Zum Grübeln neigen einige mehr als andere. Doch im Grunde kennt es jeder von uns, wenn die Gedanken nicht stillstehen wollen und wir Runde für Runde im Gedanken-Karussell fahren. Wir erhoffen uns dadurch eine Lösung für das, was uns beschäftigt, zu finden. Dabei schadet dieses Über-Denken mehr, als dass es uns hilft. Lesen Sie, wozu wir grübeln und was Sie aktiv dagegen tun können.
Wie kommt es zum Grübeln?
In unserem Kopf findet permanent eine Unterhaltung statt – nämlich mit uns selbst. Allerdings geht es hier nicht so geordnet zu, wie in normalen Gesprächen. Denn unsere Gedanken springen durch Zeit und Raum. Das verläuft meist sehr chaotisch, ist aber völlig normal.
Zusätzlich fokussieren wir unsere Gedanken auf ganz bestimmte Punkte. Beispielsweise eine Auseinandersetzung bei der Arbeit oder ein noch zu planendes Event. Bei einem solchen starken Fokus passiert es auch, dass wir unsere Gedanken gefühlt nicht mehr unter Kontrolle haben. Wir denken immer und immer wieder dieselbe Gedankenschleife und konzentrieren uns nur noch darauf.
Im psychologischen Sinne unterscheidet sich das Grübeln vom sich Sorgen. Grübeln bedeutet hier, wiederholtes Nachdenken über ein Thema oder ein Problem, ohne dabei zu einer Lösung zu finden. Sorgen zeichnet sich dadurch aus, dass es ein Nachdenken über eine bedrohliche Zukunft ist.
Grübeln führt zu keinen Lösungen
Wir gelangen in diese tückische Denkschleife, weil wir eigentlich eine Lösung finden wollen. Doch die Annahme ist trügerisch. Denn Grübeln führt zu keinen Lösungen. Im Gegenteil sogar, das Denken wird selbst zum Problem.
Grübeln als Selbstzweck
Mit Selbstzweck ist hierbei nicht gemeint, dass wir uns im Kreis drehen, nur um des Grübelns Willen. Sondern eher, dass wir im Gedanken-Karussell fahren und dabei trotzdem hoffen, an einen anderen Ort zu gelangen. Auch wenn wir ein vergangenes Erlebnis zum zehnten Mal durchgespielt haben, setzen wir noch zu einem elften Mal an, diesmal könnte ja etwas anderes rauskommen.
Grübeln lenkt ab
Dadurch, dass wir unsere Gedanken auf einen bestimmten Punkt fokussieren, fällt es schwerer, sich auf andere Sachen zu konzentrieren. Das Gehirn kann nur eine Sache gleichzeitig. Das heißt das Hamsterrad der Gedanken lenkt uns von anderen Gedanken ab.
Zum einen konzentrieren wir uns so nicht auf das hier und jetzt. Anders ausgedrückt bekommen wir so unsere momentanen Empfindungen nicht genau mit. Zumeist liegt das größte Grübel-Potential in unerledigten Aufgaben und offenen Fragen, Konflikten und belastenden Erlebnissen. Diese negativen Gedanken lenken uns ab, positive Empfindungen in der Gegenwart zu merken.
Zum anderen sinkt so die Kapazität für andere Gedanken. Konkret bedeutet das, wir schaffen Aufgaben nicht mehr, vergessen Dinge und bekommen zum Beispiel in Gesprächen auch nur die Hälfte mit.
Auswirkungen von zu viel Grübeln
Viel hilft viel? Nicht im Fall von Nachdenken. Denn zu viel über ein und dasselbe Thema zu sinnieren belastet uns, statt zu helfen. Zahlreiche Studien belegen, dass Grübeln uns unglücklich macht. So zeigte eine Studie, dass unangenehme Gefühle, wie Angst und Trauer, nicht nur Denkschleifen auslösen, sondern auch aus ihnen folgen. Kurzgefasst, wir bekommen schlechte Laune durchs zu viel Nachdenken.
