FoMO – Fear of Missing Out

Haben Sie schonmal vom FoMO gehört? Diese Fear of Missing Out ist die Angst, etwas zu verpassen. Und hatten Sie das Gefühl schon einmal selbst? Vielleicht hatten Sie sich einen ruhigen Abend zuhause gewünscht, aber gingen trotzdem zur Grillparty. Oder Sie haben sich eine App runtergeladen, die gerade alle in Ihrem Umfeld nutzen, Sie sie selbst aber gar nicht brauchen. Der Grund dahinter kann FoMO sein.

Warum wir Angst haben, etwas zu verpassen

Wenn Sie Instagram, Facebook, TikTok oder sogar LinkedIn nutzen, kennen Sie den Gedanken sicher: Sie fragen sich, wie die andern das alles machen, oder was für coole Sachen die anderen tun, erleben, teilen können. Die sozialen Medien zeigen uns nicht nur die schönst mögliche Version des Lebens von anderen. Sie zeigen uns auch, was wir selbst alles haben, machen, sein könnten. Dass Menschen ein realer Blick in das Leben anderer so nicht möglich ist, vergessen wir schnell.

Da hinzu kommt, dass Trends in den sozialen Medien so schnell kommen, wie sie gehen. Um am Zahn der Zeit zu bleiben und mitwissen zu können, sind wir quasi gezwungen, ständig über alles informiert zu sein. Das bedeutet viel Zeit in den sozialen Medien und bloß alles mitmachen.

Allerdings zeigt sich FoMO nicht nur durch die digitale Nutzung. Denn diese Angst bedient sich eines für uns zentralen Bedürfnisses – Zugehörigkeit. Wir wollen uns mit anderen verbunden fühlen. Deshalb wollen wir auch nichts verpassen, was uns mit anderen in Verbindung bringt.

Was ist FoMO?

Resilienz Akademie | FoMO – Fear of Missing Out

Der Begriff der Fear of Missing Out kam zuerst 2004 auf, von einem Harvard-Studenten namens Patrick J. McGinnis. Er schrieb einen Artikel für die Campus-Zeitung, zur Zeit, als Facebook gerade gegründet war. Vorrangig ging es in dem Artikel eigentlich um FoBO – Fear of a Better Option (Angst vor einer besseren Option).

Dabei ist das Gefühl schon deutlich älter als zwei Jahrzehnte: Menschen streben schon immer nach Zugehörigkeit und definieren dies über Materielles oder über Erlebnisse. Gerade junge Menschen scheinen von FoMO betroffen zu sein. Zum einen, weil die sozialen Medien so einen starken Einfluss auf die Identitätsbildung haben. Und zum anderen, weil das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Peer-Group ein elementare Bestandteil der Abnabelung vom Elternhaus darstellt. Das bedeutet, dass jede Generation mit FoMO konfrontiert war – nicht nur die heutige Gen Z oder Generation Alpha.

Wie zeigt sich FoMO?

Die Angst, etwas zu verpassen unterscheidet sich vom emotionalen Erleben nicht von einer Angst vor Spinnen beispielsweise. Angst wird ausgelöst, wenn wir eine Bedrohung unseres physischen oder eben auch psychischen Wohlbefindens wahrnehmen (Eilert, 2020). In dem Fall sehen wir unser Zugehörigkeitsgefühl bedroht. In kleinen Maßen ist das auch völlig normal. Denn dieses Gefühl begleitet uns schon, seit wir uns als Menschen das erste Mal in Gruppen bewegten. Allerdings kann FoMO uns einschränken, wenn wir das Gefühl haben, nicht mehr selbstständig entscheiden zu können.

Anzeichen für diese ausgeprägte FoMO sind Schwierigkeiten, das Handy mit dem Newsfeed, Insta-Feed oder der For You Page wegzulegen oder Konzentrationsschwierigkeiten, wenn Sie nicht am Handy sind. Sie überlegen bei Freizeitaktivitäten, was andere darüber denken könnten oder Sie können Einladungen zu sozialen Events, wie beispielsweise ins Kino zu gehen, kaum absagen.

Auswirkungen auf die Psyche

Das ständige Bedenken, bei etwas nicht dabei zu sein und dadurch nicht dazuzugehören, belastet die Psyche. Der Stress, der dadurch entsteht, wird oft durch Selbstzweifel oder depressive Verstimmungen begleitet. Es sind Gedanken, wie:

  • Ist mein Leben langweiliger als das der anderen?
  • Habe ich heute schon genug erlebt?
  • Was wird man über mich denken, wenn ich absage?

Diese soziale Angst kann auch zu Schlafstörungen, Magenverstimmungen und Konzentrationsproblemen führen. Es entsteht ein Zwang, immer bei allem dabei zu sein und quasi im Minutentakt auf das Handy zu schauen, was im normalen Alltag belastet.

Auswirkungen auf das Verhalten

Da hinter FoMO das Bedürfnis nach Verbindung besteht, wird alles getan, um diese Verbindung aufrecht zu erhalten. Daraus können auch negative oder dysfunktionale Verhaltensmuster resultieren. Zum Beispiel wollen Sie das Rauchen nicht aufhören, weil sonst die Pausen mit Ihren Kolleg:innen wegfallen. Oder geben unnötig viel Geld aus, nur um stets die neuste technische Errungenschaft zu haben. Vor allem bei Jugendlichen hat FoMO zusätzlich einen großen Einfluss auf den Alkoholkonsum.

