Resilienz im digitalen Raum – Gesund Arbeiten mit Zoom, Teams und Co.

Es lässt sich wohl kaum bestreiten, dass Arbeit sich insbesondere in den letzten zwei Jahren grundlegend verändert hat. Eine Nebenwirkung der Corona-Pandemie war das deutliche Voranschreiten der Digitalisierung. Selbst recht Digital-resistente Behörden stellen sich mittlerweile auf digitale Akten und Online-Fortbildungen um, Unterricht fand online statt und Zoom- oder Microsoft Teams-Meetings sind bei weitem keine Ausnahme mehr. Resilienz im digitalen Raum bedeutet flexibel mit diesen neuen Arbeitsformen umzugehen und Gesundheit im Online-Alltag zu stärken.

New Work – new Problems?

Arbeiten im digitlen Raum

Meine Arbeit als Trainer, Speaker und Coach hat sich in den letzten zwei Jahren massiv in den digitalen Raum verlagert. Vor der Corona-Pandemie fanden fast all meine Trainings, Coachings und Beratungen in Präsenz statt und auch Vorträge waren hauptsächlich mit Reisen innerhalb Deutschlands und Europa verbunden. Heute brauche ich lediglich meinen PC anschalten und bin startbereit.

Vermutlich geht es vielen von Ihnen ähnlich, wenn ich behaupte, dass die vermehrte Online-Arbeit so manche Vorteile mit sich gebracht hat. Doch eben nicht nur Vorteile: Nicht jeder digitale Arbeitsplatz findet in einem ergonomischen Umfeld statt mit gesundheitsfördernder Sitzhaltung, gesunden Lichtverhältnissen und angemessenem Lautstärkepegel. Zudem fallen zwei sehr entscheidende Punkte weg, die diese neue Arbeitswelt des hybriden Arbeitens mit sich gebracht hat: Bewegung und Pausen.

In meinen Webucations baue ich neben Energizern, ergonomischen Bewegungsübungen auch kleine Office-Yoga-Einheiten ein und ermutige die Teilnehmenden, auch mal den Blick schweifen zu lassen, wie es in einem normalen Raum eben auch der Fall wäre. Der Mensch sollte nicht acht Stunden in einer Position auf einen Bildschirm starrend verbringen. Dieses Problem war zuvor in Büros schon vorhanden und verschärft sich nun durch die zunehmende Arbeit in Online-Meetings.

Was bedeutet Resilienz im digitalen Raum?

Resilienz ist die Fähigkeit zur Regulation. Im Arbeitskontext bedeutet das also, wir können uns Fokussieren und konzentrieren, aber unser Aktivierungslevel – also unseren Stress – eben auch herunter regulieren und von der Arbeit abschalten.

Gerade dieses „Abschalten“ fällt uns beim online Arbeiten besonders schwer. Denn es braucht nur zwei Klicks, um vom einem zum anderen Meeting zu kommen. Um von der einen zur anderen Aufgabe zu gelangen. Kleine Bewegungspausen, die gedanklich und räumlich trennen und einen Moment der Regulation erlauben, fallen einfach aus, da sie überflüssig werde. Das bedeutet aber nicht, dass sie unnötig sind.

Eine Studie des Microsoft Human Factors Lab aus dem Jahr 2021 zeigte auf, dass direkt anschließende Meetings die durchschnittliche Beta-Wellen-Aktivität im Gehirn erhöhte und Stress sich bildlich gesprochen aufstaute. Zudem sank die Beteiligung der Teilnehmenden mit jedem anschließenden Meeting weiter. Machten die Probanden hingegen nach jedem Meeting nur 10 Minuten Pause, war das Stresslevel in den Meetings deutlich reduziert und die Beteiligung stieg. Diese Erkenntnisse nutzt Microsoft, um das Arbeiten in digitalen Settings zu optimieren.

