In unserem schnelllebigen, herausfordernden Alltag, ist es wichtig, Wege der Entspannung und Regulation zu finden. Hier kommt der Vagusnerv ins Spiel, ein zentraler Akteur in unserem Nervensystem, der eine Brücke zwischen Körper und Geist bildet. Durch gezielte Übungen, die den Vagusnerv stimulieren, können wir unser Stressniveau senken, unsere innere Ruhe fördern und unsere psychische und physische Gesundheit verbessern. In diesem Artikel schauen wir uns kurz an, was der Vagusnerv ist und wie Sie ihn durch 3 einfache Übungen aktivieren können.
Warum beschäftigen wir uns mit dem Vagusnerv im Kontext von Resilienz?
Der Vagusnerv ist Teil des Parasympathikus und spielt eine entscheidende Rolle in unserem autonomen Nervensystem. Er hilft, den Körper nach Stress oder Gefahr wieder in einen Zustand der Ruhe zu versetzen. Forschungen zeigen, dass eine stärkere Vagusnerv-Aktivität mit einer besseren emotionalen Regulation und geringerem Stress verbunden ist. Die Fähigkeit, zwischen Anpassung und Entspannung zu oszillieren, ist ein Schlüsselmerkmal von Resilienz, weshalb entsprechende Übungen zur Aktivierung des parasympathischen Nervensystems auch Teil der Ausbildungen zum/zur Resilienz Coach und Resilienz Trainer:in in der Resilienz Akademie sind.
Was ist der Vagusnerv?
Der Vagusnerv (Nervus vagus) – er gilt als unser wichtigster Hirnnerv, da er unser Gehirn mit fast allen Organen verbindet und direkten Einfluss auf unser Wohlbefinden hat. Im Hirnstamm entspringen unsere zwölf Hirnnervenpaare. Als zehnter und längster dieser zwölf Hirnnerven spielt er eine zentrale Rolle im parasympathischen Nervensystem. Im Vergleich zum Sympathikus, der bei Stress unseren Organismus zu Höchstleistungen antreibt, ist der Parasympathikus für unsere Regeneration und Entspannung zuständig.
Der Name Vagus leitet sich aus dem lateinischen Wort „vagabund, vagābundus“ ab, was so viel wie „umherziehend“ bedeutet und sich in der weitreichenden Präsenz im Körper widerspiegelt. Der Vagusnerv erstreckt sich vom Gehirn durch den Hals und den Brustkorb bis hinunter in den Bauchraum und verzweigt sich dabei zu vielen verschiedenen Organen, einschließlich Herz, Lungen, Leber, Milz und des gesamten Verdauungstrakts. Entsprechend beeinflusst der Vagusnerv unsere Herzfrequenz, Atmung und Verdauung wesentlich.
„Darüber hinaus umfasst der Nervus vagus aber auch somatosensible (für die Wahrnehmung bewusster, allgemeiner Körperempfindungen wie von Schmerzen) und viszerosensible Nervenfasern (für die Wahrnehmung unbewusster Körperempfindungen, unter anderem der Spannung der Lungen oder des Geschmacks am Zungengrund), die stetig Informationen zwischen dem Gehirn und ihren Endpunkten austauschen.“ (Onmeda – Gesundheit)
Auswirkungen auf die Gesundheit
Der Vagusnerv beeinflusst verschiedene Funktionen in unserem Körper, von der Kontrolle der Herzrate und Verdauung bis hin zur Regulation der Entzündungsreaktion. Eine aktive Kommunikation dieses Nervs mit dem Gehirn kann zu einer verbesserten Stimmungsregulation und auch geringeren Angstzuständen führen. Ein schwacher Vagus bedeutet im Umkehrschluss eine erhöhte Anfälligkeit für Erkrankungen, wie Verdauungsbeschwerden, Übelkeit, Schluckstörungen, Herzkreislaufprobleme bis hin zu Schlaganfällen sowie psychische Belastungen, Konzentrationsprobleme, Depressionen und Angstzustände.
Die Beschäftigung mit der Emotion Angst ist zentral für eine starke Resilienz. Psychologisch betrachtet, möchte uns die Angst darauf hinweisen, dass uns gerade ein Stück Sicherheit fehlt. Dysfunktional wird die Angst, wenn sie uns regelrecht bestimmt und den Zugriff auf Kompetenzen und Fähigkeiten blockiert. Es ist wichtig zu wissen, dass auch aus medizinischer Sicht der Vagusnerv eine zentrale Rolle auf unser Angstempfinden hat – und schon durch einfache, kleine Übungen, die den Nerv stimulieren, die Angst etwas reduziert werden kann.
Wie lässt sich der Vagusnerv stimulieren?
