Dass Stress krank machen kann, ist schon lange keine neue Erkenntnis mehr. Einer der größten Stressfaktoren ist die Arbeit. Für Sie haben wir zusammengefasst, welche Stressoren am Arbeitsplatz den größten Einfluss auf Ihre Gesundheit haben. Lesen Sie, was Sie im Job krank macht, und wie Sie sich dagegen schützen können.
Stress am Arbeitsplatz als Problem der Zeit?
Die Zeiten von unzumutbaren Arbeitszeiten und gesundheitsschädlichen Umgebungen sind vorbei. In Deutschland haben wir das Arbeitsschutzgesetz, das für Sicherheit im Beruf sorgen soll. Was in diesem Arbeitsschutzgesetz jedoch nicht verankert ist, ist der Aufbau von Resilienz. So kommt es, dass in vielen Berufen Stress der Nummer eins Krank-Macher ist.
Auch früher schon waren Jobs stressig. Jedoch hat sich die Belastung dank der heutigen Anforderungen gewandelt. Weniger körperliche Belastungen spielen hier eine Rolle. Stressoren wie Termindruck, schlechtes Arbeitsklima und Überstunden sind stärkere Belastungen im Arbeitsalltag als beispielsweise Lärm oder Hitze.
Stress macht krank: Beispiel Überstunden
Psychische Belastungen führen auf Dauer zu Krankheiten und körperlichen Beschwerden. Das zeigt sich zum Beispiel bei den Überstunden. 800 Millionen bezahlte Überstunden werden pro Jahr in Deutschland geleistet, und die Tendenz ist steigend. Obwohl auch hier das Arbeitsschutzgesetz greifen sollte, gibt es doch eine beachtliche Zahl an Überstunden, die rechtlich legal sind.
Das Problem dabei ist, dass schon eine geringe Anzahl an Überstunden körperliche Folgen hat und auf Dauer krank macht. Die Hauptfolgen sind Erschöpfung und Müdigkeit, Schlafstörungen, Gereiztheit und Rücken- und Gelenkschmerzen. So zeigte sich in einer Studie der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) im Jahr 2015, dass bei knapp 50 % der Befragten schon unter zwei Überstunden pro Woche Erschöpfung und Rückenschmerzen hervorriefen.
Stressoren am Arbeitsplatz kennen
Warum ist es wichtig, die Stressoren am Arbeitsplatz zu kennen? Um sich selbst und sein Unternehmen besser schützen zu können. Psychische Erkrankungen stehen statistisch gesehen auf Platz 4 der häufigsten Erkrankungsarten und sind Platz 1 der Gründe für Frührente. Besonders im Angesicht des Fachkräftemangels in Deutschland ist es wichtig, das betriebliche Gesundheitsmanagement auf Resilienz und Stressbewältigung auszurichten. So können psychischen Belastungen entgegengewirkt werden.
Stress entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen den Arbeitsanforderungen und den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Wenn dieses Ungleichgewicht als unangenehm oder gar bedrohlich bewertet wird, löst das biologische Stressreaktionen aus. Wenn diese zu lange anhalten, folgen körperliche und psychische Beeinträchtigungen. Das kann von Burn-out bis hin zum Tod führen. Die Aufgabe der Resilienz ist es, die Reaktion auf die Stressoren am Arbeitsplatz zu verringern und somit ein gesünderes Arbeiten ermöglichen.
Die 10 größten Stressoren am Arbeitsplatz
Ergebnisse einer Metastudie der Stanford Graduate School of Business aus dem Jahr 2015 und dem Stressreport 2012 zeigen die häufigsten und schwerwiegendsten Stressoren, die unsere Gesundheit am Arbeitsplatz gefährden. Die 10 häufigsten Stressoren sind:
- Multitasking-Anforderungen
- Monotone Arbeitsabläufe
- Unterbrechungen
- Schnelles Arbeiten
- Leistungsdruck
- Überstunden
- Schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- Gefühl der Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz
- Gefühl des Kontrollverlustes im Job
- Geringer sozialer Rückhalt am Arbeitsplatz
Lösungen für Stressoren
Die oben genannten Stressoren lassen sich auch als Risikofaktoren begreifen. Sie erhöhen das Risiko einer psychischen oder physischen Erkrankung. Dazu sollte gesagt werden, dass jeder Mensch, je nach der eigenen Resilienz und den eigenen Bewältigungsstrategien, unterschiedlich auf sie reagiert. Dauer, Intensität und Anzahl der Stressoren bestimmen über den Einfluss auf die Gesundheit.