Im Grunde genommen bedeutet resilient online zu arbeiten, das Wie der Arbeit so zu gestalten, das auf körperlicher und mentaler Ebene Regulation auch unter Stress möglich ist.

Wie Sie gesund mit Zoom, Teams und Co. arbeiten

Bleibt die Frage offen, wie wir nun unsere Regulationsfähigkeit in der digitalen Arbeit aufrechterhalten. Denn Online-Meetings sind aus der heutigen Arbeitswelt kaum noch wegzudenken, weswegen wir Ihnen hier fünf Resilienz-Tipps für das Arbeiten im digitalen Raum an die Hand geben möchten.

Pausen als Teil der Arbeit ansehen

Die Erkenntnisse der Microsoft-Studie konnten eindrucksvoll zeigen, welch starke Wirkung Pausen auch auf neurologischer Ebene haben. Deswegen können und sollten wir Pausen nicht unter den Teppich kehren, wenn es um die Arbeit im digitalen Raum geht.

Dabei ist das Einbauen von Pausen in den Arbeitsalltag leichter gesagt als getan. Innere Antreiber wie „Mach schnell“ und „Sei stark“ lassen uns Pausen als unproduktive Zeit wahrnehmen. Deshalb braucht es für eine wirklich sinnvolle und gewinnbringende Integration von Pausen ein Umdenken. Mal angenommen, Sie sehen Pausen als wichtigen, gar essentiellen Teil Ihrer Arbeit, um Produktivität überhaupt erst möglich zu machen. Ich frage mich, was diese innere Haltung bewirken kann. Fühlen Sie sich frei, diesen Gedanken gerne vor dem nächsten Meeting-Marathon auszuprobieren.

Ergonomie überprüfen

Wie sitzen Sie im Online-Meeting? Diese Frage mag zuerst banal klingen, doch unsere Arbeitsergonomie macht einen großen Teil unserer Gesundheit und Arbeitsqualität aus. Zoomen am Küchentisch oder Teams-Besprechungen auf der Couch waren im Lockdown bedingten Home-Office keine Seltenheit. Doch selbst wenn Sie ein Büro für Ihre Online-Meetings nutzen, lohnt es sich einen genauen Blick auf Ihre Ergonomie zu legen.

Schaffen Sie sich regelmäßig Abwechslung in der Sitzposition und sorgen Sie im Sitzen für eine aufrechte Sitzhaltung. Das Arbeiten am Laptop verleitet dazu, sich im Buckel vor den Bildschirm zu beugen – doch die Konsequenzen für Nacken- und Rückenmuskulatur sind nicht sonderlich angenehm.

Zudem gehören regelmäßige Lüftung (insbesondere in Corona-Zeiten) und ein angemessener Geräuschpegel zum ergonomischen Arbeiten. Müssen Sie sich stark konzentrieren, um Ihre Meetingteilnehmenden überhaupt richtig zu verstehen? Wie angenehm sind Ihre Kopfhörer, falls Sie welche verwenden? Meist sind es kleine Stellschrauben, die für Ihre Arbeit in Online-Meetings eine große Wirkung entfalten können.

Augen entspannen

Resilienz Akademie | Resilienz im digitalen Raum – Gesund Arbeiten mit Zoom, Teams und Co.Licht ist ein weiterer ergonomischer Faktor, der eine große Wirkung auf Ihre Regulationsfähigkeit hat. Vielleicht ist die Verbindung nicht offensichtlich, aber Baulichtfilter-Brillen sind wahre Hüter der Augen-Resilienz.

Die meisten Büroarbeiten finden hauptsächlich vor dem Bildschirm statt, und diese senden einen hohen Lichtanteil im blauen Spektralbereich aus. Über längeren Zeitraum führt das zu einer Ermüdung der Augen und Kopfschmerzen. Zudem kann blaues Licht zu einer altersbedingten Makuldegeneration (Sehverlust des zentralen Gesichtsfeld) führen. Ein letzten Nachteil, den blaues Licht insbesondere Abends mit sich bringt, ist die Verminderte Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin, das unseren Bio-Rhythmus steuert. So können Abendliche Online-Meetings einen Einfluss auf Ihren Schlaf haben.

