Die Biologische Stressreaktion und die Auswirkungen auf Gesundheit
Wir benutzen den Begriff Stress häufig als etwas, das von außen auf uns einwirkt. Doch im biologischen Sinn ist das nicht damit gemeint. Unser Körper reagiert sowohl physisch als auch psychisch auf Reize von außen, sogenannte Stressoren. Und diese hervorgerufene Reaktion – das ist Stress und dieser Stress ruft eine biologische Stressreaktion hervor.
Stress ist ein Kurzzeit-Notfall-Programm
Aus evolutionsbiologischer Sicht hatte Stress eine lebensrettende Funktion. Die Ausschüttung von Stresshormonen sorgte dafür, dass der Mensch innerhalb kürzester Zeit auf akute Gefahrensituationen vorbereitet war.
Die erste wissenschaftliche Annäherung an die Stressreaktionen stammt von Walter Cannon. Er stellte die „Fight-or-Flight“ Theorie auf. Diese hält fest, dass unseren Vorfahren zwei Möglichkeiten in den Gefahrensituationen blieb: Kämpfen oder Fliehen. Und genau dafür reagiert der Körper mit Stress.
Heute hat diese Reaktion in den seltensten Fällen noch lebensnotwenige Aufgaben. Doch die Auswirkungen sind geblieben. Das wäre auch kein Problem, wenn wir den Stress heute auch durch Kampf oder Flucht abbauen würden. Allerdings hält der Stress in dieser Welt meist viel länger an.
Reaktion
Der Mensch reagiert auf Termindruck genau wie auf einen Säbelzahntiger – von der Gefahr her übermäßig intensiv. Und leider kommt da noch das irrationale Statussymbol hinzu: „Wer Stress hat, ist wichtig!“
Unser Körper ist aber nicht dafür ausgelegt, den Stress über lange Zeit nicht abzubauen. Körperliche Beschwerden und psychische Krankheiten wie Burn-out, können die Folge dessen sein.
Was passiert im Körper?
Der Körper muss kurzzeitig (!!!) auf eine Kampf- oder eine Fluchtsituation vorbereitet werden und stellt dafür eine Menge Energie zu Verfügung. Zwei der wichtigsten Stresshormone, Adrenalin und Neoadrenalin, werden aus dem Nebennieren-Mark ausgeschüttet. Das steigert die Leistung vieler Organe.
So pumpt zum Beispiel auch das Herz schneller, sodass das Blut schneller durch die Bahnen fließt. Es wird vor allem in die Mitte des Körpers und in die Beine geleitet. Daher bekommen andere Extremitäten wie die Hände auch weniger Blutzufuhr (daher kommen kalte Hände bei Stress oder Angst). Dazu weiten sich die Bronchien und ermöglichen eine größere Sauerstoffzufuhr. Außerdem wird Energie eingespart, indem besonders energiezehrende Prozesse, wie die Verdauung, lahmgelegt werden.
Unsere komplette Energie ist nun gesammelt und zur Tat bereitgestellt. Dieser Vorgang ist so ausgelegt, dass die Energie nur für kurze Zeit reichen muss, bevor eine Entspannungsphase eintritt.
Bei Dauergestressten passiert aber genau das nicht. Die Energie wird nicht abgebaut, was den Körper in einer ständigen Alarmbereitschaft hält. Und wenn eine Ruhephase eintritt, ist diese meist nicht ausreichend um genug Ressourcen zu sammeln. Damit geht dauerhafter Stress dem Menschen wortwörtlich „an die Nieren“.
Das allgemeine Anpassungssyndrom
Der Mediziner Hans Selye bezeichnet die langfristige Reaktion auf Belastung als „allgemeines Anpassungssyndrom“. Dabei unterteilt er sein Modell in drei Phasen: Die Alarmreaktion, das Widerstandsstadium und das Erschöpfungsstadium.
1. Alarmreaktion: Stresshormone werden ausgeschüttet, sodass der Körper kurzzeitig leistungsfähiger ist.
2. Widerstandsstadium: Der Körper bestrebt den Abbau der Stressoren und der bereitgestellten Energie an. Wird nur eine kurze Zeit aufrechterhalten.
3. Erschöpfungsstadium: Keine Widerstandskraft mehr vorhanden. Das kann zu kognitiven, emotionalen, hormonellen und muskulären Störungen führen. Außerdem verfällt der Körper schneller in eine Alarmreaktion und erholt sich langsamer.
Langanhaltender Stress hat eine große Auswirkung auf das menschliche Wohlbefinden. Wenn wir unsere angestaute Energie nicht loswerden und ins Erschöpfungsstadium fallen, sind wir auch anfälliger für erneute Stressoren. Es handelt sich also um einen Teufelskreis mit verheerenden Folgen.
Psychosomatische und psychische Störungen, Magen-Darm-Krankheiten, Schlafstörungen und Depressionen, Burn-out und erhöhtes Risiko auf Herz-Kreislauf-Krankheiten – all das kann aus ständiger Anspannung resultieren.
Resilienz gegen die Stressreaktion
Die gute Nachricht ist: Es gibt eine Fähigkeit, Stressoren besser widerstehen zu können. Die Resilienz.
Denn das Widerstandsstadium ist in der Resilienz am höchsten und das Erschöpfungsstadium kann sogar ganz vermieden werden. Resiliente Menschen können flexibel mit belastenden Reizen umgehen und umgehen diesen Teufelskreis aus Stress. Das Erschöpfungsstadium schadet dem Körper am meisten und hat große Beeinträchtigungen auf die Gesundheit. Mit Resilienz stärken wir vor allem unser Wohlbefinden.
Und noch eine gute Nachricht: Resilienz ist erlernbar. Mithilfe von Resilienztraining können Sie ihre innere Widerstandskraft stärken. Denn es ist schwierig vorhandenen Stress abzubauen, und wesentlich leichter ihm vorzubeugen. Mithilfe von Resilienz lassen Sie ihren Stress nicht zur Dauerbelastung werden!
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienz-Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).