Außerdem wirkt sich ständige Grübelei negativ auf die psychische Gesundheit aus und erhöht das Risiko für Depression und Angstsymptome.
Wie stoppe ich mein Grübeln?
Warum steigen wir nicht aus dem Gedanken-Karussell aus, wenn wir doch wissen, dass es nirgendwo hinführt? Es gibt zwei Gründe, warum wir nicht einfach aufhören, ständig nachzudenken.
Der erste Grund ist, dass wir an der Hoffnung festhalten, doch noch eine Lösung zu finden. Der Mensch lebt in der Annahme, dass alle Probleme sich mit nur genügend nachdenken lösen lassen müssen. Der zweite Grund ist ein Gefühl von Machtlosigkeit. Unsere Gedanken fühlen sich unkontrolliert an und wir haben das Gefühl, keinen Einfluss auf die Gedankenschleife zu haben.
Lesen Sie hier, wie Sie doch Kontrolle über Ihre Gedanken bekommen, und endlich einen Weg aus dem Hamsterrad finden.
Achtsamkeit stärken
Wir gelangen in die Denkschleife, weil wir eine Lösung suchen. So kommt es auch, dass wir nach einer kognitiven Antwort auf eine emotionale Ursache suchen. Das ist der Grund, warum Grübeln uns nicht weiterhilft. Rein kognitiv über ein Thema zu denken, schließt wichtige Teile des Themas aus.
Um das zu ändern, hilft es, die eigene Achtsamkeit zu stärken. Eine gut trainierte Achtsamkeit hilft dabei, die Reaktionen des Körpers ebenso wahrzunehmen, wie die Gedanken. Es stärkt die Fähigkeit, das Hier und Jetzt wahrzunehmen.
Achtsamkeit ist keine sofort-Wohlfühl-Garantie. Manche Menschen denken, im Hier und Jetzt zu sein ist gleichbedeutend mit Glück empfinden. Dabei funktioniert es nicht so, denn achtsam und wertfrei den eigenen Gedanken zu lauschen kann auch Schmerz und Anstrengung mit sich bringen. Grübeln lenkt davon ab, sich mit unangenehmen Gefühlen dahinter zu beschäftigen. Wenn Sie diese Gefühle dann spüren bedeutet das vor allem, sich selbst zu verstehen. Das hilft für den Weg, eine tatsächliche Lösung zu finden.
Zwei Sofort-Hilfen gegen das Grübeln
Achtsamkeit stärken ist ein langer Prozess, der dauerhaft zu einem besseren Kontakt mit sich selbst und so auch zu mehr Wohlbefinden führt. Wenn Sie allerdings nach schnellen Lösungen suchen, dann zeigen wir Ihnen hier zwei Wege aus dem Gedanken-Karussell.
1. Fragen Sie „Was“ statt „Warum
Wir fragen oft nach dem „Warum“. Warum habe ich das so gemacht, warum habe ich diesen Konflikt, warum denke ich so viel nach? Die Frage nach unseren Hintergründen und Ursachen reiht sich dabei allerdings im schlimmsten Fall nur in die Gedanken-Schleife mit ein.
Um aus diesem Teufelskreis auszubrechen, hilft die Frage nach dem „Was“. Was fühle ich gerade oder was habe ich in der Situation gefühlt? Was macht das mit mir und was brauche ich? Diese Umformulierung wirkt doppelt. Sie stellen sich somit lösungsorientierte Fragen, auf die Sie auch selbst eine Antwort geben können. Und Sie holen sich mit diesen Fragen zurück in die Gegenwart, statt bei diesem einen Gedanken zu verweilen.
2. Lassen Sie die Gedanken raus
Wenn ein bestimmter Gedanke Sie quält, dann geben Sie ihm einen neuen Ort, zum Beispiel auf einem leeren Blatt Papier. Gedanken aufzuschreiben hilft dabei, sie aus der Dauerschleife zu lösen. So sortieren Sie nicht nur Ihre Gedanken, sondern bekommen gleichzeitig noch einen neuen Blickwinkel, wortwörtlich.
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).