Mut und Resilienz werden nicht zwangsläufig miteinander in Verbindung gebracht. Dabei sind sie eng miteinander verbunden.
Was Mut mit Resilienz zu tun hat
Denken Sie einmal an die Situationen in Ihrem Leben bisher, in denen Sie sich mutig gefühlt haben. Und denken Sie ebenfalls daran was nach Ihrer mutigen Handlung erfolgt ist. In der Regel folgt nach einer mutigen Handlung entweder die Einsicht, dass es doch nicht so geklappt hat, wie man sich das vorgestellt hat. Oder es erfolgt ein Gefühl von Stolz, weil es eben doch einen positiven Ausgang genommen hat.
In beiden Fällen lernen Sie für die Zukunft. Wären wir in solchen Momenten der Unsicherheit nicht mutig, würden wir uns diese Lernchance nehmen. Was aber muss passieren, damit wir diesen Mut aufbringen können? Hier spielen die Resilienzfaktoren eine große Rolle. Schauen wir uns, bevor wir uns diesen Faktoren widmen, zunächst an, was wir eigentlich unter Mut verstehen.
Was bedeutet Mut haben?
Mut ist ebenso wie Resilienz nicht in allen Lebenslagen erforderlich. In unserem ganz normalen Alltag, indem wir keinen Problemen, sondern lediglich kleinen Aufgaben gegenüberstehen, kommen wir nicht in den Kontakt mit Stress. Und damit sind nicht nur unangenehme Situationen gemeint, wie beispielsweise ein heikles Gespräch führen. Auch eine Präsentation halten oder vom Fünfmeterturm im Schwimmbad zu springen, lösen Stress in uns aus.
Wir verstehen allgemein unter Mut, dass wir uns solchen Situationen stellen, obwohl wir Angst haben. Der Begriff stammt aus dem indogermanischen und bedeutet soviel wie „starken Willens sein“, oder „sich bemühen“. Im althochdeutschen ein wenig später wurde aus „mo“ dann „muot“, das sich zwar ebenfalls auf die Willenskraft bezieht, aber auch mit „Geist, Seele, Sinn“ übersetzt werden kann. Das bedeutet Mut vereint in sich den Willen, eine Tat durchzuführen, doch sie muss ebenso von Sinn erfüllt sein.
Mut bedeutet jedoch nicht nur eine Handlung zu vollziehen, sondern sich auch eine Handlung zu verweigern, wenn es sich um schädigendes oder sinnloses Handeln beispielsweise im Rahmen von Gruppenzwang handelt.
Mut als Tugend
In der Positiven Psychologie wird Mut als Tugend bezeichnet. Christopher Peterson und Martin Seligmann erstellten eine Klassifikation von 6 Tugenden, die kulturübergreifend gelten. Diese sechs Tugenden sind Weisheit, Mut, Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Mäßigkeit und Transzendenz. Dabei besteht jede dieser Tugenden aus verschiedenen Unterpunkten, den sogenannten Charakterstärken.
Dabei ist spannend, dass diese 24 Charakterstärken, die Peterson und Seligmann formulierten, im Englischen als „Values in Action“ bezeichnet werden. Auf Deutsch also als gelebte Werte bezeichnet werden können. Um Mut als Tugend im Alltag zu kultivieren, müssen Sie folgende Werte leben:
- Tapferkeit: Mit mentaler Stärke stellen Sie sich den Herausforderungen des Lebens.
- Ausdauer: Sie beenden Begonnenes, trotz möglicher Hindernisse.
- Ehrlichkeit: Sie bleiben sich selbst und Ihren Werten treu und zeigen sich dabei ehrlich.
- Tatendrang: Sie sind mit Energie und Begeisterung in der Welt.
Mit einer starken Resilienz zu mehr Mut
Eine Möglichkeit, diese Charakterstärken im Alltag zu leben und damit Mut im Umgang mit stressigen Situationen zu nutzen, liegt in einer starken Resilienz. Es gibt bestimmte Resilienzfaktoren, welche diese Charakterstärken besonders fördern.
Zukunftsgestaltung
Ein zentraler Resilienzfaktor ist die Fähigkeit zur Zukunftsgestaltung. In ihr vereinen sich die Selbstwirksamkeit und Antizipation. Diese Kombination befähigt Sie dazu, mögliche Hindernisse mit mentaler Stärke und einem Gefühl der Handhabbarkeit zu begegnen, aber auch mit Ausdauer und Begeisterung Ihren Weg zu beschreiten.
Akzeptanz
Tatsächlich braucht es für Mut jedoch nicht nur eine starke Orientierung in die Zukunft, sondern auch gewissermaßen einen balancierenden Gegenpol. Dieser Ausgleich, der Mut in einem funktionalen Rahmen hält, ist die Akzeptanz. Akzeptanz ist nicht gleichzusetzen mit einer Hinnahme. Vielmehr ist es der Wille, sich selbst positiven wie auch negativen Situationen auszusetzen und die dazugehörigen Empfindungen ohne Bewertung anzunehmen.
Dieser Resilienzfaktor unterstützt die Charakterstärke der Ehrlichkeit. Denn egal, wie die Situation, der wir uns mutig stellen, ausgehen mag, es ist okay und kann resilient angenommen werden, weil wir konsistent in unseren eigenen Werten bleiben.
Resilienz ist gewissermaßen ein tragendes Element, um einen gesunden Mut im Alltag leben zu können und nicht in den Über-Mut gehen oder uns nie etwas trauen.
Wozu uns Mut im Alltag hilft
Auch wenn wir diese Tugend oft nicht auf dem Schirm haben, macht sie einen enormen Unterschied in unserem Leben aus. Denn wie bereits oben angedeutet, ist es oft Mut, der uns in Kontakt mit Entwicklungsmöglichkeiten bringt. Gewissermaßen ist Mut eine Voraussetzung für Prosilienz® – die proaktive Resilienz. Damit wir auch wachsen können, ohne eine reale Krise zu durchleben, müssen wir uns mutig neuen und unbekannten Problemen stellen. Die Prosilienz® hilft dabei auf spielerische Weise, eine imaginierte Krise zu durchleben, um die Fähigkeit zur Resilienz proaktiv zu trainieren.
Mut hilft uns also dabei, heute schon die Ressourcen aufzubauen, die wir für die Probleme von morgen brauchen. Diesen Mut und die dazugehörigen Charakterstärken können Sie mit den Resilienzfaktoren Zukunftsgestaltung und Akzeptanz trainieren. Denn wir brauchen Mut nur in solchen Situationen, in denen wir uns unsicher fühlen. Und die beiden Resilienzfaktoren helfen bei der gesunden Unsicherheitsreduktion.
Visualisieren Sie Ihre Zukunft mit dem Willen, beharrlich an Ihrer Zielerreichung zu bleiben, egal ob Sie mit angenehmen oder unangenehmen Emotionen in Berührung kommen. Dann kultivieren Sie Mut und können proaktiv Ihr persönlich Wachstum fördern.
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).