Zufriedenheit ist wohl ein Zustand, den wir alle als wünschenswert empfinden. Es ist eine Art Genügsamkeit und ein dauerhaft anhaltender Zustand der Glückseligkeit. Wer zufrieden ist, ist mit sich selbst und der Welt im Frieden. Aber wann spüren wir mal wirklich Zufriedenheit? Oder spüren wir vielmehr eher ihre Abwesenheit, wenn wir gerade unzufrieden sind? Und wie können wir zufrieden werden?
Warum uns Zufriedenheit wichtig ist
Sie kennen sie, die berühmte E-Mail nach einem Online-Kauf mit der Phrase „Wie zufrieden waren Sie mit unserem Produkt?“. Warum wird hier nach der Zufriedenheit gefragt und nicht danach, ob das Produkt seinen Zweck erfüllt oder wie glücklich wir beim Auspacken waren?
Dieser Gemütszustand scheint eine besondere Stellung bei uns zu haben. Und das verwundert weniger, wenn wir uns anschauen, was Zufriedenheit umfasst. Es geht hier um ein generelles, zeitstabiles und positives Bild der eigenen Lebensumstände und -zustände. Als sicherheitsliebende Gewohnheitstiere, die wir nun mal sind, erfreuen wir uns natürlich an dauerhaft anhaltenden Dingen, insbesondere, wenn sie mit einem guten Zustand verbunden sind. Zudem eine grundlegende Lebenszufriedenheit alle Bereiche des Lebens wie Familie, Tätigkeit, Gesundheit oder Einkommen miteinschließt.
Allerdings dürfte es Ihnen nicht ganz so einfach fallen für alle Bereiche Ihres Lebens die Frage zu beantworten: Wie zufrieden sind Sie?
Was bedeutet Zufriedenheit eigentlich?
Eine Schwierigkeit bei der Beantwortung einer solchen Frage ist, dass sich Zufriedenheit als Konzept nicht für alle Menschen das Gleiche bedeutet. Der Begriff ist ebenso unscharf in der Beschreibung wie Glück oder Wohlbefinden. Und trotzdem verstehen wir einander, wenn wir über Zufriedenheit sprechen.
So kommt es auch, dass in der Erforschung von Zufriedenheit, und was sie bedingt, nicht eine einzelne Frage gestellt wird, sondern ein ganzer Katalog – mit Fragen wie „Wie oft fühlen Sie sich einsam? – Niemals/ Manchmal/ Oft“ oder „Ich würde an meiner Vergangenheit nichts ändern, wenn ich könnte – Stimme zu/ Stimme teils zu/ Stimme nicht zu“. Zufriedenheit ergibt sich aus vielen verschiedenen Faktoren, die wir bei unserer Selbsteinschätzung, wie zufrieden wir sind, zwar miteinbeziehen, die das Konstrukt an sich jedoch schwer fassbar machen.
Zufriedenheit und Wohlbefinden
Wohlbefinden als ebenso schwammigen Begriff verbinden wir primär mit dem Thema Gesundheit. Das soll nicht heißen, dass chronisch kranke Menschen keinerlei Wohlbefinden haben. Doch im Großen und Ganzen begreifen wir Gesundheit als psychisches und physisches Wohlbefinden.
Ebenso wie Zufriedenheit umfasst Wohlbefinden die Gesamtheit aller Lebensbereiche. Leidet das Wohlbefinden beispielsweise im Beruf, durch Stressoren wie ständige Erreichbarkeit oder Zeitdruck, wirkt sich das auch auf andere Lebensbereiche aus, zum Beispiel Schlaf. Was nun interessant ist: Hält dieser Zustand des Unwohlseins über einen längeren Zeitraum an, wirkt er sich auch auf die Zufriedenheit aus. Während wir ein hohes Wohlbefinden haben können und trotzdem unzufrieden sind. Zum Beispiel, wenn jemand der vollkommen gesund ist, einsam ist oder ihm der Sinn in seiner Tätigkeit fehlt.
