anderen Menschen aufzubauen.

Die Visionen werden in das Herz der Menschen gelegt. Wie auch immer das aussehen mag – spirituelle Menschen fühlen eine Art inneren Ruf, dem sie folgen möchten. Daraus schöpfen sie Kraft im Umgang mit Problemen und Krisen, da eine positive Vision mit Schutzfaktoren wie Hoffnung, Zuversicht und Zielorientierung verbunden ist. Visionen stärken außerdem den Selbstwert, in dem wir erkennen, wozu wir hier sind und was unser „Auftrag“ ist. Visionsarbeit ist deshalb eng mit Berufungsgedanken und der Frage nach dem Sinn im Leben verknüpft. Erkennen wir ein größeren Sinn, ein Ziel was für uns lohnenswert ist, hat dies direkte Auswirkungen auf unsere Motivation.

Dass die Vorstellung einer wünschenswerten Zukunft uns Menschen in Krisen hilft, untersuchte eine Studie des Zentrums für gesellschaftlichen Fortschritt. Hier wurden Visionen im Hinblick auf die  „Wirkungskreise, Zielsetzung, Motive und Umsetzungschancen analysiert“ und vier Kernaussagen herausgearbeitet (J.Pohl: www.fortschrittszentrum.de):

  • „Visionen liefern Orientierung und Sinn – was gerade für die Umsetzung längerfristiger Vorhaben von Bedeutung ist.
  • Visionen sind ein essentieller Baustein einer aktiven Gestaltung der Zukunft. In Verbindung mit den anderen drei Bausteinen Messung, Handlungen und Dialog wird die Umsetzung einer Vision wahrscheinlich.
  • Partizipative Prozesse, Führungspersonen und die Verankerung von Visionen in Institutionen sind von großer Wichtigkeit
  • Am wirkungsvollsten scheinen die Visionen zu sein, die von überzeugenden Persönlichkeiten geführt sind, nicht zu komplex sind und zu denen die Menschen eine persönliche Bindung haben.“

Unternehmensvision

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Die Wirtschaft hat bereits erkannt, wie viel Potential in der Visionsarbeit für den unternehmerischen Erfolg liegt. Die Vision ist Teil des Unternehmensleitbild, woraus sich die Unternehmensstrategie ableitet. Da eine Vision erst durch ihren Weg und entsprechenden Werten und Zielen messbar werden kann, nutzen viele Unternehmen die Vision & Mission Statements, wie die bekannten Beispiele von Walt Disney oder Ikea zeigen:

  • Vision Statement: „To be one of the world’s leading producers and providers of entertainment and information.”
  • mission statement:  To entertain, inform and inspire people around the globe through the power of unparalleled storytelling, reflecting the iconic brands, creative minds, and innovative technologies that make ours the world’s premier entertainment company“
  • Vision Statement: „IKEA will den vielen Menschen einen besseren Alltag schaffen.“
  • Mission Statement: „IKEA bietet ein breites Sortiment formschöner und funktionsgerechter Einrichtungsgegenstände zu Preisen an, die so günstig sind, dass möglichst viele Menschen sie sich leisten können.“

Das Vision Statement beschäftigt sich mit der Frage, wohin das Unternehmen möchte. Die Identifikation und ein gemeinschaftlicher Traum spielt hierbei eine zentrale Rolle. In Einklang mit der „Mission“ werden langfristige Ziele für den erstrebenswerten Zustand formuliert und ein Idealbild kreiert, so konkret und knapp wie möglich. Die Vision sollte motivierend, positiv formuliert und richtungsweisend sein.

Das Mission Statement beschäftigt sich eher mit der Frage, warum das Unternehmen bestehen soll, welche Werte hier eine Rolle spielen und welcher Auftrag, wie erfüllen werden kann. Hier spielt also der Zweck und Nutzen eine Rolle – oder auch anders formuliert: der persönliche Auftrag, den man für sein eigenes Leben – oder den unternehmerischen Erfolg sieht.

Wie könnte Ihr persönliches Vision Statement lauten?

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Wie stärkt die Vision unsere Resilienz?

Die Motivationsforschung zeigt, dass wir Menschen eher Ziele erreichen und unser Verhalten danach ausrichten, wenn wir den zukünftigen – und gegenwärtigen Zustand vor Augen haben. Auch wenn grundsätzlich eine persönliche Vision von einer Unternehmensvision unterschieden werden kann – geht es im Kern um das gleiche Ziel: Der Fokussierung von Aufmerksamkeit auf ein Bild der Zukunft – in dem man beginnt, Kontakt zum Inneren aufzunehmen, Wünschen und leisen Stimmen Raum zu geben und – den lauten Argumentationslinien eine wohlverdiente Pause zu gönnen. Visionieren tut unserer Resilienz gut und heißt:

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Kreativ werden – groß Träumen – Los lassen –Vertrauen!

Ähnlich wie die „Faustregeln“ zur Zielformulierung, ist es ratsam, die Vision positiv, kurz und möglichst anziehend zu formulieren. Sie sollte Ihnen vor allem das Gefühl von Leichtigkeit vermitteln und Sie in Ihrer Selbstwirksamkeit motivieren.

