Klimaresilienz – Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel

Resilienz kann als Fähigkeit beschrieben werden, sich verändernden Bedingungen flexibel anzupassen und Strategien zu entwickeln, die dabei helfen, besser mit Herausforderungen umzugehen. Sie bildet eine Art Widerstandsfähigkeit, die es ermöglicht, Stress zu mangagen und Belastungen nicht einzig als „Bedrohung“ zu sehen, sondern aus Krisen und entsprechenden Erfahrungswerten zu lernen und wachsen zu können.

Das schließt auch die Frage ein, welche Faktoren wichtig sind, um die psychische und physische Gesundheit bei Stress und Krisen aufrechtzuerhalten oder danach wiederherzustellen. Für eine spezifischere Betrachtung haben wir in der Resilienz-Akademie das Modell der „4 Resilienzarten“ entwickelt. Dabei analyisieren wir Schutz- und Risikofaktoren aus systemischer und kontextueller Sicht und schauen, wie zum Beispiel neurobiologische oder körperliche Aspekte die Resilienz eines Menschen fördern und helfen, sich auch proaktiv für die nächste Krise zu stärken. 

Doch in der aktuellen Zeit, die von Krisen bestimmt ist, ist Resilienz längst nicht mehr „nur“ ein Begriff des Individuums. Der Resiienzbegriff weitet sich immer mehr aus und die Frage, die sich heute in unterschiedlichsten Bereichen wiederfindet, ist: Über welche spezifischen Eigenschaften muss ein System oder eine ganze Region verfügen, um künftigen Krisen- und Katastrophensituationen standzuhalten?

Eine Krise kann als „Wendepunkt oder eine schwierige Phase, die das Potenzial hat, eine instabile oder gefährliche Situation zu schaffen“ beschrieben werden (Oxford Dictionary 2023). Und diese Phase zeichnet sich nicht nur in persönlichen, organisationalen Krisen oder der Finanzkrise ab, sonden insbesondere auch: In gesellschaftlichen Fragen und der globalen Klimakrise.

Die „Klimaresilienz“ ist ein noch recht junges Forschungsfeld und beschäftigt sich primär mit der Frage, welche Strategien erforderlich sind, um sich den Veränderungen durch den Klimawandel anzupassen. Wir schauen uns hier einmal an, was genau dahinter steckt.

Warum gibt es Klimaresilienz?

Der Klimawandel ist schon Jahre bekannt, doch heute wird überwiegend nur noch von der „Klimakrise“ gesprochen, da die Auswirkungen des Klimawandels auf die Umwelt, die Gesellschaft und die Wirtschaft gravierend sind. Heftige Wettereignisse, wie Stürme, Überschwemmungen, Dürren und Waldbrände haben schwerwiegende Folgen. Durch den Verlust von Lebensräumen und der Beeinträchtigung von Ökosystemen werden Pflanzen und Tierarten immer mehr bedroht und Menschen gefährdet.

Globale Klimakrise

Der Temperaturanstieg der Erde ist eine der auffälligsten Merkmale der Klimakrise – die extreme Hitze, schmelzende Gletscher und Eisschollen sowie Veränderungen in den Ozeanströmungen werden immer mehr sichtbar. Durch das Abchmelzen von Gletschern und Eisschollen sowie die thermische Ausdehnung der Ozeane steigt der Meeresspiegel weiter an und bedroht ganze Küstengebiete und Inseln weltweit.

„Daten des Weltklimarats zeigen, dass die globale Durchschnittstemperatur in den 2010er Jahren um 1.1°C über dem Durchschnitt der Periode zwischen 1850 und 1900 lag. Anfang der 2030er Jahre wird der Temperaturanstieg voraussichtlich schon bei 1,5°C liegen. Wenn es nicht gelingt, Klimaschutzmaßnahmen schneller umzusetzen, werden die Temperaturen weiter steigen.“ (Deutsche Welthungerhilfe e.V.)

Gesundheitliche und soziale Folgen

Die gesundheitlichen und sozialen Folgen des Klimawandels müssen hier mit bedacht werden, beispielsweise durch die Verschlechterung der Luftqualität und Hitzeperioden, die eine Veränderungen in der Verbreitung von Krankheitserregern verursachen können. Die Klimakrise betrifft zwar alle Menschen, doch soziale Ungleichheit wird auch hier sichtbar. Besonders Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen oder einem schlechten Gesundheits- und Sozialsystem, sind wesentlich härter betroffen, da weniger Ressourcen zur Verfügung stehen.

