Resilienz ist die Fähigkeit, sich gegen Stress zu schützen und die Gesundheit zu fördern. Das gilt für das ganze Leben und im Speziellen auch für den Arbeitsplatz. Hier spielt das Stichwort Ergonomie eine wichtige Rolle. Lesen Sie, wie Sie Ihren Arbeitsplatz so gesund wie möglich gestalten, um Ihre Resilienz zu stärken.
Was ist Ergonomie?
Der Begriff Ergonomie setzt sich aus dem Griechischen „ergon“, übersetzt „Arbeit“ und „nomos“, also „Gesetz, Regel“ zusammen. Es beschreibt also die Gesetzmäßigkeiten des menschlichen Arbeitens. Es handelt sich hierbei um die Anpassung der Arbeitsbedingungen an den individuellen Menschen und nicht andersherum.
Immer mehr Büros erkennen die Bedeutung eines ergonomischen Arbeitsplatzes. Doch zum gesunden Arbeiten gehört nicht nur das passende Equipment, sondern auch die eigene Haltung. Wichtige Aspekte der Ergonomie sind passende Stühle und Tische, sowie das Arrangement der Arbeitsmittel. Ergänzt wird dies um die innere Haltung: Sich aktiv um die Rückengesundheit zu kümmern, zum Beispiel durch Stehen und Bewegen.
Obwohl Ergonomie zunehmend an Wichtigkeit gewinnt, klagen fast die Hälfte aller Büroangestellter über Rückenschmerzen und Verspannungen (laut einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin). Das senkt die Arbeitsleistung und fördert Krankheitsausfälle. Nur ein gesunder und zufriedener Arbeitnehmer kann aus seinem vollen Potential schöpfen. Ein ergonomisch eingerichteter Arbeitsplatz fördert die Effizienz und Gesundheit im Beruf.
Die Grundvoraussetzung für Ergonomie und Resilienz am Arbeitsplatz ist die Achtsamkeit auf den Körper. Wenn wir unsere Bedürfnisse verstehen und achtsam mit unserem Körper umgehen, können wir gravierende Haltungsschäden und Schmerzen durch den Arbeitsplatz vermeiden.
Was gehört zu einem ergonomischen Arbeitsplatz?
Der Büroarbeitsplatz besteht aus mehr als einem Stuhl und einem Tisch. Dementsprechend ist für eine möglichst gesunde Arbeit auch auf mehr zu achten.
Gesünder sitzen
Ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsplatzes ist der Schreibtischstuhl. Einen Großteil der Arbeitszeit verbringen wir sitzend, daher ist der richtige Untersatz wichtig. Doch zunächst einmal die Aufklärung: Es gibt kein ‚richtiges‘ Sitzen. Und auch die Annahme, man könne gesund vor einem Bildschirm sitzen ist nicht ganz korrekt. Denn die Bildschirmarbeit ist für die menschliche Anatomie nicht natürlich und daher auch nicht gesund.
Doch man kann das Sitzen gesünder gestalten und optimieren. Das Wichtigste hierbei ist Flexibilität. Die Sitzposition zu verändern ist für ein rückengesundes Sitzen unerlässlich. Der richtige Bürostuhl ermöglicht diese Flexibilität und unterstützt das aktive Sitzen. Das bedeutet, Sie werden von Ihrem Stuhl gestützt, sodass sie sowohl Ihre Stützmuskeln trainieren, diese aber auch entspannen können. Das statische Arbeiten sorgt für eine flache Atmung und Verspannungen.
Zudem ist die Höhe des Stuhls wichtig für Becken und Beine. Ihre Füße sollten locker auf dem Boden stehen, und Ihre Beine leicht angewinkelt >90° sein. Damit schaffen Sie eine angenehme Grundhaltung für Ihren unteren Rücken.
Für viele Arbeitende spielen die Armlehnen des Stuhls keine große Rolle. Sie werden dann so eingestellt, dass sie möglichst aus dem Weg sind oder lassen sich erst gar nicht individuell einstellen. Dabei bieten sie die Möglichkeit Schulter- und Nackenbereich zu entlasten. Mit einer Armstütze nehmen Sie Belastung von sich und entspannen Ihre Muskulatur. Optimalerweise liegen Ihre Arme dabei angewinkelt im rechten Winkel auf der Ablagefläche.