Die Resilienzfaktoren sind grundsätzlich jene unterstützenden Ressourcen, die den Stressoren am Arbeitsplatz entgegenwirken. Im Folgenden lesen Sie, was Sie gegen die häufigsten Stressoren am Arbeitsplatz tun können.
1. Multitasking-Anforderungen
Meist umfasst ein Job nicht nur eine einzelne Arbeitsaufgabe, sondern wir müssen viele Dinge möglichst parallel gestalten. Was daraus resultiert ist Stress. Auch das damit verbundene Zeitersparnis ist bloß Wunschdenken. Denn unser Gehirn kann nicht mehrere Dinge gleichzeitig, es kann nur mal mehr mal weniger schnell hin und her schalten.
Der Tipp: Setzen Sie Prioritäten. Dazwischengeschobene Aufgaben sollten Sie auf ihre tatsächliche Dringlichkeit überprüfen, denn nicht alles ist ein Notfall. Sorgen Sie dafür, wenn Sie eine Aufgabe unterbrechen, sich einen leichten Wiedereinstieg in die Arbeit zu ermöglichen. Beim Prioritäten setzen, hilft es auch sich mittels Notizzettel eine Erinnerungsstütze zu bauen. Schaffen Sie sich ein System, das Aufgaben klar kennzeichnet und sortieren Sie diese nach Dringlichkeit und auch nach Abwechslung.
Wenn es dann doch einmal zu viel sein sollte, scheuen Sie sich nicht vor Hilfe. Sich gegenseitig am Arbeitsplatz zu unterstützen, fördert das Betriebsklima und die soziale Bindung.
2. Monotone Arbeitsabläufe
Obwohl monotone Fließbandarbeit beispielsweise heutzutage weniger Thema ist, können sich manche Arbeitsabläufe als äußert monoton herausstellen. Unterforderung kann genauso stressen wie Überforderung. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Bore-out, analog zum Burn-out.
Wie können Sie also mehr Schwung in Ihre Tätigkeit bringen? Schaffen Sie sich Abwechslung durch neue Perspektiven.
Begreifen Sie beispielsweise Routinearbeiten als Herausforderung, diese noch schneller und besser zu verrichten. Oder bei besonders kleinteiliger Arbeit versuchen Sie sich das große Ganze und Ihren Beitrag darin vorzustellen.
Wenn Sie an einem recht isolierten Platz arbeiten, hilft gemeinsames Mittagessen mit Kollegen, Abwechslung in den Alltag zu bringen. Und schließlich können Sie Abwechslung immer durch Haltungsänderung erreichen. Verrichten Sie Ihre Aufgabe ausnahmsweise im Stehen statt im Sitzen. Das ist zusätzlich ein wichtiger Tipp für mehr Ergonomie am Arbeitsplatz.
3. Unterbrechungen
Wer kennt es nicht, die Aussage „Kannst du mal eben kurz…“. Doch das „mal eben kurz“ bleibt es leider nicht. Unterbrechungen stören unsere Konzentration und sorgen für einen Leistungsdämpfer. Da hinzu kommt, dass wir versuchen, die Bitte gleichzeitig neben unseren Aufgaben zu erledigen.
Was hilft dagegen? Ein gutes Zeitmanagement und Nein-sagen. Planen Sie Ihre Pausen so, wie Sie sie brauchen. Bedenken Sie hierbei, dass unser Gehirn dringen Regeneration benötigt, um dauerhaft leistungsfähig zu sein. Eine Hilfe hierfür kann der Business-Nap sein.
Außerdem hilft eine resiliente Kommunikation. Vielen fällt es schwer, „Nein“ zu sagen, da Sie möglicherweise ihren Gegenüber damit verletzten. Überlegen Sie sich dabei allerdings genau, wen verletzen Sie, wenn sie „Ja“ sagen? In den meisten Fällen sich selbst. Trainieren Sie, mehr Nein zu sagen. Dabei helfen vorgefertigte Antworten wie: „Ich würde gerne helfen, und ich mache das, wenn ich dafür Zeit habe“.