Hier sind drei einfache Übungen, mit denen Sie Ihren Vagusnerv stimulieren können:
Tiefe Atmung
Unsere Atmung ist unser zentraler Schlüssel für mehr Wohlbefinden. Das Wunderbare: Wir haben sie immer bei uns und können durch gezielte Atemtechniken, unabhängig von äußeren Bedingungen, unseren Vagus damit stimulieren.
Atmen Sie dafür mit tief in Ihren Bauch ein mit Hilfe Ihres Zwerchfells (der Bauch wöllbt sich leicht nach außen). Zählen Sie bis vier, halten Sie den Atem kurz an und atmen Sie langsam aus, zählen Sie dabei bis sechs. Wiederholen Sie dies mehrmals.
Diese Atemtechnik kann die Herzratenvariabilität erhöhen, ein Zeichen für eine aktive Vagusnerv-Funktion. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Atemübungen – probieren Sie aus, welche gut zu Ihnen passt. Wichtig ist für die Stimulation des Vagusnervs, dass die Ausatmung lang und langsam ist.
Kalte Gesichtsdusche
Wenn kaltes Wasser auf das Gesicht trifft, wird eine Reaktion ausgelöst, die als Tauchreflex bekannt ist. Dieser Reflex ist ein uralter Mechanismus, der dazu dient, den Körper auf Tauchen in kaltem Wasser vorzubereiten. Der Herzschlag verlangsamt sich, die Blutgefäße in den Extremitäten verengen sich, und der Körper konzentriert sich darauf, lebenswichtige Organe mit Blut zu versorgen. Diese Reaktion wird durch den Vagusnerv vermittelt und führt zu einer erhöhten parasympathischen Aktivität, die uns hilft, uns zu entspannen und zu beruhigen.
Es braucht also nicht direkt das „Eisbaden“ (Wim-Hof-Methode), sondern es hilft bereits Folgendes:
- Füllen Sie eine Schüssel mit kaltem Wasser. Wenn Sie möchten, können Sie dem Wasser Eiswürfel hinzufügen, um die Temperatur weiter zu senken.
- Halten Sie Ihren Atem an und tauchen Sie Ihr Gesicht für einige Sekunden in das kalte Wasser. Wenn dies zu intensiv ist, beginnen Sie mit kurzeren Zeiträumen und steigern Sie diese allmählich.
- Wiederholen Sie den Vorgang mehrmals, um die stimulierende Wirkung auf den Vagusnerv zu maximieren.
- Integrieren Sie diese Praxis in Ihre tägliche Routine, idealerweise am Morgen, um einen erfrischten Start in den Tag zu ermöglichen, oder abends, um den Stress des Tages abzubauen und sich auf eine ruhige Nacht vorzubereiten.
Singen, Summen, Gurgeln
Durch Tätigkeiten wie Gesang, Summen oder Gurgeln werden unsere Stimmbänder aktiviert und die Muskeln des hinteren Teil des Kehlkopfs, wo der Vagusnerv verläuft. Das Schöne dabei ist: Sie sind nicht nur einfach durchzuführen, sondern können, auch gemeinsam, besonders viel Spaß machen! Ein Argument mehr, um häufiger in Schulen und auch Seminaren im Rahmen der Erwachsenenbildung zu singen! :-) Dadurch wird letztlich die Konzentration und Aufnahmefähigkeit im Gehirn gesteigert, Stress reduziert und durch gemeinschaftliche Aktivitäten angenehme Emotionen,wie Freude und Verbundenheit, gestärkt!
Wozu lohnt es sich, den Vagusnerv zu aktivieren?
Die regelmäßige Durchführung dieser Übungen kann zu einer Reihe von positiven Gesundheitseffekten führen, darunter:
- Verringerung von Stress und Angst
- Verbesserung der Stimmung und des emotionalen Wohlbefindens
- Stärkung des Immunsystems
- Verbesserung der Herzgesundheit
- Förderung der Verdauung
Indem wir unseren Vagusnerv stärken, investieren wir in unsere Gesundheit und individueller Resilienz. Diese einfachen Übungen können einen großen Unterschied in unserem täglichen Leben machen, indem sie uns helfen, gelassener zu bleiben, besser mit Herausforderungen umzugehen und unser allgemeines Wohlbefinden zu steigern.
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Quellen:
- Spektrum der Wissenschaft: Vagus – Lexikon der Neurowissenschaft (spektrum.de) (abgerufen 03/24).
- Graf (2022): Vagusnerv: Was bewirkt er im Körper? www.onmeda.de/gesundheit/anatomie/vagusnerv-id203312/, (abgerufen 03/24).
- Bildquelle: www.depositphotos.com: Group Of School@HighwayStarz, Portrait of relaxed young woman@CITAlliance, Happy senior man@Photodjo, Human peripheral nervous system, brain, spinal nerve@marrishuannna