Wohlbefinden ist demnach ein wichtiger Teil, der zur Lebenszufriedenheit beiträgt, allerdings sind sie nicht ein und dasselbe.
Zufriedenheit und Glück
Diese beiden Begriffe werden oft synonym verwendet. Ist jemand glücklich, ist er auch zufrieden, oder? Doch es gibt einen feinen Unterschied, der die Abgrenzung verdeutlicht. Glück ist flüchtig. Unter „glücklich sein“ verstehen wir einen relativ kurzen, stark positiven Gefühlszustand, der besonders von den ausgeschütteten Hormonen wie Endorphinen und Neurotransmitter wie Dopamin abhängig ist. Diese Botenstoffe im Gehirn sorgen dafür, dass wir ein Hochgefühl empfinden, wenn wir z.B. im Lotto gewinnen.
Würden wir dieses Hochgefühl dauerhaft erleben wollen, müssten wir pausenlos nach neuen immer aufregenderen Reizen suchen. Schließlich umfasst unsere Eigenschaft als Gewohnheitstier nicht nur, dass wir Routine lieben, sondern auch, dass wir uns sehr schnell an neue Reize gewöhnen können. Und die lösen dann kein (so großes) Glücksgefühl mehr aus.
Zufriedenheit ist demnach zwar eine schwächere Form des glücklich Seins, ist jedoch in seiner Langlebigkeit viel stabiler. Wenn Sie also in einer Zeitschrift oder einer Fernsehsendung von „der Suche nach dem großen Glück“ lesen oder hören, ist damit sehr wahrscheinlich Zufriedenheit gemeint.
Zufriedenheit und der Ist-Soll-Abgleich
Wann sind wir also nun zufrieden? Obwohl die Abgrenzung zu anderen Begriffen relativ umständlich erscheint, so kann man die Beschreibung, was Zufriedenheit wirklich ist, kurz und knapp zusammenfassen:
Zufriedenheit ist die Übereinstimmung von Ist und Soll.
Mit anderen Worten: Wir sind zufrieden, wenn unser Leben mit unseren Erwartungen und Wünschen übereinstimmt. Diese Erkenntnis mag banal klingen, und doch ist sie zumeist das Verhängnis der Menschen, die unzufrieden sind.
Was passiert, wenn der momentane Ist-Zustand nicht mit dem Soll-Zustand übereinstimmt? Zunächst einmal haben Sie dann eine Aufgabe. Wenn Sie diese Aufgabe nicht lösen können und der Unterschied von Ist und Soll weiterhin bestehen bleibt, entsteht ein Problem, das in Verbindung mit sehr viel Stress letztendlich zu einer Krise heranreift. Wenn das Ist jedoch dem Soll entspricht, sind Sie nicht unbedingt glücklich, da nichts außerordentlich Gutes passiert ist, aber Sie sind zufrieden. Das Leben läuft so, wie man sich es vorgestellt hat.
Wann sind wir wirklich zufrieden? Überraschende Erkenntnisse zu Arbeit, Liebe, Kindern, Geld – Martin Schröder
Nun stellt sich die Frage, wann dieser Zustand erreicht ist. Unter welchen Umständen entsprechen die Erwartungen dem tatsächlichen Leben am häufigsten? Der Professor für Soziologie Martin Schröder hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Frage zu beantworten. Und für die Beantwortung nutzte er die weltweit größte Datenbank zum Thema Zufriedenheit, die zufällig in Deutschland ihren Sitz hat. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung stellt mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) eine Datenbank von insgesamt knapp 85.000 Deutschen, die seit 1984 ca. 640.000 Mal zu ihrer Zufriedenheit befragt wurden.
Der Autor hat diese unfassbare Datenmenge nicht nur ausgewertet, sondern stellt sie auch in einer anschaulichen und humorvollen Art und Weise dar. Was glauben Sie, wie viel Urlaub man braucht, um zufrieden zu sein? Wie viel Geld macht zufrieden? Wer ist insgesamt zufriedener: Männer oder Frauen? Auf all diese Fragen finden Sie im Buch „Wann sind wir wirklich zufrieden“ die Antwort.
