Welches Bild kommt Ihnen spontan in den Sinn, wenn Sie an Resilienz denken? Der Resilienzbegriff erhält seit einigen Jahren zunehmende Aufmerksamkeit, was auch dazu führt, dass über die Medien, Fachdiskussionen, Bücher und Netzwerke, Resilienz auf unterschiedlichste Weise beleuchtet und interpretiert wird. Die Anwendung von Metaphern ist deshalb ein beliebtes Werkzeug im Coaching und Training, um Klarheit im Resilienzverständnis zu schaffen, Komplexität zu reduzieren und Handlungsspielräume zu erweitern. Wir schauen uns in diesem Text an, was hinter Resilienz-Metahpern steckt und worauf geachtet werden sollte, wenn man sie einsetzen möchte.
Warum wir uns mit Metaphern beschäftigen
Bereits Resilienz-Definitionen, die Sie auch auf unserer Seite finden, zeigen, wie unterschiedlich Resilienz beschrieben werden kann. Eine Definition, die sich auf die individuelle Resilienz bezieht, um flexibler mit Stress und Krisen umzugehen, fällt anders aus, als eine Definition zur organisationalen Resilienz, um eine Antwort auf steigende Inflation, gesellschaftliche Veränderungen oder Fachkräftemangel zu geben.
Eine Grundvoraussetzung in der Auseinandersetzung mit Resilienz ist deshalb die Frage: Um welchen Kontext handelt es sich eigentlich und welche Zielgruppe soll angesprochen werden, um das Resilienz-Verständnis zu schärfen? Hier kommen Metaphern ins Spiel. Durch Visualisierungen, Geschichten, Sprichwörter etc. kann der Zugang wesentlich erleichtert. Die bildhafte Sprache ermöglicht es, Resilienz besser zu verstehen und für den jeweiligen Bedarf, beispielsweise im Business-Kontext, anzupassen. Häufig arbeiten insbesondere systemische Berater:innen, Coaches und Trainer:innen mit Metaphern, um komplexe und abstrakte Konzepte in verständlichere Bilder zu wandeln.
(Systemische) Hypnotherapie nach M.E. Erickson
Der amerikanische Psychiater Milton H. Erickson (1901-1980) gilt bis heute als Pionier der modernen Hypnotherapie. Seine entwickelten Techniken beinhalten unter anderem indirekte Suggestion und Metaphern, um therapeutische Veränderungen zu fördern. Im Gegensatz zur traditionellen Hypnose, die oft direkte Befehle verwendet, zog es Erickson vor, die individuellen Erfahrungen und das Unbewusste seiner Patient:innen zu nutzen, um ihnen zu helfen, ihre eigenen inneren Ressourcen zu erschließen.
Er sprach mit seinen Klient:innen/Patient:innen in der metaphorischen Sprache dieser Person, die ihm in der Hypnose gegenüber saß, genauso gut wie im alltäglichen Gespräch mit einer „normalen“ Person. Sein Ansatz ist bis heute in der psychotherapeutischen Ausbildung präsent und wird weltweit in der Therapie, Beratung und im Coaching genutzt.
Dr. Gunther Schmidt, einer der bekanntesten Schüler Milton Ericksons, zeigt heute in seinen Seminaren, wie lebendig, kreativ und auch unkonventionell auf diese Weise Ressourcen wertgeschätzt und neue Lösungswege möglich werden, die zu einer tiefgreifenden Veränderung führen können. Er ist unter anderem Leiter des Milton-Erickson-Instituts in Heidelberg und entwickelte hypnosystemische Modelle, die sich durch die Verbindung aus Hypnotherapie und systemischer Therapie auszeichnen.
In der Ausbildung zur/zum IHK Resilienz-Trainer:in der Resilienz Akademie fließen einige seiner Modelle ein und werden von Sebastian Mauritz, systemischer Berater und Lehrtrainer für Hypnotherapie, vermittelt. Wenn Sie sich dafür interessieren, klicken Sie HIER.
