Emotionen und Resilienz – Was wird unter Emotionen verstanden?
Unser Körper zeigt uns und anderen genau an, wie es uns geht und was wir empfinden – sowohl wenn es uns gut geht, als auch wenn wir beispielsweise unter Stress stehen. Diese natürliche Anzeige nennen wir Emotionen. Es handelt sich dabei um kurze, direkte Reaktionen unseres Körpers auf Geschehnisse, die unser Wohlbefinden beeinflussen.
Man kann es also als eine Art sofortiger, limbischer Informationsverarbeitung verstehen. Unter dem Aspekt der Resilienz ist das also ein enorm wichtiger Bestandteil des menschlichen Miteinanders. Das Gehirn ist eben ein soziales Organ, so sagt auch der Gehirnforscher Prof. Spitzer. Denn der gute Kontakt zu anderen trägt einen wesentlichen Bestandteil bei der Bewältigung von Stress bei und kann zur Heilung von psychischen Krankheiten helfen. Dies ermöglicht das Erkennen von Emotionen.
Das Wort „Emotion“ lässt sich vom lateinischen „movere“ ableiten, was „bewegen“ bedeutet. Dabei ist Emotionalität immer an etwas mit Bedeutung für uns verknüpft. Denn nur wenn uns etwas bedeutet, bewegt es uns auch. Emotionen sind also ein wesentlicher Bestandteil unserer Motivation – entweder zu etwas hin, oder von etwas weg.
Emotionen werden meist durch soziale Faktoren ausgelöst, auf die wir eine Reaktion zeigen. Und die Art, wie wir reagieren erzeugt entweder Stress oder, mit der entsprechenden Resilienz, eine flexiblere Reaktion.
Was gibt es für Emotionen?
Obwohl Menschen unterschiedlichster Herkunft in den unterschiedlichsten Kulturen aufwachsen, gibt es Reaktionen, die bei allen Menschen gleich ausfallen. Diese Reaktionen nennen sich „Primäremotionen“. Das sind: Angst, Überraschung, Ärger, Ekel, Verachtung, Trauer und Freude.
Sie werden auch biologische Emotionen genannt, weil sie beim Menschen nachweisbare, physiologische Reaktionen im Nervensystem auslösen. Sie entstehen im limbischen System des Gehirns. Außerdem zeichnen sich diese sieben Emotionen durch folgende Punkte aus:
- Emotionen werden durch konkrete Ereignisse (Trigger) ausgelöst.
- Sie bewirken physiologische und kognitive Reaktionen.
- Emotionen werden immer subjektiv erlebt.
- Sie haben einen einzigartigen Ausdruck.
Wie lassen sich Emotionen erkennen?
Je resilienter Menschen sind, desto besser können sie Emotionen erkennen und bei sich als auch bei anderen angemessen darauf reagieren. Der Ausdruck von Emotionen spiegelt sich in unserer Mimik wieder. Sie verrät, welche Emotion wir gerade empfinden. Im Umgang mit anderen und für ein aufmerksames und wertschätzendes Miteinander sind solche Ausdrücke von zentraler Bedeutung.
Dieser Prozess des Erkennens und Reagierens nennt sich „Mimikresonanz“. Um den Ausdruck richtig deuten zu können, brauchen wir Intuition und Menschenkenntnis. Diese Stärkung von Empathie ist wichtig für die Resilienz-Säule der Bindung, aber auch für die Selbstwahrnehmung und Selbstreflektion.
Gefühle sind jedoch nicht immer hundertprozentig voneinander abzugrenzen. Dabei spricht man von „Blended Emotions“ – Mischemotionen. Beispielsweise können wir Trauer und Freude direkt hintereinander oder gar gleichzeitig empfinden. Genau wie Ärger und Verachtung.
Emotionen haben, besonders wenn sie in einer Verbindung miteinander bestehen, ein großes Handlungspotential. Der Forscher Silvan Tomkins sah in ihnen ein primäres Motivationssystem. Einer seiner Schüler, Caroll Izard, griff diese Idee auf und fügte zu den Primäremotionen noch drei Weitere hinzu: Scham, Interesse und Schuld.
Das Erkennen von Gefühlen, also Empathie, ist eine Kernkompetenz resilienter Menschen und damit zweifelsohne unabdingbar für den Umgang mit Stress und den Aufbau von Resilienz.
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Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienz-Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).