Ein passender Tisch
Obwohl der Stuhl einen großen Teil des ergonomischen Arbeitsplatzes ausmacht, so ist er nicht allein entscheidend für ein gesünderes und resilienteres Arbeiten. Denn wir brauchen einen zum Stuhl passenden Tisch.
Nur mit einem passenden Tisch kann der Stuhl seine Wirkung entfalten. Viele große Menschen haben an ihrem Arbeitsplatz mit zu niedrigen Tischen zu tun. Das Verstellen der Sitzhöhe löst das Problem allerdings nicht. Der Tisch muss so eingestellt sein, dass Sie Arme und Beine in der empfohlenen Stellung halten können.
Ideal sind Tische, die auch das Arbeiten im Stehen ermöglichen. So bringen Sie Abwechslung in Ihre Haltung, belasten die Muskeln anders und schaffen Flexibilität. Ein passender Stuhl, der auch verschiedene Arbeitspositionen ermöglicht, kann hierbei zusätzlich unterstützend sein.
Anordnung der Arbeitsmaterialien
Büroarbeit bedeutet in den meisten Fällen zum Großteil Bildschirmarbeit. Dabei liegen gleich mehrere Arbeitsmittel auf dem Tisch, die Haltung und damit die Muskulatur beeinflussen. Zunächst spielt die Stellung des Bildschirms eine wichtige Rolle, insbesondere für den Nacken.
Um die richtige Einstellung zu finden, machen Sie diesen kleinen Test. Bewegen Sie mit geschlossenen Augen Ihren Kopf hoch und runter. Pendeln Sie so lange, bis Sie der Meinung sind eine angenehme, gerade Haltung erreicht zu haben und öffnen Sie dann die Augen. Dann sollten sie ungefähr auf die obere Mitte Ihres Bildschirms schauen. Entlasten Sie Ihren Nacken durch eine angenehme Stellung. Bei der Arbeit mit zwei Bildschirmen sollten Sie Ihren Hauptmonitor in den Fokus rücken, sodass Sie Ihren Kopf beim Arbeiten gerade halten können und nicht dauerhaft (neigen) drehen müssen (Torsion).
Obwohl die Bildschirmarbeit viel mit dem Schreiben auf der Tastatur verbunden ist, kann auch anderes Material auf der Arbeitsfläche liegen. Ein häufiger Fehler ist es dabei, die Tastatur nach hinten zu schieben, das Blatt vorne zu haben. So müssen Sie mit ausgestreckten Armen über das Material hinweg tippen. Hierfür sind ergonomische Ablagen hilfreich, die Sie hinter oder über der Tastatur platzieren, sodass Sie Ihre obere Rückenmuskulatur und Ihren Nacken entlasten.
Bewegung ist das A&O
All die oben aufgeführten Hinweise für ein gesünderes und rückenschonenderes Arbeiten bringen herzlich wenig, wenn Sie dennoch eine statische Haltung haben. Dann kann auch der beste Stuhl nicht helfen.
Wichtig für eine resiliente Arbeitsweise ist Bewegung. Viele Büros haben einen zentralen Drucker im Gebäude, sodass das Laufen unvermeidlich ist. Jedoch liegt es in der Verantwortung jedes Einzelnen genügend Bewegung in den eigenen Arbeitsalltag zu integrieren. Gehen Sie zum Kopierer, zum Kaffeeautomaten oder nur kurz zu einem Kollegen. Die Abwechslung im Bewegungsapparat macht sich auf Dauer bemerkbar. Außerdem gönnen Sie nicht nur Ihrer Muskulatur sondern auch sich selbst eine Regenerationspause, indem sie kurze Laufstrecken einbauen.