FoMO kann sogar lebensbedrohlich sein, wenn sie Kinder und Jugendliche dazu bringt, gefährlichen Trends zu folgen, wie Wachmaschinen-Pods zu essen. Oder wenn Frauen sich gefährlichen Schönheitstrends anschließen wie einem Brasilian Butt Lift.

Was Sie gegen FoMO tun können

Angst als Emotion hat die Funktion, den erwarteten Schaden zu reduzieren. In dem Fall bedeutet das, wir wollen uns vor sozialem Ausschluss schützen. Allerdings wirkt diese Angst dysfunktional, wenn sie uns daran hemmt auch Situationen wertzuschätzen, die wir nicht mit anderen und nicht am Handy verbringen. Es ist die Balance, die ein gesundes Maß an Verbindung schafft. Im Folgenden finden Sie drei Tipps, um FoMO zu reduzieren und ein bisschen mehr JoMO – Joy of Missing Out – zu empfinden.

Selbstwahrnehmung stärken

Beachten Sie Ihre eigenen Bedürfnisse. Manchmal haben wir keine Lust auf Essengehen oder es zieht uns nicht in die neuste Bar. Welches Bedürfnis habe ich gerade und passt meine Strategie, dieses Bedürfnis zu erfüllen oder übergehe ich es gerade?

Besonders Menschen mit dem Antreiber „Mach es allen recht“ haben große Schwierigkeiten damit, Einladungen auch mal dankend abzulehnen. Dann werden eher sozial verträgliche Ausreden gesucht oder man zwingt sich zum Event. Eine starke Selbstwahrnehmung ist der erste Schritt, um sich die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Besonders das Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung hat genau so seine Daseinsberechtigung wie das Bedürfnis nach Verbundenheit. Sie können diese Balance selbst besser schaffen, wenn Sie Ihre Bedürfnisse wahrnehmen.

Medienfreie Zonen einrichten

Eine radikale Möglichkeit wäre es, einfach alle sozialen Medien zu löschen. Oder sich gleich ein Handy zu kaufen, das nicht Internet-fähig ist. Digital-Detox wird so allerdings zum kalten Entzug, den wohl nicht viele aushalten könnten – ich nehme mich davon übrigens auch nicht aus. Was allerdings umsetzbarer ist, und ebenfalls eine positive Auswirkung auf die Mediennutzung hat, sind medienfreie Zonen.

Ich habe mein Schlafzimmer zu solch eine Zone erklärt. Denn gerade morgens oder abends ist es sehr verlockend, noch kurz (oder eben auch nicht nur kurz) auf dem Handy zu scrollen. Mein Handy übernachtet im Wohnzimmer, und so muss ich erst das Bett verlassen, wenn ich in die sozialen Medien möchte. Das tut nicht nur meiner Schlafhygiene sehr gut, sondern reduziert meinen Medienkonsum auch massiv und macht ihn mir bewusster.

Alternativen suchen

FoMO ist wie alle Emotionen eine wertvolle Ressource. Machen Sie sich klar, welche Funktion diese Angst, etwas zu verpassen, für Sie erfüllt. Der Wunsch nach Verbundenheit und Zugehörigkeit kann auch dann befriedigt werden, wenn Sie manchmal „nein“ sagen. Suchen Sie sich hierfür eine Alternative, zum Beispiel ein gemütlicher Abend auf der Couch mit dem Partner, der Partnerin oder einem anderen Herzensmenschen. Es müssen nicht viele Menschen sein, die Verbundenheit bringen können.

Wenn es eher das Fenster in die Welt und Ihre Neugier auf die Welt anderer Menschen ist, machen Sie sich bewusst, was Sie alles schon erlebt haben. Schauen Sie sich eigene Fotos von schönen oder bedeutsamen Erlebnissen an. Die Rückbesinnung auf das eigene Leben, unabhängig vom Teilen mit der Welt, hilft dabei, auch das Hier und Jetzt zu akzeptieren. Dann suchen Sie nicht eine noch bessere Option, sondern stärken Ihre Zufriedenheit und den Genuss des Augenblicks.

Resilienz Akademie | FoMO – Fear of Missing Out

FoMO und JoMO

Die Fear of Missing Out erfüllt einen Zweck für uns. Sie ist sozusagen unsere Hüterin der Zugehörigkeit. Wenn wir uns allerdings zu sehr von dieser Angst leiten lassen, ignorieren wir andere zentrale Bedürfnisse, wie zum Beispiel Regeneration. Es braucht eine funktionale Angst, die uns auch mal dazu antreibt, über unseren Schatten zu springen und Dinge auszuprobieren. Aber eben auch die Selbstwahrnehmung und die Kontrolle, den Moment genießen zu können, ohne ihn teilen zu müssen oder sich zu fragen, ob es nicht etwas noch besseres für den Moment gäbe.

Der Genuss allein zu sein, keine sozialen Verpflichtungen zu haben, auch das gehört zu einem erfüllten Leben dazu. Gewissermaßen kann man hier von einer „Joy of Missing out“ – JoMO – sprechen. Also die Freude auch mal was zu verpassen, weil man den Moment mit etwas anderem gefüllt hat. Deswegen fühlen Sie sich ruhig frei, sich jetzt vom Handy oder PC zu lösen, einen tiefen Atemzug zu nehmen und sich zu fragen: Wofür sind Sie dankbar, das Sie es jetzt gerade haben oder erleben?


Resilienz Akademie | FoMO – Fear of Missing OutSebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 200 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de).

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