Es handelt sich dabei nicht direkt um einen Ratgeber, der Ihnen dazu verhilft, ein zufriedeneres Leben zu führen. Vielmehr gibt Ihnen dieses Buch interessante und auch überraschende Erkenntnisse zu den grundlegenden Lebensbereichen, die für unsere Zufriedenheit wichtig sind. Die empirischen Daten, veranschaulicht in zahlreichen Illustrationen, räumen mit so manchem Vorurteil auf, und regen auch zum Wiedererkennen der eigenen Situation an. Und durch die lockere und lebensnahe Beschreibung, werden Sie sicher auch bei einigen Ergebnissen schmunzeln müssen.
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Wie wir Zufriedenheit erreichen
Martin Schröder zeigt in seinem Buch, wann Menschen unter welchen Umständen zufriedener sind, im direkten Vergleich. Er zeigt aber nicht auf, wie Menschen ihre Zufriedenheit erhöhen. Und geht das überhaupt?
Ist Zufriedenheit angeboren?
Diese Frage ist durchaus berechtigt, denn unser genetischer Code hat auch in sehr vielen anderen Bereichen des Lebens einen enormen Einfluss, warum also nicht auch auf unsere Zufriedenheit? Hier klingt die sogenannte Set-Point-Theorie an.
Diese wissenschaftlich umstrittene Theorie besagt, dass sich Menschen unabhängig von äußeren Einflüssen wie Erziehung, Sozialisation und Beziehungen bei einem für sie spezifischen Sollwert einpendeln. Der Theorie nach seien 50% genetisch veranlagt. Das würde bedeuten, dass die Lebenszufriedenheit zwar schwanken kann, sie allerdings um einen relativ zeitstabilen Wert oszilliert und sich nicht dauerhaft signifikant erhöhen, allerdings auch nicht verringern lässt.
Diese Theorie konnte wissenschaftlich noch nicht belegt werden und Martin Schröder zeigt mit den Auswertungen der Langzeitstudie sogar auf, dass Zufriedenheit langfristig gesehen eben nicht auf einem bestimmten Niveau verharrt. Wir können unser Lebensglück selbst gestalten – eine der Kernbotschaften der positiven Psychologie.
Zufriedenheit mit Resilienz steigern
Sie haben bereits gelernt, dass Zufriedenheit daraus entsteht, wenn der Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand übereinstimmt. Die Frage lautet nun, wie sorge ich dafür, dass mein Ist- auch mein Soll-Zustand ist. Die wohl größte Diskrepanz dieser beiden Zustände herrscht in einer Krise. Hier ist der Ist-Zustand an Wohlbefinden, Gesundheit und an angenehmen Emotionen bei einem Mindestmaß für das menschliche Überleben angekommen, wenn wir es drastisch ausdrücken wollen.
Wenn wir an so einem Tiefpunkt angelangt sind, haben wir zwei Möglichkeiten: Wir können das Ist an das Soll anpassen oder das Soll an den Ist – beide dieser Möglichkeiten erfordern in der Krise viel Kraft.
Ist zum Soll machen – Zufriedenheit steigern durch Zustandsmanagement
Wollen wir unsere aktuelle Situation verbessern erfordert das in erster Linie eines: Zustandsmanagement (engl. Statemanagement). In der Krise ist der Stresspegel sehr hoch, unser Notfall-Überlebensprogramm arbeitet auf Hochtouren. Der hohe Stress hemmt allerdings unsere Selbstwirksamkeit. Sicher kennen Sie diesen Effekt schon bei kleinen Mengen Stress im Alltag: wir vergessen dann eher Dinge, grübeln mehr, statt umzusetzen und kommen nicht effektiv zur Ruhe. Bei einem sehr viel höherem Ausmaß an Stress ist schlussendlich so gut wie keine Kraft zum Handeln mehr vorhanden – Angst und Ärger (als typische Stressreaktionen) haben sich dann in Resignation gewandelt.