Was Resilienz-Metaphern bewirken
Laut Duden ist eine Metapher ein „(…) besonders als Stilmittel gebrauchter sprachlicher Ausdruck, bei dem ein Wort (eine Wortgruppe) aus seinem eigentlichen Bedeutungszusammenhang in einen anderen übertragen wird, ohne dass ein direkter Vergleich die Beziehung zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem verdeutlicht.“ (Duden, abgerufen 04/2024)
Metaphern ermöglichen es uns, unverständliche oder abstrakte Konzepte in einen vertrauten Rahmen zu übersetzen. Sie erleichtern damit das Verständnis und die Kommunikation, insbesondere von emotionalen Prozessen.
Wenn wir Resilienz zum Beispiel mit „Steuern eines Schiffes durch die stürmische See“ beschreiben, welches Bild zeigt sich bei Ihnen? Möglicherweise ein Bild von Aktivität, Anpassungsfähigkeit und Durchhaltevermögen, das intuitiv verstanden wird. Es spricht die Vorstellungskraft an und aktiviert das Gefühl, dass wir, trotz der Unwägbarkeiten des Lebens beziehungsweise Schwankungen auf stürmischer See, die Kontrolle behalten und Hindernisse überwinden können.
Mehr als Poesie
Metaphern sind seither ein zentrales Stilmittel in der Poesie, aber ihre Verwendung erstreckt sich weit darüber hinaus. Sie sind ein wesentliches Element der Sprache selbst und sind deshalb auch für die praktische Arbeit im Coaching und Training durchaus sinnvoll. Sie bieten uns Modelle und Vorstellungen, die unsere Resilienz im Alltag unterstützen und stärken können, indem sie uns ermutigen, unsere Herausforderungen aus einer anderen Perspektive, oftmals die der inneren Stärke und Transformation, zu betrachten.
Wichtig ist dabei vor allem: Die Haltung. In einem professionellen Setting wird das Krisengeschehen und Problemerleben des einzelnen Menschen wertgeschätzt und sensibel behandelt. Wenn Metaphern hingegen aus Marketinggründen verwendet werden, um Resilienz wie eine Art Superkraft gegen Stress zu „verkaufen“, die Menschen die Verletzlichkeit abspricht, verfehlt dies unseres Erachtens jede Form professioneller Auseinandersetzung mit Resilienz.
Der Einsatz von Resilienz Metaphern sollte deshalb immer mit Bedacht gewählt sein, da jede Metapher ein bestimmtes Bild vermittelt. Es geht vorrangig darum, das Leid, in dem sich eine Person oder ein System gerade befindet, ernstzunehmen und daraufhin eine Metapher zu wählen, um zum Beispiel die Oszillation aus Anspannung/Anpassung und Entspannung/Regulation dazustellen. Und das bestmöglich flexibel.
Beispiele
Wenn Sie in unseren Artikel „Resilienzmodelle im Vergleich“ schauen, werden Sie feststellen, dass viele der Modelle und Theorien Metaphern enthalten. Im Folgenden drei Beispiele hierzu:
Schwamm (Physik, Materialkunde)
Der Resilienzbegriff kommt ursprünglich aus der Werkstoffkunde und wird aus dem Lateinischen „resilire“ mit „zurück-, abprallen“ übersetzt. In der Physik beschreibt er die Beschaffenheit von Elementen, die auch nach extremen Außeneinwirkungen in ihre Ausgangsform zurückspringen. Diese Eigenschaft wurde in den 70er Jahren auf die psychische Widerstansdfähigkeit eines Menschen übertragen.
Der Schwamm wurde lange als Metapher für dieses „Zurückkehren“ in den alten Zustand eingesetzt. Er steht symbolisch dafür nach Widrigkeiten (Zusammenpressen des Schwammes) wieder die ursprüngliche Form herzustellen. Dieses Bild ist aber weitestgehend überholt, da es vielmehr um das „Lernen und Wachsen“ aus Krisen geht. In der Resilienzforschung wird in diesem Zusammenhang mittlerweile weniger von „bounce back“ (zurück, alter Zustand), sondern mehr von „bounce forward“ (C.S. Holling) (vorwärts, hin zu) gesprochen.
