Resilienz ist die innere Kraft, durch die wir flexibel mit Stress umgehen und sogar extrem belastende Situationen und Krisen gesund und unbeschadet überstehen können. Es ist eine innere Widerstandskraft, die sich ein Leben lang trainieren lässt – sie ist kein festes Konstrukt, das wir einmal erwerben und dann haben.
Leider, denn so gibt es auch manche Faktoren, durch die wir weniger flexibel sind und die uns anfälliger für solche Stressemotionen wie Angst und Ärger machen. Es handelt sich um wahre Resilienz-Diebe. Das Gute ist allerdings, wenn wir diese Diebe auf frischer Tat ertappen, können wir unsere Resilienz so doch aufrechterhalten bzw. wiederherstellen.
Es gibt sechs Haltungen, die uns unserer Resilienz berauben. Das Fatale ist, dass wir den "Diebstahl" erst dann bemerken, wenn es eigentlich zu spät ist und wir dringend Resilienz bräuchten. Ein erster Schritt sich gegen diese Diebe zu wehren, ist das Erkennen. Deswegen hier der Steckbrief der Resilienz-Diebe und Vorschläge, wie Sie diese vom Stehlen abhalten:
Selbstvorwurf
Dieser Dieb ist ganz gewitzt, denn er tritt zwar in einzelner Gestalt auf, besteht tatsächlich aber aus zwei Teilen. Denn für einen Selbstvorwurf braucht es einen Teil in uns, der den Vorwurf macht und einen zweiten, dem der Vorwurf gemacht wird. Das Resultat daraus: Ein innerer Konflikt. Zu diesem Konflikt mischt sich die Emotion Ärger, sodass Sie diesen Halunken an einem von Gefühl Wut, Empörung oder Frust identifizieren können.
Wie geht man nun mit dem Dieb um? Am besten, indem Sie auf Ihr Gefühl hören. Die Emotion Ärger ein Hinweisgeber darauf, dass ein wichtiger Wert von Ihnen verletzt wird – oder in diesem Fall, dass Sie selbst einen Wert verletzen und missachten. Dabei kann es hilfreich sein, die beiden beteiligten Seiten in Ihnen zu identifizieren. Wer ärgert sich über wen? Enttarnen Sie die beiden Seiten, die sich unter dem Selbstvorwurf-Gewand verstecken und lösen Sie den inneren Konflikt, indem Sie beiden Anteilen Gehör schenken.
Fremdvorwurf
Im Gegensatz zum Selbstvorwurf sind beim Fremdvorwurf all Ihre inneren Anteile auf einer Seite: Nämlich das andere Täter sind, und man selbst Opfer. Diese Opferhaltung, die mit dem Fremdvorwurf einher geht, kann zwar auch sehr bequem sein, entzieht uns aber die eigene Resilienz. Denn uns fehlt durch den Fremdvorwurf die Selbstwirksamkeit, Probleme und Krisen eigenmächtig zu bewältigen.
Auch diesen Resilienz-Dieb erkennen Sie an der Emotion Ärger. Diesem Dieb können Sie durch die Übernahme von Eigenverantwortung das Handwerk legen. Denn wenn wir Verantwortung über unser eigenes Handel und Denken übernehmen, müssen wir uns zwar auch negative Konsequenzen eingestehen, aber wir können so selbstwirksam der Schmied unsere eigenen Schicksals sein und resilient leben.
Erwartungshaltung
Ebenfalls ist dieser Resilienz-Dieb ein Ganove, denn er ist besonders getarnt. Unsere Erwartungen sind uns in den meisten Fällen nicht bewusst. Sie ergeben sich aus den Erfahrungen, die wir gemacht haben und sind quasi pure Hochrechnungen für die Zukunft. Das macht Erwartungen zu Täuschungen – getäuschten Zukünften.
Das heißt, in der Erwartungshaltung liegt immer die Gefahr zur Ent-Täuschung. Besonders dann, wenn die Beteiligten an der Zukunftshochrechnung nichts von den Erwartungen wissen. Es gibt daher zwei Wege, sich die Resilienz gar nicht erst stehlen zu lassen: 1. Werden Sie sich Ihrer Erwartungshaltung bewusst. Und machen Sie sich bewusst, dass eine erzeugte Zukunft nicht zutreffend sein muss. 2. Kommunizieren Sie Ihre Erwartungen. Denn nur so können andere Menschen auf sie eingehen und man kann gemeinsam mit den gegenseitigen Erwartungen umgehen.
Dysfunktionale Loyalität
Loyalität per se ist kein Räuber. Im Gegenteil, die tiefe Verbundenheit und die Selbstverpflichtung zu einem anderen Menschen kann sehr positive Effekte haben, beispielsweise durch gegenseitige soziale Unterstützung. Doch dieser Resilienz-Dieb ist eine aus der Balance geratene Loyalität, die uns einschränkt – und das manchmal unbewusst. Wir wollen die Verbundenheit um jeden Preis bewahren, auch wenn es uns selbst Kraft kostet.
Diesem Dieb kommen Sie auf die Schliche, indem Sie sich fragen: Wenn ich das tue, was ich wirklich möchte, wem werde ich dann unähnlicher? So überführen Sie verdeckte dysfunktionale Loyalitäten und können Sie wieder in die Funktion bringen.
Inneres Schrumpfen
Dieser Resilienz-Dieb ist ganz unscheinbar und hat doch eine so große Macht, denn er kann uns in eine jüngere, kleinere oder schwächere Version von uns selbst verwandeln. Inneres Schrumpfen zeigt sich immer dann, wenn eine jüngere Seite in uns das Steuer übernimmt. Allerdings hat das den Nachteil, dass diese Version nicht auf das volle Spektrum an Erfahrungen und Ressourcen zurückgreifen kann. Sie ist noch nicht an dem Punkt angekommen, an dem unser erwachsenes Ich eigentlich ist.
Sie können den Resilienz-Dieb bei seiner Tat allerdings stoppen, wenn Sie sich bewusst machen, wie alt und groß Sie sich gerade erleben und wie alt, groß und kompetent Sie wirklich sind. Denn so schalten Sie Ihre ressourcenreiche Erwachsenenseite „online“.
Problemtrance
Kommen wir zuletzt zu einem richtigen Hypnotiseur mit dem Namen Problemtrance. Leider haben wir Menschen evolutionär bedingt die Tendenz uns stark auf Negatives und Probleme zu fokussieren. Das kann sogar soweit gehen, dass wir nicht anderes mehr als das Problem wahrnehmen. Wir sind dann wie hypnotisiert von unserer aktiven Horrorszenario-Kompetenz.
Das heißt auch, dass wir nicht handlungsfähig sind und uns damit auch nicht aus der stressigen Situation befreien können. Damit wir wieder zu mehr Selbstwirksamkeit gelangen und uns die Resilienz zurückholen, kann die Frage hilfreich sein: Was läuft gerade gut bzw. nicht ganz so schlecht? Damit erweitern Sie Ihren Fokus und befreien sich aus dem Griff der Problemtrance.
Die Inhalte und die Grafiken sind für die eigene Resilienz und ausschließlich zur privaten Nutzung gedacht! Jede Form der Weitergabe, anderweitiger Nutzung, Nutzung im Training, in Medien o.ä. bedarf der Genehmigung von Sebastian Mauritz (Resilienz Akademie Göttingen).