Emotionale Dissonanz als Burnout-Treiber

In der heutigen Dienstleistungsbranche ist Freundlichkeit ein Muss. Wenn dieses Lächeln nun aber nicht den wahren Gefühlen entspricht, kann es krank machen. Das nennt man emotionale Dissonanz, einer der Haupttreiber für Burnout.

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Was ist emotionale Dissonanz?

Bei einer emotionalen Dissonanz entsprechen die Empfindungen im Inneren nicht dem Ausdruck des Äußeren. Zum Beispiel empfinden Sie Ärger über einen unhöflichen Kunden, müssen dennoch lächeln und freundlich sein.

Das passiert besonders in dem Dienstleistungsgewerbe und Call-Centern. Es ist eine klassische Zwickmühle, bei der Betroffene ihre wahren Emotionen unterdrücken, um den Arbeitsanforderungen zu genügen. Dieses Unterdrücken hat jedoch ernsthafte Folgen. Das Maskieren der Gefühle führt zum einen zu einem Abklingen ebendieser, und zum anderen zu ernsthaften Stressreaktionen mit Burnout als Folge.

Emotionale Dissonanz und die sozialen Folgen

Sich ständig zu verstellen nur um den gesellschaftlichen Ansprüchen zu dienen, hat Einfluss auf die Empathiefähigkeit. Dies zeigt sich vor allem in Umbruchssituationen, wie beispielsweise den Wechsel von der Schule zur Uni. Eine Studie aus dem Jahr 2009 zeigte, dass Menschen, die oft emotionale Ausdrücke unterdrücken, sich schlechter in ihr soziales Umfeld eingliedern, als unzufriedener gelten und weniger soziale Unterstützung erfahren.

Wenn Menschen also ihre Fähigkeit nutzen Gefühle auszudrücken, werden sie als sozial umgänglicher wahrgenommen und können schneller Freundschaften schließen.

Emotionale Dissonanz und Burnout

Eine geringe Empathie ist nicht die einzige Folge des aufgesetzten Lächelns. Nachgewiesen ist, dass das dauerhafte Verstellen und Verschleiern von Emotionen ernste körperliche Folgen hat.

Stressreaktion durch Freundlichkeit

Wenn wir uns zwingen freundlich zu sein, löst das Stress aus. Dies zeigte eine Studie aus dem Jahr 2014. In der Studie wurden Versuchspersonen während einer Diskussion instruiert, ihre Gefühle zu unterdrücken. Dem Diskussionspartner wurden keine Instruktionen gegeben. Dabei stellte sich heraus, dass das Stresslevel bei den Versuchspersonen stieg und sich die Blutgefäße verengten. Zudem empfanden diejenigen, die ihre Emotionen während der Interaktion unterdrückten, diese als sehr anstrengend.

Wenn die Gefühle nicht mit dem Ausdruck übereinstimmen, befinden wir uns in einer Zwickmühle. Diese ungelöste Zwickmühle führt zu innerer Anspannung, da wir dabei gegen unsere eigenen Gefühle ankämpfen. Diese Anspannung verursacht körperliche Stressreaktionen, die im schlimmsten Fall zu Burnout führen.

Lächeln bis zum Burnout

Ständig zu lächeln, auch wenn wir uns nicht danach fühlen, wirkt erschöpfend. Das sogenannte Surface Acting (dt. Oberflächenhandeln) findet besonders in Berufen mit viel Kundenkontakt statt. Eine Studie in den USA stellte heraus, dass das Surface Acting neben der emotionalen Erschöpfung auch eine Depersonalisierung mit sich bringt. Das bedeutet Arbeitsaufgaben werden der betreffenden Person gleichgültiger und die Leistungsfähigkeit nimmt ab.

Eine Studie mit 220 Flugbegleitern zeigte sogar auf, dass eine emotionale Dissonanz ein größeres Risiko für Burnout birgt, als Zeitdruck oder ein hohes Arbeitspensum (Heuven &Baker, 2003).

Was tun gegen emotionale Dissonanz?

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Ein grundlegender Rat gegen Stress ist es, die eigene Resilienz zu stärken. Resilienz ist die innere Widerstandskraft und die Fähigkeit flexibel mit Stress umzugehen. Eine starke Resilienz hilft Burnout und andere psychische Folgen von emotionaler Dissonanz vorzubeugen.

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Zwickmühlen kommunizieren

Die emotionale Dissonanz entsteht daraus, dass zwei Seiten in uns konkurrieren. Die eine Seite möchte die Emotionen frei ausdrücken und die eigene Identität bewahren und schützen. Die andere möchte den Arbeitsanforderungen und gesellschaftlichen Normen gerecht werden und Lächeln, auch wenn wir uns nicht danach fühlen.

Ein Weg aus diesem Dilemma ist es, beiden Seiten Ausdruck zu verleihen. Zwickmühlen zu kommunizieren löst die Anspannung, da wir uns nicht gegen eine Seite entscheiden. Außerdem beziehen wir so den Gegenüber mit ein.

Nehmen wir als Beispiel einen Call-Center-Mitarbeiter, der von einem äußerst ungehaltenen Kunden beleidigt wird. Die Zwickmühle mitteilen kann dann so aussehen:

„Auf der einen Seite kann ich Ihren Zorn verstehen und bin gerne bereit mich um eine Lösung zu bemühen. UND auf der anderen Seite bin ich mit Ihrem Tonfall nicht einverstanden.“
Durch das „Und“ geben Sie beiden Seiten eine gleich hohe Bedeutung und die inneren Seiten kommen beide zu Wort.

Expressive Flexibilität

Eine andere Art, Folgen von emotionaler Dissonanz zu umgehen, ist die expressive Flexibilität. Emotionen immer freien Lauf zu lassen, statt zu unterdrücken, ist auch keine Lösung. Der Schlüssel liegt in der Fähigkeit, das Ausdrücken und Unterdrücken der jeweiligen Situation flexibel anzupassen.

Emotionen zu regulieren führt dazu, empathisch zu bleiben und sich vor emotionaler Erschöpfung zu schützen.

Zudem sind auch negative Emotionen förderlich, beispielsweise in Gruppenprojekten. Ziel einer organisationalen Resilienz ist es dann, die Fähigkeit negative Emotionen konstruktiv einzubringen, zu stärken.

Burnout durch emotionale Dissonanz kann also auf verschiedene Arten präveniert werden. Resilienz ist dabei ein wichtiger Kernfaktor, der durch das Kommunizieren von Zwickmühlen und expressiver Flexibilität gestärkt und trainiert werden kann.


Resilienz Akademie | Emotionale Dissonanz als Burnout-TreiberSebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienz-Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).

1 Kommentar zu „Emotionale Dissonanz als Burnout-Treiber“

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