Zauberstäbe (G. Koslowski)
Die „acht Zauberstäbe der Resilienz“ entwickelte Gabriela Koslowski und stellte sie in ihrem Buch „Resilienz in der Pflege. Sie sind stärker als Sie glauben“ (2019) vor. Metaphorisch stehen sie für das Bild der inneren Stärke und sind mit Übungen verknüpft. Zu den Zauberstäben gehören Faktoren, die auch in der Resilienzforschung als wichtige Schutzfaktoren hervorgehoben werden. Dazu zählen: „Zukunftsgestaltung“, „Lösungsorientierung und Kreativität“, „Netzwerken“, „Improvisationsvermögen und Lernbereitschaft“ sowie die Zauberstäbe „Akzeptanz und Achtsamkeit“, „Optimismus“, „Selbstfürsorge“, „Selbstwert und Selbstwirksamkeit“. Die Zauberstäbe symbolisieren etwas „Magisches“ und lassen sich beispielsweise auch spielerisch in der Arbeit mit Kindern einsetzen, um einen ersten Zugang zum Thema Resilienz zu schaffen.
Bambus (Ella G. Amann)
Das „Bambus-Prinzip®“ wurde zwischen 2007 und 2010 von den Gründern des ResilienzForum Berlin Ella Gabriele Amann und Martin Ciesielski entwickelt und wird seither in einer Vielzahl an Weiterbildungen eingesetzt. Metaphorisch steht der Bambus nach Armann/Ciesielski für eine „gelungene Strategie im Umgang mit stürmischen Zeiten: Sich mit dem Wind wiegen, anstatt zu brechen.“
Der Bambus zeichnet sich besonders durch seine Verwurzelung und gleichzeitiger Flexibilität aus. Er ist beweglich und passt sich Gegebenheiten an. Das Bambus-Prinzip® umfasst die zentralen Eigenschaften, die Menschen dabei helfen, besser mit Stress und Krisen umzugehen. Hilfreiche Fragen hierzu sind beispielsweise: „Wie finden Systeme mehr Standhaftigkeit – ohne dabei starr zu sein? Wie werden Systeme flexibel, beweglich und reaktionsschnell, ohne dabei in Hektik zu geraten?“ (Amann/Ciesielski).
Katharina Maehrlein griff die Bambus Metapher ebenfalls auf und ordnete in ihrem Buch „Die Bambusstrategie. Den täglichen Druck mit Resilienz meistern“ (2012) Faktoren den Teilen der Pflanze zu. Tiefe Wurzeln, biegsamer Stamm und immergrüne Blätter stehen in Verbindung mit den Faktoren „Akzeptanz“, „Verbundenheit“, „Arbeitsumfeld gestalten“, Souverän Durchsetzen“, „positive innere Einstellung“, „Selbstbewusstsein“, „einem Leitstern folgen“, „Selbstsicherheit“, „Spielräume und Lösungen“, „Vitalität“ und „Selbstliebe“.
Feder (C. Comnick)
Im Konzept der „Seelischen Resilienz“ („Seelienz“), das 2022 von Christina Comnick und Sebastian Mauritz entwickelt wurde, steht die Feder metaphorisch im Vordergrund und findet sich in unterschiedlichen Elementen wieder. Die Seele wird hier besonders „unter die Lupe“ genommen und auf dieser Grundlage Schutzfaktoren zur Förderung von Resilienz (lat. „resilire“= u.a. „zurück-federn“) abgeleitet.
Die Visualisierung der Seele als immaterielles Prinzip ist generell problematisch. Doch ein Blick in die Geschichte, Religion und Mythologie zeigt die Feder z.B. in Bräuchen und Ritualen als Sinnbild der Seele. Sie steht bis heute für Leichtigkeit, Wahrheit, Weisheit, Unsterblichkeit und Spiritualität – Vogeltiere, insbesondere Schmetterlinge werden als Metapher für Freiheit, Transformation und Hoffnung betrachtet. In der seelischen Resilienz steht die Feder deshalb vor allem für die transzendenten Elemente, die für uns den Unterschied zur mentalen Resilienz ausmachen.