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In einem Positionspapier (Juni 2023) für die Klimakonferenz in Bonn und der COP28 in Dubai, betont die Deutsche Welthungerhilfe, dass gerade für südliche Länder die Klimaresilienz von existenzieller Bedeutung sei, da die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen weltweit gefährdet ist sich der Hunger in ländlichen Gebieten des globalen Südens verschärfe. Der Schutz der Böden, Erhalt der Biodiversität und die Ressource Wasser sei für eine „effektive Anpassung an den Klimawandel“ wichtig. Je besser es gelinge, die „Lebens- und Wirtschaftsweise an den Klimawandel anzupassen, desto mehr Gebiete können wir bewirtschaftbar und bewohnbar halten.“ Klimaresilienz könne damit die Aufrechterhaltung eines guten Lebens ermöglichen und „erzwungene Migration“ verhindern.

„Eine Vernachlässigung von Klimaschutz und- anpassung bedeutet eine gravierende Verletzung des Menschenrechts auf angemessene Nahrung für heutige und zukünftige Generationen.“ (Deutsche Welthungerhilfe e.V.)

Bundesweite Klimakrise

Die Ergebnisse des Bundes aus der „Klimawirkungs- und Risikoanalyse“ (KWRA) zeigen, dass Starkregen, Trockenheit und Hitze in Deutschland künftig stark ansteigen werden. Deutschland müsse sich darauf einstellen, dass trockenere Sommer und feuchtere Winter folgen und Hochwasser sowie Waldbrände häufiger werden. Hitzewellen sind auch in Deutschland laut der Weltgesundheitsorganisation vor allem besorglich für ältere Menschen, Säuglinge und Menschen mit chronischen Erkrankungen. Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und Nierenerkrankungen können sich verschlimmern und auch psychische Probleme durch lang anhaltende Hitzebelastung verstärkt werden (Vgl. WHO).  

Laut dem Umweltbundesamt, Deutschlands zentrale Umweltbehörde, wirken sich die Schäden eines stark belasteten Ökosystems wie ein Dominoeffekt auf die Menschen und die Gesundheit aus, wodurch „Risikotransferlösungen“ unabdingbar werden und ausgebaut werden müssen. Eine Möglichkeit seien Versicherungsinstrumente, die bei Extremwetterereignisse finanzielle Absicherung schaffen und Vorsorgemaßnahmen befördern. Die zunehmende Erderhitzung und weitere extreme Wettereignisse können weitere große Schäden anrichten. Doch die Vorsorge sei gegenüber solchen Schäden bisher in Deutschland deutlich unzureichend.

„Nicht erst durch die prominente Aufnahme von Klimarisikoversicherungen als Teil des Pariser Abkommens zeigt sich, dass Risikotransfer neben Risikominderung eine wichtige Säule der Anpassung an den Klimawandel sein kann.“ (Umweltbundesamt)

Was ist Klimaresilienz?

Mit Blick auf die Auswirkungen des Klimawandels und entsprechenden sozioökonomischen Folgen, braucht es eindeutig die „Klimaresilienz“. Eine einheitliche Definition gibt es dafür noch nicht. Die Beschäftigung ist aber in Deutschland an unterschiedlichen Stellen der Forschung, Politik und Wirtschaft zu verfolgen, die unter anderem auch durch Klimaprojektionen des Deutschen Wetterdienstes unterstützt werden.

„Klimaresilienz beschreibt die Widerstandsfähigkeit sozial-ökologischer Systeme gegenüber den Folgen des Klimawandels. Angesichts der Langfristigkeit der Veränderungen erfordert dies eine Anpassung, um Strukturen und Funktionen sowie die biologische Vielfalt zu erhalten. Dabei ist nicht nur der Erhalt des gegenwärtigen Status quo eingeschlossen, sondern auch die Fähigkeit zur langfristigen Transformation durch Anpassung und Lernprozesse.“ (Wikipedia: Verweis auf Pörtner/Roberts/ Tignor et.al.)