Neben dem Schutz vor Blaulicht durch eine spezielle Brille oder eingestellte Filter an Ihrem PC, können Sie Ihre Augen durch das Schweifen des Blicks hin und wieder entspannen. Wenden Sie Ihren Blick auch mal vom PC ab, fokussieren Sie nahe und ferne Blickpunkte Abwechselnd, um Ihre Augen von der Konzentration auf den Bildschirm zu entlasten.

Rollenklarheit schaffen

Dieser Punkt ist besonders wichtig, wenn Sie im Home-Office arbeiten oder unterschiedlich Positionen in den verschiedenen Meetings einnehmen. So kann es durchaus mal passieren Online-Meetings in Hemd und Jogginghose beizuwohnen. Was dabei allerdings passiert ist, dass die Rollen, die wir im Laufe unseres Tages annehmen miteinander vermischt werden.

Wenn wir hingegen für uns Klarheit schaffen, als wer wir gerade sprechen, fällt es uns auch nach dem Arbeitstag einfacher in den Feierabend zu gehen und wirklich „abzuschalten“, statt nur den PC auszumachen. Auch zwischen den einzelnen Online-Meetings kann es schwierig sein, sich in den Rollen abzugrenzen. Schaffen Sie sich für eine bessere Rollenklarheit also Grenzen. Zum Beispiel können Sie auch im Home-Office Ihre gewöhnliche Arbeitskleidung inklusive Schuhe tragen. Oder Sie stehen vor und nach jedem Online-Meeting auf und gehen ein paar Schritte, ehe Sie sich wieder vor den PC setzen (ganz im Sinne Ihrer gesunden Pausengestaltung).

Meetings sinnvoll gestalten

Wenn Sie in der Position sind, Meetings aktiv mitzugestalten, dann ist ein wichtiger Faktor für Resilienz im digitalen Raum die Sinnhaftigkeit. Sind auch wirklich alle Online-Meetings notwendig oder gibt es andere Kommunikationswege, die das Thema genauso gut abdecken würden?

Ein weiterer Faktor ist die Gestaltung der Partizipation im Online-Meeting. In meinen Webucations haben sich verschiedene Tools bewährt, um die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden aufrechtzuerhalten und Partizipation zu erhöhen. Zum Beispiel:

  • Breakout-Rooms
  • miro.com
  • mentimeter.com
  • slido.com

Auch darüber hinaus gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, wie Sie Interaktion im Online-Meeting sinnvoll fördern und Kommunikation online gesund und agil gestalten.

Wozu Resilienz im digitalen Raum nützt

Ist die Welt nicht schon flexibel genug, wäre nicht ein bisschen Stabilität viel wertvoller in einer digitalisierten Welt, in der jeder von uns gefühlt 800 verschiedene Programme beherrschen können muss? Gute Frage, jedoch stellt sich die Frage, müssen Stabilität und Flexibilität sich denn ausschließen? Aus Resilienz-Sicht nicht. Denn es braucht zwar die Flexibilität sich an Veränderungen anzupassen, doch es braucht auch die Sicherheit und Stabilität, um Regulation zu ermöglichen.

Resilienz zeichnet sich durch ein Sowohl-als-Auch aus, was sich insbesondere in der Arbeit im digitalen Raum zeigt. Es braucht steht den Ausgleich zwischen Sitzen und Stehen, zwischen Aufgaben und Pausen und zwischen Online und Offline. Ich persönlich habe das Arbeiten im digitalen Raum sehr zu schätzen gelernt und bin überzeugt, dass Gesundheit und Resilienz auch im Zeitalter der New Work für jeden möglich sind.


Resilienz Akademie | Resilienz im digitalen Raum – Gesund Arbeiten mit Zoom, Teams und Co.Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).

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