Um aus diesem Zustand herauszukommen, braucht es ein gutes Zustandsmanagement. Hilfreich sind hier Resilienz-Techniken, die die Selbstregulation und Selbstwirksamkeit stärken, wie zum Beispiel Klopfen, Kurbeln und Zielsetzung. Um zum Soll-Zustand zu gelangen braucht es Ressourcen, die so von inneren heraus aufgebaut werden können, allerdings auch von außen, in Form von sozialer Unterstützung, hilfreich sind. Ein Resilienz-Training hilft Ihnen dabei, sich solche Techniken anzueignen und die eigenen Ressourcen zu stärken.
Soll dem Ist angleichen – Zufriedenheit steigern durch Akzeptanz und Dankbarkeit
Es ist – zumindest in einer Krise – wenig empfehlenswert das Soll komplett dem Ist anzugleichen. Wenn der Ist-Zustand das Wohlbefinden mindert, zum Beispiel durch hohe Arbeitsbelastung, wird die Regeneration vernachlässigt, und somit wird dieses Angleichen auf Dauer nicht zufrieden machen. Menschen, die für ihren Beruf brennen, werden sich zunächst wenig daran stören, viel zu arbeiten und so hin und wieder auch mal den Schlaf zu kürzen. Doch wer brennt, läuft Gefahr auszubrennen – Stichwort Burn-out.
Was braucht es also, um außerhalb der Krise mit Erwartungen umzugehen, die zu einem beinahe unerreichbaren Soll führen? Hier ist der Resilienz-Faktor Akzeptanz eine wichtige Stütze. Denn Akzeptanz hilft uns dabei, mit Restriktionen umzugehen und Unveränderbares emotional anzunehmen. Ein zweiter wichtiger Faktor, um aus Widrigkeiten nicht nur „unversehrt“ sondern sogar noch gestärkt hervorzugehen, ist die Dankbarkeit. Sie ist der Motor für persönliches Wachstum und unterstützt dabei, dass wir uns nach einem schweren Schicksalsschlag nicht zwanghaft an die Vergangenheit klammern, sondern auch Positives sehen und die Lebenserfahrung wertschätzen können.
Zufriedenheit mit Resilienz wahren
Ein dritter Weg ist allerdings, gar nicht erst eine solch enorme Diskrepanz zwischen dem momentanen Zustand und dem gewünschten Zustand zuzulassen. Auch hierbei hilft die Resilienz, denn durch sie bewahren wir unsere Zufriedenheit. Stress, Probleme und Krisen haben einen enormen Einfluss auf unser Wohlbefinden und unser Glücksempfinden. Und eine starke Resilienz unterstützt Sie dabei, die negativen Auswirkungen von Stress weniger deutlich zu spüren bzw. Stress besser regulieren zu können. Ihre Lebenszufriedenheit sinkt unter extremer Belastung weniger stark oder kaum, wenn Sie über eine hohe Regulations- und Anpassungsfähigkeit verfügen, kurz Resilienz.
Das Fazit ist also: es gibt keine Wunderformel, wie Sie sofort zufriedener werden. Auch das zeigt Martin Schröder in seinem Buch: Eine Lohnerhöhung macht nicht automatisch zufriedener, ebenso wenig wie längerer Urlaub oder eine größere Wohnung. Zufriedenheit kommt von innen heraus, indem wir uns resiliente Strategien aneignen und Ressourcen aufbauen, um den Unterschied zwischen Ist- und Soll-Zustand zu verringern.
Abschließend möchte ich noch ein Zitat teilen, das sehr gut veranschaulicht, wozu wir an unserer (inneren) Zufriedenheit arbeiten sollten, statt flüchtigem Glück hinterher zu jagen:
Der unzufriedene Mensch wird keinen bequemen Stuhl finden – Benjamin Franklin
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht. (www.Resilienz-Kongress.de).