Was diese Metapher nach C. Comnick von den anderen unterscheidet und besonders macht: Sie verfügt weder über stabile, grobe Eigenschaften, noch eine feste Verwurzelung in der Erde. Vielmehr verweist sie auf etwas Höheres. Sie springt nicht zurück in einen alten Zustand, sondern wird sanft durch den Wind zu neuen, unbekannten Orten und Zielen getragen. Sie drängt sich nicht auf, sondern ist eher leise und zurückhaltend. In der Hektik des Alltags wird sie schnell übersehen. Vielleicht sogar an der ein oder anderen Stelle beschädigt/ verwundet. All das ist auch Teil von Resilienz.
Wichtig ist, dass wir unsere Wahrnehmung erweitern und ihr Aufmerksamkeit schenken. Sie braucht einen achtsamen, würdevollen Umgang. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich dann die „Magie“ und Schönheit in den Facetten und ihrer Einzigartigkeit. Die Feder steht somit in der seelischen Resilienz für die Oszillation zwischen etwas Immateriellem/ Spirituellem und etwas Greifbarem hier im irdischen Leben. Sie suggeriert Reinheit und die Tiefe der Seele mit gleichzeitiger Leichtigkeit des Seins und der Fähigkeit, trotz oder gerade wegen des starken Windes um sie herum, aufzusteigen und zu transzendieren.
Interessieren Sie sich für die „Seelische Resilienz“ und möchten Sie Näheres erfahren? :-) Dann könnte das Seminar etwas für Sie sein: www.Seelische-Resilienz.de
Welche Metaphern fallen Ihnen noch ein?
Hier eine Übersicht einiger Resilienz-Metaphern. Vielleicht sind sie Ihnen schon einmal begegnet? Falls ja, was assoziieren Sie damit?
- Fels in der Brandung
- Bambus
- Stehaufmännchen
- Blühaufmännchen
- Feder
- Zauberstäbe
- Spirale
- Teflon
- Schlüssel
- Immunsystem (Mental, Seele)
- Phönix
- Schutzschild
- Säulen
- Rose von Jericho
- Chamäleon
- Lotus-Effekt
- Flummi
Wie die Arbeit mit Resilienz Metaphern funktionieren kann
Die Resilienzexpertinnen Ella Gabriele Amann und Anna Egger stellen in ihrem Buch „Micro-Inputs Resilienz“(2017) hilfreiche Impulse für die Arbeit mit Resilienz-Metaphern vor. Um die Wirkung und Einsatzfelder von Metaphern im Coaching und Training deutlich zu machen, nehmen wir hierauf im Folgenden Bezug.
Nach den Autorinnen ist es hilfreich, bereits in der Auftragsklärung mit Metaphern zu arbeiten, um Erwartungshaltungen zu klären und damit eine gute Basis für den weiteren Prozess zu schaffen.
„Im Rahmen der Auftragsklärung, zu Beginn eines Resilienz-Coachings oder eines Resilienz-Seminars, können auf diese Weise sowohl ein gemeinsames Resilienzverständnis geschaffen als auch Ziel- und Entwicklungsbilder bestimmt werden.“ – Amann/ Egger 2017
Der Einsatz von Metaphern könnte an dieser Stelle vor allem hilfreich sein, um herauszufinden, „(…) ob ihre Klientin tatsächlich resiliente Eigenschaften trainieren und fördern möchte und inwieweit ihr eher stressresistente Eigenschaften wichtig sind“.
Drei Schritte nach Amann/Egger
Ella G. Amann und Anna Egger schlagen hierzu drei konkrete Schritte für ein Vorgehen in der Praxis vor:
1: Verschiedene Metaphern für Widerstandskraft
Beispiel Resilienz Seminar: Die Teilnehmenden können dazu eingeladen werden, Bilder, Begriffe und Ideen zu sammeln, die mit der Widerstandskraft eines Menschen (im Umgang mit Herausforderungen, Stress und Krisen) oder eines Systems verbunden werden.
