Ernährung und Langlebigkeit

Für uns Menschen ist die Ernährung meist etwas ganz Selbstverständliches und Grundlegendes. Durch unsere Sozialisation und die Ernährungsgewohnheiten ist uns die Bedeutung der eigenen Ernährungsweise im Alltag jedoch oft nicht bewusst. Es ist zur Routine geworden, oftmals sogar so, wie es unsere Eltern uns vorgelebt haben. Wir müssen uns genauso wenig an die Notwendigkeit zu essen erinnern, wie wir uns daran erinnern müssten zu atmen und deshalb nehmen wir uns im Alltag oft zu wenig Zeit, um bewusst unsere Ernährungsentscheidungen zu reflektieren. Wie in anderen Lebensbereichen auch erfordert es weniger Anstrengung, alte Gewohnheiten beizubehalten, als diese zu hinterfragen, andere Entscheidungen zu treffen und die neuen Gewohnheiten dann auch dauerhaft umzusetzen.

Erfahrungsgemäß fällt ebenso im Gesundheitsbereich auf, dass bei Arztbesuchen selten die Ernährung thematisiert wird, obwohl diese die gesundheitliche Verfassung in allen Bereichen stark prägt. Auch in der Werbung und in Supermärkten werden viele Genussmittel präsentiert, die es uns nicht gerade erleichtern, uns für die gesündere Variante zu entscheiden. Eine gesunde Ernährung ist demnach nicht nur ein persönliches, sondern auch ein gesamtgesellschaftliches Thema. Für viele von uns kann diese eine kontinuierliche Herausforderung darstellen. Aber es lohnt sich jederzeit, etwas im Großen oder Kleinen an der eigenen Ernährung zu verbessern!

Eine zentrale Anmerkung: Ernährung ist, genau wie Religion, hoch individuell. Die folgenden Erkenntnisse, die wir präsentieren, sind als Vorschlag und Anregung zu verstehen.

Warum ist die Ernährung so wichtig für die Gesundheit?

Resilienz Akademie | Ernährung und LanglebigkeitSie kennen es bestimmt aus eigener Erfahrung: Nach einer üppigen, ungesunden Mahlzeit fühlen wir uns meistens müde und weniger wohl in unserer Haut als nach einem gesunden Gericht. Am deutlichsten wird uns das meistens an Feiertagen wie Weihnachten oder Ostern, zu denen oft in großen Mengen (und nicht das Gesündeste) aufgetischt wird. Besonders wichtig ist jedoch, dass die Ernährung nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig, unser Lebensgefühl und unsere Gesundheit maßgeblich prägt.

Dies belegt auch die folgende Studie eindrucksvoll: Eine internationale Forschungsgruppe setzte sich mit dem zu erwartenden Anstieg der Lebenserwartung bei einer Verbesserung des Ernährungsverhaltens auseinander.

Die Forschenden fanden dabei heraus, dass Sie durch gesundes Ernährungsverhalten Krankheiten und damit einhergehendes frühes Ableben verhindern können. Ihre Erkenntnisse stellten sie im 2023 erschienenen Artikel „Life expectancy can increase by up to 10 years following sustained shifts towards healthier diets in the United Kingdom“ vor.

Diese Thematik ist außerdem relevanter denn je, denn ungesundes Ernährungsverhalten führt allein im Vereinigten Königreich schätzungsweise zu jährlich mehr als 75.000 vorzeitigen Todesfällen. Fast 17.000 dieser Todesfälle finden bereits im Alter zwischen 15 bis 70 Jahren statt. Dies zeigt ganz deutlich auf, dass die meisten Menschen nicht den Richtlinien für eine gesunde Ernährung folgen. Laut Untersuchungen schafft es sogar nur ein verschwindend geringer Anteil der britischen Bevölkerung alle Empfehlungen des „Eatwell Guides“ umzusetzen (Fadnes et al., 2023).

Hochgerechnet auf den europäischen Kontinent ergeben das jedes Jahr ca. 1,55 Millionen Todesfälle als Folgen von Fehlernährung. Vor allem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden in Deutschland ca. ein Drittel der Todesfälle mit einer unvorteilhaften Ernährung in Verbindung gebracht. Demnach ist es besonders schädlich, wenn immer wieder die gleichen Lebensmittel dauerhaft zu wenig oder zu viel verzehrt werden. Zum Beispiel fällt auf, dass häufig ein Mangel an Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten beobachtet und zu viel Salz und rotes Fleisch konsumiert wird (Schönfelder, 2024).

Was ist eine gesunde Ernährung?

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Eatwell Guide, 2023

Die Ernährungsempfehlungen nach dem mit Langlebigkeit assoziierten Ernährungsmodell werden im folgenden dargestellt:

Es wird empfohlen nur eine möglichst geringe Menge an raffiniertem Getreide und verarbeitetem

Fleisch aufzunehmen. Auch Eier, rotes Fleisch und zuckerhaltige Getränke sollen nur in relativ geringer Menge konsumiert werden.

Vollkornprodukte, Obst, Fisch und weißes Fleisch sollten Sie in gemäßigter Menge zu sich nehmen.