Forschungsbereich

Als führende Einrichtung gilt das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung“. Hier arbeiten rund 400 Beschäftigte aus aller Welt daran, „die wissenschaftlichen Grenzen der Klimaforschung für globale Nachhaltigkeit fächerübergreifend zu erweitern und Lösungen für eine sichere und gerechte Klimazukunft anzubieten – das ist die doppelte Mission des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.“ 

Das Forschungsinstitut (PIK) beschäftigt sich im Kontext von Resilienz zum Beispiel mit der „Anpassungsfähigkeit von Gesellschaften und Ökosystemen“ und „Synergien zwischen Klimawandelanpassung und -vermeidung“. Unter der Leitung von Sabine Gabrysch und Hermann Lotze-Campen forscht das Team an dem Ziel, „ein besseres Verständnis der Resilienz sozialer und ökologischer Systeme gegenüber dem Klimawandel, in verschiedenen Sektoren und auf verschiedenen räumlichen Skalen“ herzustellen. Hierfür werden folgende Aspekte in den Vordergrund gestellt:

  1. „Persistenz – die Fähigkeit von Systemen, kurzfristigen Schocks zu widerstehen, diese zu absorbieren und dabei innerhalb wichtiger Schwellenwerte zu bleiben;
  2. Anpassungsfähigkeit – die Fähigkeit zu regenerieren, sich an wechselnde äußere Einflüsse anzupassen, aber auf einem bestehenden Entwicklungspfad zu bleiben;
  3. Transformierbarkeit – die Fähigkeit, gegebenenfalls Schwellenwerte zu überschreiten, um neue, robuste langfristige Entwicklungspfade einzuschlagen.“  (- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung)

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Resiliente Anpassungsfähigkeit

Im Juli 2023 hat das Bundesumweltministerium einen vorgelegten Regierungsentwurf für ein Klimaanpassungsgesetz beschlossen. Dieses soll unter anderem zur besseren Koordinierung von Klimaanpassungsstrategien beitragen. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung betreibt empirische und prozessbasierte Modelle, die unter anderem dabei helfen, zu verstehen, wie Klimaresilienz „mit den planetaren Grenzen auf verschiedenen Skalen interagiert“. Es werden Klimaanpassungsstrategien beschrieben, die dazu beitragen, „Hitzeentwicklung in Städten zu begrenzen, den Abfluss von Regenwasser zu erleichtern oder dieses zur künftigen Nutzung zu speichern.“

„Langfristige Projekte wie die Stadtplanung und Stadtgestaltung können die Anpassung an und Resilienz gegenüber Hitzewellen unterstützen. Vor allem bedarf es aber Maßnahmen, um die Grundursachen des Klimawandels effektiv zu bekämpfen.“ (WHO 2022)

Wie sieht Klimaresilienz praktisch aus?

Vielleicht kennen Sie auch dieses Gefühl, dass der Klimawandel einem zwar durchaus bewusst ist, doch die tatsächlichen Auswirkungen auf das persönliche und gesellschaftliche Leben nicht wirklich greifbar sind. Die Verstehbarkeit und Sinnhaftigkeit sind wichtige Resilienzfaktoren. Das bedeutet, dass Menschen auch eher motiviert sind, Dinge zu verändern, wenn sie das „Warum“ verstehen und das „Wofür“ erkennen. Unseres Erachtens ist die Aufklärungsarbeit zu Klimaresilienz deshalb ein extrem wichtiger Schritt, die die Forscher:innen und Wissenschaftler:innen aktuell vorantreiben.

Klimaanpassungsstrategien

Mit Blick auf die Tatsache, dass die Risiken für Immobilien und Infrastrukturen nicht immer bekannt sind, schlägt das Umweltbundesamt zum Beispiel die Einführung eines „Klimarisikopasses“ vor, um die Risiken für Immobilien transparenter zu kommunizieren. Aktuell seien weniger als die Hälfte aller Wohnimmobilien gegen Naturgefahren versichert. Es gibt kurzfristige Hilfe bei extremen Schadensfällen, die aber für die betroffenen Personen nicht kalkulierbar sind und auch keine Unterstützung bieten, sich vorbeugend abzusichern.

