Die defizitorientierte Gesellschaft
Wir Menschen neigen dazu, uns sehr auf die negativen Aspekte zu konzentrieren. Schon in der Schule werden wir nicht darauf hingewiesen, wie viel wir richtig gemacht haben – die Fehlerpunkte stehen unter der Arbeit. Dieser Blick zieht sich dann unser weiteres Leben lang fort. Auch im Beruf wird bei Besprechungen kaum das Positive hervorgehoben.
Wir müssen Defizite aufzeigen, um an ihnen zu arbeiten, stimmt‘s? Nein, nicht ganz. Denn durch die Fokussierung auf Probleme, Schwachstellen und Mankos, werden diese nicht behoben, sondern im schlimmsten Fall noch intensiviert. Wenn man sich immer wieder sagt: „Nicht gegen den Baum fahren, nicht gegen den Baum fahren“, wo steuert man drauf zu?
Wertschätzender Umgang mit Defiziten
Die Konzentration auf Defizite baut Druck auf und sogar Stress kann entstehen. Ein resilienter Umgang mit dieser Fokussierung ist daher, wertschätzend auf Verfehlungen einzugehen.
Und das lässt sich am besten umsetzen, indem die Defizite als Kompetenzen angesehen werden. Ein Beispiel: Ein Kollege verhält sich völlig resistent gegenüber Ihren Vorstellungen und lässt sich auf keinen Kompromiss ein. Statt sich darauf zu konzentrieren, sich aufzuregen und Stress aufkommen zu lassen, können Sie seine Haltung wertschätzen. Der Kollege hat eine hohe „Standpunktbewahrungs-Kompetenz“. Und schon haben Sie eine andere Sicht auf die Dinge.
Zunächst mag das ungewöhnlich klingen, doch aus so ziemlich jedem vermeintlichen Defizit lässt sich eine Kompetenz ableiten. Denn jedes Verhalten geschieht aus einem Grund. Resiliente Kommunikation baut darauf, dem Denken, Fühlen und Handeln des Anderen achtsam und wertschätzend zu begegnen. Defizite sind eine von uns gegebene Klassifizierung an Dinge oder Personen und können dementsprechend auch anders beurteilt werden.
„Kompetenzrefraiming“ hilft Ihnen und Ihrer Umgebung
Beim Umwandeln von Defiziten zu Kompetenzen handelt es sich im Grunde genommen um ein „Refraiming“. Das ist eine Technik, die im NLP häufig genutzt wird, um eine andere (positivere) Sicht auf Dinge zu bekommen.
Durch die Änderung der Blickweise, weg vom Defizitorientierten, können Sie sich besser vor Stress schützen. Zum Beispiel sind Sie bei Treffen stets als Erster oder Erste vor Ort und müssen auf die Anderen warten. Das nervt Sie und sie ärgern sich, dass sie ja auch später hätten kommen können. Wenn Sie nun bedenken, dass Sie eine große Pünktlichkeits-Kompetenz haben, sehen Sie Ihre „Über“-Pünktlichkeit vielleicht nicht mehr als enormes Defizit an.
So können wir zum einen selbst mit unseren Defiziten besser umgehen und uns selbst wertschätzender begegnen. Zum anderen kommunizieren wir resilienter, wenn wir keine Defizite anmarkern, sondern von Kompetenzen ausgehen.