Äußere Faktoren
Passiver Stress entsteht durch die Gestaltung der Umwelt. Damit sind Lärm, Licht und Luft gemeint. Um Blendung durch die Sonne zu vermeiden, richten Sie Ihren Bildschirm im 90 Grad Winkel zum Fenster aus. Generell gilt: Sorgen Sie für ausreichend frische Luft und Ruhe. Das lässt sich super mit Bewegung in Verbindung bringen und stärkt Ihre Resilienz.
Ergonomische Beratung
Der Göttinger Ergonomieexperte, Tilman Shastri, leitet das Rückenfachgeschäft Studio Neues Sitzen. Er erklärt, was die wichtigsten Punkte bei einer Beratung für die ergonomische Einrichtung des Arbeitsplatzes sind.
Zu Beginn der Veränderung steht das Klären des Status Quos. Sind bereits Problematiken oder Haltungsschäden vorhanden? Gab es schon vorausgehende Behandlungen? Der Tipp vom Profi: Bemühen Sie sich nicht erst um ein gesünderes Sitzen, wenn der Schaden schon da ist. Rückenschonend sitzen und arbeiten sollte für jeden möglich sein und bietet den besten Schutz gegen Schmerzen und Verspannungen! Kümmern Sie sich auch ohne Probleme um Ihre Resilienz und Ihren Arbeitsplatz.
Zudem spielt es bei der Beratung eine Rolle, wie der Arbeitsplatz zurzeit gestaltet ist. Was für Tätigkeiten führen Sie primär aus? Welche Arbeitsmittel benutzen Sie und wie sind diese angeordnet? Und letztendlich stellt sich die Frage: Wie sitzen Sie zurzeit?
Der Stuhl allein macht den Arbeitsplatz zwar noch nicht ergonomisch, nimmt aber einen großen Part bei der Rückengesundheit ein. Der Stuhl sollte hier individuell auf Ihre Bedürfnisse eingestellt sein. Wie kann das aktive Sitzen bei Ihnen am besten gefördert und unterstützt werden? Ein Tipp vom Ergonomieexperten: Manchmal kann der neue Stuhl zu Muskelkater führen. Schließlich werden die Muskeln nun anders beansprucht. Sollte der jedoch nach einiger Zeit nicht verschwinden, stimmt entweder der Stuhl oder andere Faktoren nicht.
Abschließend gibt Tilman Shastri allen, die sich für ein gesünderes und resilienteres Arbeiten noch zwei wichtige Ratschläge.
1. Seien Sie bereit zur Veränderung! Denn nur durch aktives Handeln und einen angepassten Arbeitsplatz fördern Sie ihr Wohlbefinden bei der beruflichen Tätigkeit.
2. Auch die korrekteste Sitzhaltung und der beste Stuhl bringen nichts ohne Flexibilität! Bewegen Sie sich, verändern Sie gelegentlich Ihre Haltung und gönnen Ihren Muskeln mal eine andere oder gar keine Belastung. So verbessern Sie Ihre Arbeitsplatzsituation, entlasten sich und vermeiden Stress.
Resilienz stärken durch Ergonomie
Stress entsteht im Beruf nicht nur durch die kognitiven Anforderungen. Auch die Ausstattung kann den Menschen belasten. Rückenschmerzen, Verspannungen und weitere körperliche Beschwerden sind keine Seltenheit am Arbeitsplatz. Besonders Büroangestellte verharren oft stundenlang in der selben Position und setzen damit ihre Gesundheit aufs Spiel.
Resilienz ist die Fähigkeit, das Wohlbefinden zu stärken und stellt einen inneren Schutzschild gegen Stress dar. Dieser Schutzschild wird geschwächt durch Faktoren wie ungünstige Stühle, unpassende Sitzhöhen oder andere Störfaktoren.
Ein ergonomischer Arbeitsplatz bedeutet die eigene Gesundheit während der Arbeitszeit zu fördern. Es bedeutet weniger Belastung und damit weniger Stress. Sie stärken Ihr Wohlbefinden, Ihre Leistungsfähigkeit und Ihre Motivation, wenn Sie Ihren Arbeitsplatz an sich anpassen. Schon kleine Veränderungen können große Wirkung entfalten und Ihre Resilienz stärken.
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienz-Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).