2: Konkretisieren und Abgrenzen des Resilienzbegriffs
Im zweiten Schritt schlagen die Autorinnen vor, eine kurze Einführung in den Resilienzbegriff zu geben. Anhand von Beispielen kann hier der/die Trainer:in aufzeigen, welchen strategischen Unterschied es zwischen „Resilienz als Synonym für Widerstandskraft“ und als „Ansatz der Stressresistenz“ gibt. Im Buch „Micro-Inputs Resilienz“(2017) erhalten Sie für diesen Abschnitt eine Fülle wertvoller Informationen und erfahren, wie Sie konkret ihren Vortrag ausarbeiten können, um Resilienz verstehbar im Vergleich zum Begriff der Resistenz erklären zu können.
Resiliente und stressresistente Metaphern
Nach Amann/ Egger lehnen „Ziel- und Strategiebilder an den Resilienzbegriff an, teilweise beschreiben sie Kompetenzen, die eher der Stressresistenz zugeordnet werden können.“ Entsprechend ist hier eine Differenzierung in „stressresistente“ und „resiliente“ Metaphern nützlich und für den weiteren Prozessverlauf durchaus wegweisend.
Es gehe oberflächlich betrachtet um „das gleiche Interesse, aber nicht um dasselbe Ziel.“ Resilienz-Metaphern symbolisieren den „Umgang mit Stressoren und Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Beweglichkeit und innere Spannkraft.“ Stressresistente Metaphern dagegen eher „Unempfindlichkeit, Standfestigkeit und Unbeweglichkeit.“ Die Frage stellt sich, in welchem Kontext nun welche Metaphern eingesetzt werden. Das Erleben der jeweiligen Strategie gehe laut den Autorinnen mit der „Anwendung verschiedener Modelle, Methoden, Haltungen und Einstellungen einher.“
Erfolgt in der Auftragsklärung hierzu Klarheit, kann die Konzeption, beispielsweise für eine Seminarausschreibung, Auswahl der Diagnostik und Interventionen, entsprechend ausgerichtet werden.
Arbeit mit stressresistenten Metaphern
„Stressresistenz-Metaphern umschreiben Widerstandskraft als eine zentrale Fähigkeit der Klientin, sich von Stress oder Belastungen gar nicht erst beeindrucken zu lassen und in gewisser Hinsicht unempfindlich zu sein.“ – Amann/ Egger 2017
Ein klassisches Beispiel ist der „Fels in der Brandung“. Im übertragenen Sinne bleibt der Fels standfest, auch wenn Sturm und Wasser um ihn wüten. Er lässt sich von von äußeren Bedingungen nicht beeindrucken. Das „Missverständnis“ entstehe nach Amann/Egger häufig dann, wenn Metaphern eingesetzt werden, um die Widerstandskraft zu beschreiben, jedoch „im engeren Sinne keine Resilienzeigenschaften beschreiben“, sondern eher die Stressresistenz.
Als weiteres Beispiel hierfür nennen die Autorinnen den „Lotus Effekt“. Der Lotus enthält eine „abweisende Eigenschaft“. Das Wasser perlt einfach an den Lotusblättern ab. Dass im übertragenen Sinne Menschen Probleme, Stress und Krisen an sich abberlen lassen können, sei keine resiliente, sondern eine stressresistente Eigenschaft.
Arbeit mit resilienten Metaphern
„Bei Resilienz-Metaphern bezieht sich die Widerstandskraft auf die situationselastische Fähigkeit eines Systems, sich aufgrund der inneren Spannkraft, Flexibilität und Beweglichkeit bei einer Belastung verformen zu können, um anschließend wieder in den ursprünglichen Zustand zurückzufinden.“- Amann/ Egger 2017
Ein klassisches, älteres Beispiel hierfür ist das so genannte „Stehaufmännchen“. Ähnlich wie der Schwamm wurde es lange Zeit als Metapher einsetzt, um im übertragenen Sinne zu symbolisieren, dass eine Person fähig ist, sich einer Situation, in der sie mit einem Stressor konfrontiert wird, anzupassen, mitzugehen, mitzuschwingen und sich anschließend wieder aufzurichten.