4. Schnelles Arbeiten
Hektik im Job ist leider keine Seltenheit. Oft haben wir das Gefühl, etwas muss noch ganz schnell erledigt werden. Doch schnelles Laufen bedeutet nicht immer sicheres Ankommen. Hektik steigert die Fehlerquote und man braucht länger für Aufgaben, als in einer ruhigen Haltung.
Ein chinesisches Sprichwort sagt: Wenn du es eilig hast, setze dich. Schon ein kleiner Moment der Ruhe kann Ihnen die Hektik und damit den Stress nehmen. Hierfür eignet sich die One-Minute-Meditation. Alles was Sie dafür brauchen ist eine Minute, in der Sie sich nur auf sich konzentrieren, durchatmen und Ihre Körperreaktionen runterfahren. Zusätzlich zu dieser einen Minute Ruhe hilft das Mantra: Ich-Jetzt-Hier. Damit fokussieren Sie sich und entspannen gleichzeitig.
5. Leistungsdruck
Leistungsdruck ist ein Wort, dass besonders in der heutigen Arbeitswelt beinahe als Qualitätssiegel verwendet wird. Schließlich wertet es die eigene Tätigkeit und Persönlichkeit auf, wenn man sagen kann, man hielte dem Leistungsdruck stand.
Was jedoch tatsächlich den Druck auslöst und ihn damit zum Stressoren am Arbeitsplatz macht, sind die eigenen Überzeugungen. Wie nehmen Sie Ihre Arbeit wahr? Welche Erwartungen werden tatsächlich an Sie gestellt und welche stellen Sie an sich selbst?
Um Leistungsdruck entgegenzuwirken ist es sinnvoll, die Selbstwahrnehmung zu reflektieren. Was habe ich für Erwartungen an mich? Anschließend hilft es zu kurbeln. Die Methode hilft dabei, Anforderungen an sich selbst wohltuend zu integrieren. Nehmen wir an, Ihre Einstellung ist „Ich darf mir keine Fehler erlauben“.
Der Integrationssatz, den Sie mit einer kreisenden Handbewegung über dem Herzen ‚bekurbeln‘ lautet dann: „Auch wenn ich keine Fehler machen darf, liebe und akzeptiere ich mich so, wie ich bin“.
6. Überstunden
Eine Studie der BAuA zeigte, dass Vollzeitkräfte im Schnitt 5 Stunden mehr die Woche arbeiten, als vertraglich vereinbart. Überstunden sind für viele Menschen ein Thema, denn hier laufen verschiedene Stressoren zusammen. Es werden schnell noch Aufgaben eingeschoben, die man dann zusätzlich zu seinem eigenen Pensum schaffen will.
Was dagegen hilft sind zwei einfache Grundsätze: 1. Machen Sie sich einen Zeitplan. In einer To-Do-Liste halten Sie das fest, das Sie sich für den Tag vorgenommen haben. Dabei hilft es, schwere oder zeitaufwendige Aufgaben sowie Meetings möglichst früh einzuplanen.
2. Halten Sie sich an Ihren Plan. Wenn jemand noch etwas bei Ihnen einschieben will, erklären Sie bestimmt und selbstbewusst, warum diese Aufgabe nicht mehr heute erledigt werden kann. Stehen Sie zu Ihrer Freizeit und sagen Sie hin und wieder „nein“.
7. Schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Schichtarbeit, Überstunden und ständige Erreichbarkeit sind die Faktoren, die kostbare Zeit mit der Familie nehmen. Wie auch bei den Überstunden, können Sie an Ihrer Work-Life-Balance selbst etwas ändern.
Nehmen Sie sich die Zeit für Ihre Familie. Es kann schon mal vorkommen, dass im Urlaub das Handy klingelt und die Arbeit dran ist. Sorgen Sie dafür, dass Sie tatsächlich abschalten können, und wenn Sie dafür das Handy ausschalten. Zudem werden häufig berufliche Mails auch Zuhause bearbeitet. Durch eine klare Abgrenzung von Freizeit und Arbeit schaffen Sie sich Erholungsräume und wirken den Stressoren entgegen.
8. Gefühl von Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz
„Immer werden alle anderen besser behandelt“. Wir denken gerne in Superlativen, besonders wenn es darum geht, sich selbst in einer Opfer-Rolle zu platzieren. Damit nehmen wir uns jedoch ein großes Stück an aktivem Handlungspotential. Das Gefühl von Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz kann beispielsweise dadurch entstehen, dass wir uns ständig mit Anderen vergleichen und uns selbst als weniger wertvoll erachten.