Das Umweltbundesamt fordert außerdem, dass der Bund einen rechtlichen Rahmen schafft, um „Verantwortlichkeiten und Verfahrensregelungen sowie die Finanzierung zwischen Bund und Ländern langfristig zu sichern.“ Weitere Vorschläge beziehen sich auf Vorsorge- und Schutzmaßnahmen und entsprechenden Fördermaßnahmen. 

Mit Blick auf die internationale Klimaresilienz schlägt die Deutsche Welthungerhilfe außerdem folgende Maßnahmen vor:

  • „Landwirtschaft stärken
  • Wasser bewirtschaften und gegen Hochwasser vorsorgen  
  •  Infrastruktur absichern
  • Sozialsysteme anpassen
  • Regierungsführung und Verwaltung verbessern
  • Lokalisieren und Warnsysteme einrichten
  • Zugang zu Wasser und Land ermöglichen
  • Frauen stärken
  • Der internationale Kontext: Weltfinanzsystem reformieren“

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung nennt außerdem als Beispiele die „Entsiegelung befestigter Flächen und die Umwandlung in Grünflächen“, das „Anpflanzen von Bäumen und Sträucher“, die „Begrünung von Fassaden und Dächer“ und das „Anlegen von Wasserrückhaltesystemen“.

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Wozu trägt Klimaresilienz bei?

Wohin es letztlich führt, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Fakt ist aber: Wir haben es in der Hand und wir haben Einfluss. Ebenso wie in der individuellen Resilienz, geht es auch bei der Klimaresilienz darum, raus aus der „Opferhaltung“ zu kommen und nach kreativen und innovativen Lösungen zu suchen, die Kommunen, Bund und Ländern helfen, mit dem Klimawandel und Umweltkatastrophen umzugehen. Weg von Mangeldenken, hin zu den Chancen und Möglichkeiten, die die Expert:innen aus der Praxis, Forschung & Wissenschaft anbieten, um aus vergangenen Krisen zu lernen und zukünftig wachsen zu können.

Die Förderung von Klimaresilienz erfordert auf alle Fälle eine ganzheitliche Herangehensweise, die wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Maßnahmen, technologische Innovationen und die Zusammenarbeit auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene integriert. Die Bemühungen um Klimaresilienz tragen dazu bei, die Vulnerabilität gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu reduzieren und die Nachhaltigkeit von Ökosystemen und Gesellschaften sicherzustellen. Darüber hinaus ist Klimaresilienz auch für die Aufrechterhaltung von Gesundheit auf individueller Ebene relevant.

Das Forschungsinstitut in Potsdam weist daraufhin, dass wir mit Blick auf die „Landwirtschaft, Wälder, hydrologische Systeme, menschliche Gesundheit und Wohlergehen sowie urbanen Räume“ mehr Klimaresilienz in Zukunft brauchen. Resilienz als „Future-Skill“ beinhaltet entsprechend auch die Klima-Perspektive. Es bleibt spannend, diesen noch recht jungen Resilienzbereich weiter in der Entwicklung zu beobachten und in Fachdiskussionen – auch zur individuellen und organisationalen Resilienz mit zu denken und einzubeziehen.

„Das gesellschaftliche Ziel eines klimaresilienten Managements globaler Gemeinschaftsgüter innerhalb der planetaren Grenzen besteht darin, menschliche Gesundheit und das Wohlergehen sicherzustellen und zu verbessern.“  – Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) e. V.

Quellen

Resilienz Akademie | Klimaresilienz - Anpassungsfähigkeit an den KlimawandelChristina Comnick, M.A. Management–Education–Diversity (Sozial- und Gesundheitsmanagement), ist Kooperationspartnerin der Resilienz Akademie und Expertin für „Seelische Resilienz“. Gemeinsam mit Sebastian Mauritz entwickelt sie das Konzept und leitet die dazugehörige Fortbildung. Sie ist Resilienz-Trainerin & Coachin, Antigewalt- und Kompetenztrainerin und setzt sich seit ca. 15 Jahren für die Prävention seelischer Gesundheit und Krisenintervention ein. Ihre Schwerpunkte liegen auf den Themen: Sinn, Spiritualität, Intuition, Emotionsregulation und Deeskalation. (www.christinacomnick.de)


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Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 200 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de).

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