Als Ergänzung hierzu möchten wir gerne das „Blühaufmännchen®“ von Marc Wallert (2018) erwähnen. Nach M. Wallert schärft das Blühaufmännchen® „(…) den Blick für die Chancen, die in vielen Krisen verborgen sind. Der Fokus liegt dabei auf dem Wachstum nach der Krise – statt auf der Wiederherstellung des Ursprungszustandes.“ – Wallert 2018
3: Entwickeln eines Zielbildes für den Auftrag
In ihrem Buch „Micro-Inputs“ stellen Ella G. Amann und A. Egger eine entwickelte Tabelle vor, die Coaches und Trainer:innen dabei hilft, die unterschiedlichen Metaphern fachgerecht zu erläutern. Die Autorinnen laden hier zu der Übung ein, die Tabelle als Basis zu nehmen und persönlich weiter zu ergänzen. Nachdem eine Metapher kurz beschrieben wird, folgt die Reflexion zur „Idee dahinter“, des „Kontextes“ und der eigenen „Erwartungen“. Schon in der Auftragsklärung können dadurch Irritationen, Missverständnisse und Erwartungshaltungen geklärt werden.
Resumee
Alle Metaphern verbindet das Ziel, Widerstandskraft aufzubauen – für einen besseren Umgang mit Problemen, Stress und Krisen. Um eine gute Basis für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Trainer:in und Auftraggeber:in zu schaffen, ist die Differenzierung der Metaphern überaus sinnvoll und effektiv. Denn es erspart viel Zeit und beugt Missverständnissen vor. Ella G. Amann und Anna Egger bieten hierfür das „Sowohl- als auch- Prinzip“ an. Es gehe darum, sowohl die Bilder, die die Teilnehmer:innen und/oder Klient:innen im Coaching bereits über Resilienz haben, zu reflektieren als auch weitere Bilder und Metaphern zu erkunden. Diese schaffen „neue Wahlfreiheiten, einen spannenden Diskussionsraum und ein realistsicheres Bild über das Verständnis von Resilienz im Vergleich zu Stressresistenz.“
Strukturmodell: Davor – Dabei – Danach
In der Ausbdilung zur/ zum Resilienz-Trainer:in (IHK) erfahren Sie, wie Metaphern in Vorträgen eingebunden und durch Methoden eingesetzt werden können. Sie lernen in diesem Rahmen außerdem das Strukturmodell „D3: Davor-Dabei-Danach“ kennen, anhand dessen wir den Zeitverlauf von Resilienz betrachten im Kontext von Problemen, Stress, Konflikten und Krisen. Ein Beispiel kann sein, sich einen Stressverlauf in Verbindung mit Resilienzfaktoren und passenden Metaphern anzuschauen.
- Davor: Welche Faktoren führen zu der Stressbelastung und welche Signale nehme ich wahr? Wie passe ich mich Stressoren an? (Habe ich eine Metapher hierzu?)
- Dabei: Welches Problem ist durch den Stress entstanden und welche Lösungen finde ich? Findet Regeneration statt? (Habe ich eine Metapher hierzu?)
- Danach: Was lerne ich aus dieser Situation und welche Faktoren führen zu mehr „Aufblühen“ und Wachstum? (Habe ich eine Metapher hierzu?)
Wenn Sie mehr hierzu erfahren möchten, schauen Sie gerne auf der Seite der Resilienz Akademie nach der passenden Aus- und Fortbildung. Unsere Modelle sind in den Aus- und Fortbildungen integriert und werden stetig weiterentwickelt.
Wozu es sich lohnt, Metaphern in die Arbeit einzubinden
„Resilienz fokussiert auf Elastizität und Anpassungsfähigkeit.“ – Amann/ Egger 2017
Metaphern schaffen eine besondere Brücke zwischen dem Bekannten und dem Unbekannten. Gerade wenn Menschen viel Stress empfinden und es schwer fällt, die richtigen Worte zu finden, helfen Metaphern, Gedanken und Gefühle auszudrücken. Durch den Vergleich der eigenen Situation mit einem bildhaften Szenario können Klient:innen im Coaching ihre Erlebnisse und Herausforderungen besser vermitteln und neue Lösungswege finden. Wir glauben, dass der Einsatz von Metaphern, gerade in der heutigen Zeit, in der die Komplexität steigt und die Vielfalt an unterschiedlichen Resilienzbetrachtungen zunimmt, wesentliche Vorteile hat:
Meta-Perspektive und Distanz
Durch die Verwendung von Metaphern können Klient:innen eine Meta-Perspektive einnehmen und von „außen“ auf ihr Problem schauen. Dadurch wird eine gesunde Distanz zu Problemerleben geschaffen und es ermöglicht, über belastende Themen zu sprechen, ohne sich unmittelbar überwältigt zu fühlen. Diese Distanz kann den Raum für objektivere Überlegungen schaffen.