Hierbei hilft es den Selbstwert zu steigern. Im Buch „30 Minuten Selbstwert“ erfahren Sie, wie Sie Ihren Selbstwert steigern und sich selbst aus der Opfer-Rolle befreien können. Ungerechtigkeiten gibt es immer, und die passieren nicht nur Ihnen. Besinnen Sie sich auf Ihre Ressourcen und Fähigkeiten, dann können Sie selbstwirksam Ihre Zukunft gestalten.
9. Gefühl des Kontrollverlustes im Job
Das Gefühl von Kontrollverlust im Beruf entsteht besonders durch Fusionen, Umstrukturierung oder Übernahmen. Veränderungen, auf die wir scheinbar keinen Einfluss haben, lösen Angst aus und verursachen Stress. Der Mensch ist ein sicherheitsorientiertes Wesen, was bedeutet, dass alles was die (berufliche) Sicherheit gefährdet, bedroht.
Menschen mit einer hohen Resilienz können jedoch auch in Umbruchszeiten stark und handlungsfähig bleiben. Sie verfallen nicht in Angst oder Starre. Dabei helfen ein realistischer Optimismus und eine Lösungsorientierung.
Um diese beiden Faktoren zu stärken, stellen Sie sich die Fragen:
- Was kann ich gut?
- Welche Möglichkeiten habe ich?
- Was soll sich gerade nicht ändern?
- Wofür bin ich dankbar?
So lenken Sie den Blick nicht auf das Problem und die Veränderung, sondern bestärken sich in Ihren Kompetenzen und Fähigkeiten. Zudem richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf positive Dinge und bekommen dadurch das Gefühl, mehr positive Erlebnisse zu haben.
10. Geringer sozialer Rückhalt am Arbeitsplatz
Sozialer Rückhalt ist ein wichtiger Resilienzfaktor. Der Mensch ist sozial, demnach brauchen wir soziale Bindungen, um uns wohl zu fühlen. Dazu gehört auch das Gefühl, Unterstützung zu bekommen, wenn wir sie brauchen. Das Gefühl von sozialem Rückhalt ist unabhängig davon ob wir tatsächlich Hilfe bekämen und ob diese uns etwas bringen würde.
Soziale Beziehungen spenden uns Kraft und stärken die Widerstandskraft gegen Stress. Wem an seinem Arbeitsplatz sozialer Rückhalt fehlt, hilft es sich in der Freizeit mit wohltuenden Menschen zu umgeben. Freunde und Familie machen stark. Zusätzlich hilft es, das Arbeitsklima anzusprechen. Wenn Sie sich wenig unterstützt fühlen, wird es Ihren Kollegen wahrscheinlich ähnlich gehen.
Ein gemeinsames Resilienz-Training für Sie und Ihre Kollegen kann helfen, Beziehungen zu stärken und die Kommunikation zu verbessern.
Was können Unternehmen gegen Stressoren am Arbeitsplatz tun?
Die oben genannten Hinweise gegen die jeweiligen Stressoren helfen Ihnen persönlich. Doch es gibt auch etwas, das Unternehmen für Ihre Mitarbeitenden tun können. Das Stichwort heißt hier organisationale Resilienz. Um die Resilienz des gesamten Betriebs zu erhöhen können Sie aktiv gegen diese Stressoren vorgehen.
Die psychische Gefährdungsbeurteilung dient dazu, die vorherrschenden Stressoren zu ermitteln. Was stresst Ihre Mitarbeiter? So können Sie ermitteln, welche psychischen Belastungen existieren und mittels Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements die Stressoren mindern, bzw. Ihre Mitarbeitenden stärken.
Neben einem Resilienz Training für Gruppen und Teams empfiehlt sich ein Resilienz-Lotse (SMA) ® aus dem eigenen Unternehmen. Seine Aufgabe ist es, Stressoren am Arbeitsplatz zu erkennen und an die Resilienz zu erinnern. Das bedeutet, der Lotse ist Ansprechpartner und Vermittler in Sachen Work-Life-Balance und Risikofaktoren für die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden. Erfahren Sie hier mehr zum Resilienz-Lotsen (SMA).
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienz-Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).
Danke für den interessanter Artikel! Lesenswert Blog.
Guter Artikel
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Lieber Niels,
der Artikel wurde am 28.11.2018 veröffentlicht.
Liebe Grüße aus der Resilienz Akademie