Ihre Vision können Sie durch Meditationen, Achtsamkeitsübungen oder auch Visualisierungen stärken und manifestieren.  Das „Vision Board“ ist ein bekanntes Tool zur Visualisierung von Zielen und Wünschen, die in der Zukunft liegen und durch die tägliche Draufsicht in unser Unterbewusstsein verankert werden. Je stärker Sie sich damit verbinden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie auch entsprechende Schritte gehen. Wichtig ist, dass die Ziele mit der inneren Welt in Einklang stehen und nicht oberflächlich gewählt werden.

Wozu ist Visionsarbeit also sinnvoll?

Stellen Sie sich am besten eine Wendeltreppe oder ein Geländer vor. Das Geländer des Lebens, das uns durch schwere Zeiten trägt, die vielen Stufen, die wir gehen müssen, in denen wir häufig noch einen schweren Rucksack auf haben, manche Male vielleicht noch einen Menschen, den wir mit tragen oder Umstände, die wir zurücklassen müssen. Die Treppe verspricht aber einen Weg in das Glück und die Freiheit. Wir versuchen uns häufig krampfhaft am Geländer hochzuziehen und erstarren fast durch die Angst zu fallen. Dabei ist es gerade das Vertrauen, eben nicht fallen zu können, das uns die Leichtigkeit zum Weitergehen schenkt.

»Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie« Dieses Zitat wird bekanntlich Viktor E. Frankl und der Sinnfindung in Krisenzeiten zugeschrieben. In dem wir wissen, wofür wir etwas tun, fällt es uns auch einfacher, mit Krisen umzugehen und seelisch heil zu bleiben. Deutlich zeigt es sich leider heute wieder im Schrecken des Krieges. Bei aller Not, lässt sich aber auch hier die starke Resilienz der Menschen erkennen. Ermutigung finden viele in ihrem Glauben und im Gebet – als Mittel im Kampf gegen das Böse, um Sorgen abzuladen und gleichzeitig die Hoffnung auf die „Wiederherstellung“ in der Zukunft zu richten.

Wendeltreppe, Resilienz

Vorteile für unsere Resilienz

Visionen stärken das Gefühl von Sinnhaftigkeit und unserer Identifikation mit Werten. Unsere Werte sind es, die direkten Einfluss auf unsere Motivation – unser Verhalten und Ziele nehmen. Unsere Vision ist hier unser größter Antreiber. Wir stärken hierdurch unser Kohärenzgefühl mit dem Fokus auf das, wofür und für wen wir etwas tun möchten. Die Ausrichtung auf die Zukunft geht einher mit den Schutzfaktoren der Hoffnung und führt dazu, mehr Sinnerleben im jetzigen Leben zu suchen. Entsprechend sind Visionen elementar zur Stärkung unserer seelischen Resilienz.

Visionen stärken unsere Anpassungsfähigkeit, in dem wir uns mit ihnen verbinden können und aktiv unser Handeln danach ausrichten. Führungskräfte stehen hier natürlich noch vor weiteren Herausforderungen auf Grund der Rahmenbedingungen und Partizipation von Mitarbeiter:innen. Dafür wird die Flexiblitätskompetenz gleich mit trainiert!

Visionen stärken unsere angenehmen Emotionen und unseren Fokus auf etwas Positives richten. Der Blick wird automatisch auf Ressourcen, anstatt Stressoren gerichtet. Durch emotionsfokussiertes Training können Bilder der Zukunft und angenehme Gefühle verstärkt und in unserem Unterbewusstsein verankert werden.

Visionen stärken unser Gefühl von Verbundenheit und Leichtigkeit. Positive Zukunftsbilder sorgen dafür, dass wir – vielleicht sogar gemeinsam – anfangen zu träumen. Wie letztlich der Weg aussehen mag, kann vorher niemand wissen. Achten Sie deshalb gut darauf, der Vision nicht zu starr zu unterliegen, sondern die Leichtigkeit und Freude im Visionieren beizubehalten.

Wie in jedem Veränderungs- oder Zielfindungsprozess ist die regelmäßige Überprüfung und Reflexion sehr wertvoll. Durch defokussierte Fragestellungen verändern wir unsere Perspektive und erweitern unseren Horizont. Das ist besonders in schweren Tagen und im stressigen Arbeitsalltag sehr hilfreich. Hier bietet Visionsarbeit eine schöne Abwechslung und hat noch den wunderbaren Effekt, ganz von allein im Unterbewusstsein weiter zu laufen. Den Anstoß können Sie sich selbst dafür geben – viel Freude dabei!

In der Seelischen Resilienz beschäftigen wir uns mit Visionsarbeit. Bei Interesse und Fragen hierzu, melden Sie sich gerne!


Resilienz Akademie | Vision – ein Blick in die ZukunftChristina Comnick, M.A. Management–Education–Diversity (Sozial- und Gesundheitsmanagement), ist Kooperationspartnerin der Resilienz Akademie und Expertin für „Seelische Resilienz“. Gemeinsam mit Sebastian Mauritz entwickelt sie das Konzept und leitet die dazugehörige Fortbildung. Sie ist Resilienz-Trainerin & Coachin, Antigewalt- und Kompetenztrainerin und setzt sich seit ca. 15 Jahren für die Prävention seelischer Gesundheit und Krisenintervention ein. Ihre Schwerpunkte liegen auf den Themen: Sinn, Spiritualität, Intuition, Emotionsregulation und Deeskalation. (www.christinacomnick.de)


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Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 150 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de).

 

 

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