Bindung
Im Coaching fördern Metaphern das empathische Verständnis. Indem der/die Coach oder Trainer:in Metaphern verwendet, die auf die Erfahrungen und den kulturellen Hintergrund des Klienten/ der Klientin abgestimmt sind, kann eine tiefere Verbindung und ein besseres Verständnis geschaffen werden. Dies stärkt das Vertrauensverhältnis und unterstützt den Prozess.
Selbstreflexion und Motivation
Metaphern haben das große Potential, zur Selbstreflexion anzuregen und für ein Gespräch zu öffnen. Metaphern erlauben Klient:innen auf kreative Weise, ihre Situation zu schildern und aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Diese Sichtweise kann zu wichtigen Einsichten führen und helfen, unbewusste emotionale Muster und Glaubenssätze zu erkennen und zu verstehen. Metaphern sprechen direkt das emotionale Zentrum an. Indem sie tiefe emotionale Reaktionen hervorrufen, können sie kraftvolle Motivationsinstrumente sein. Eine starke, resonante Metapher kann einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der Klinet:innen inspiriert und anspornt.
Ziel- und Lösungsorientierung
Metaphern helfen nicht nur beim Ausdruck und bei der Analyse von Problemen, sondern auch bei der Visualisierung von Lösungen. Eine kraftvolle Metapher kann ein Bild einer wünschenswerten Zukunft oder eines Ziels entwerfen, das dem Klienten/ der Klientin als Leitfaden dient und dazu ermutigt, konkrete Schritte in Richtung dieses Ziels zu unternehmen.
Metaphern haben somit das Potenzial, festgefahrene Denkweisen aufzubrechen und neue Perspektiven zu eröffnen. Sie ermöglichen es Klient:innen, über ihre aktuellen Umstände hinaus zu denken und kreative Lösungen für ihre Probleme, bestmöglich proaktiv, zu entwickeln. Durch die geschickte Nutzung von Metaphern können Coaches einen Dialog fördern, der es ermöglicht, sich selbst und Herausforderungen in einem neuen Licht zu sehen.
Quellen
- Amann, Ella Gabriele/ Egger, Anna: Micro-Inputs Resilienz – Praxishandbuch Coaching & Training, managerSeminare Verlags GmbH; 2. Auflage 2019.
- Koslowski, Gabriela: Resilienz in der Pflege. Sie sind stärker als Sie glauben! Gelassen durch den beruflichen Alltag, Schlütersche Verlag 2018.
- Wallert, Marc: Stark durch Krisen: Von der Kunst, nicht den Kopf zu verlieren. Econ Verlag 2020.
- Bildquelle: www.depositphotos.com: Bamboo@jiri_kaderabek.
Christina Comnick, M.A. Management–Education–Diversity (Sozial- und Gesundheitsmanagement), ist Kooperationspartnerin der Resilienz Akademie und Expertin für „Seelische Resilienz“. Gemeinsam mit Sebastian Mauritz entwickelt sie das Konzept und leitet die dazugehörige Fortbildung. Sie ist Resilienz-Trainerin & Coachin, Antigewalt- und Kompetenztrainerin und setzt sich seit ca. 15 Jahren für die Prävention seelischer Gesundheit und Krisenintervention ein. Ihre Schwerpunkte liegen auf den Themen: Sinn, Spiritualität, Intuition, Emotionsregulation und Gewaltprävention. (www.christinacomnick.de)
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 240 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de) sowie des Resilienz-Podcasts Rethinking Resilience (www.Rethinking-Resilience.com).