In hohen Mengen sollten Sie wiederum, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte verzehren. Bei  Milchprodukten ist es wichtig, auf hochwertige Produkte zurückzugreifen (Fadnes et al., 2023).

Der Nutzen von Milchprodukten wird in der Ernährungswissenschaft kontrovers diskutiert. Bezüglich  empfohlener Tagesmengen sollten Sie also selbst entscheiden, wie viel für sie gut ist. Grundsätzlich gilt: Wenn Sie sich bereits abwechslungsreich und gesund ernähren, werden zusätzliche Milchprodukte wahrscheinlich keinen großen, positiven Effekt auf Ihre Gesundheit haben (Stiftung Gesundheitswissen, 2021). Interessant sind fermentierte Milchprodukte wiederum, wenn Sie sich mehr mit dem Thema „Gut Health“ auseinandersetzen möchten.

Wie wirkt sich eine gesunde Ernährung aus?

Die Studie hat hier einige interessante Erkenntnisse hervorgebracht, insbesondere was die Lebenserwartung betrifft.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine langfristige Veränderung von ungesunden Ernährungsgewohnheiten große Effekte erzielen kann. Bei einer Umstellung auf die  Ernährungsempfehlungen des „Eatwell Guides“ kann sich die Lebenserwartung um 8,9 Jahre bei 40-jährigen Männern und 8,6 Jahren bei 40-jährigen Frauen erhöhen. Entsprechende Zugewinne für 70-jährige Frauen und Männer betrugen immer noch 4,4 bzw. 4 Jahre (Fadnes et al., 2023).

Ernährungsumstellung + langlebigkeitsorientiertes Verhalten

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Ebenso wurde in derselben Gruppe untersucht, was passiert, wenn Menschen langfristig von einer ungesunden Ernährung auf mit Langlebigkeit assoziierte Ernährungsweisen wechselten:

So konnten bei Männern bis zu 10,8 Lebensjahre und bei Frauen 10,4 Jahre hinzugewonnen werden. Entsprechend betrugen die geschätzten Zugewinne für 70-jährige Frauen 5,4 und für 70-jährige Männer 5 Jahre (Fadnes et al., 2023).

Vielleicht haben Sie ja schon einmal von den sogenannten „Blue Zones“ gehört? Die Blue Zones beziehen sich weltweit auf die Regionen, in denen die Menschen häufiger über 100 Jahre alt werden, dort also als besonders langlebig gelten. In der Forschung ist nach den Gemeinsamkeiten der Lebensweise gesucht worden, um Rückschlüsse auf die Ursachen der Langlebigkeit ziehen zu können: Besonders interessant ist die Erkenntnis, dass eine nachhaltig gesunde Umgebung vor allem auch durch politische Entscheidungen und Umweltveränderungen geschaffen werden muss, damit es erleichtert wird, sich für die gesunde Option zu entscheiden.

Neben regelmäßiger Bewegung, einer achtsamen Lebensweise und der Einbindung in ein starkes soziales Umfeld, ist vor allem eine pflanzenbasierte Ernährung mit einem geringen Fleischkonsum positiv für die Gesundheit (Buettner et al. 2016).

Motivationshilfen für eine gesunde Ernährung

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen außerdem einige interessante Grundsätze auf:

  1. Je größer die umgesetzten Umstellungen hin zu gesünderen Ernährungsweisen sind, desto größer sind die zu erwartenden Zugewinne an Lebenserwartung. Dies kann als zusätzliche Anregung dienen, denn gerade bei ungesunder Ernährung sind die Effekte der Ernährungsumstellung am größten.
  2. Die größten Steigerungen der Lebenserwartung können Sie durch einen reduzierten Konsum von zuckerhaltigen Getränken und verarbeitetem Fleisch sowie dem vermehrten Verzehr von Vollkornprodukten und Nüssen erzielen.
  3. Und zu guter Letzt: Je früher eine gesündere Ernährung umgesetzt wird, desto mehr steigt die Lebenserwartung an. Es ist also nie zu spät, etwas zu verändern. Selbst im fortgeschrittenen Alter lohnt sich eine Veränderung, denn auch hier können noch Lebensjahre sowie Lebensqualität hinzugewonnen werden (Fadnes et al., 2023).

Wozu sollten wir uns mit gesunder Ernährung befassen?

Resilienz Akademie | Ernährung und LanglebigkeitDass es unfassbar viele Vorteile für unseren Körper, unseren Geist und auch unsere Umwelt hat, wenn wir uns gesund ernähren, sollte deutlich geworden sein. Doch warum machen wir uns den Aufwand und schreiben über diese Studie, wenn eigentlich klar ist, dass gesunde Ernährung – wie der Begriff schon sagt – zu mehr Gesundheit führt?

Zum einen, weil wir wissen, dass Wissen über gesundheitsfördernde Maßnahmen nicht gleichbedeutend mit der Umsetzung dieser sind. Jedoch ist es im Sinne einer Health Literacy, einer Gesundheitskompetenz, zentral, dass Sie die Grundlagen für gesunde Entscheidungen kennen. Denn nur können Sie diese auch umsetzen.

Zum anderen wollen wir darauf aufmerksam machen, wie weitreichend gesunde Ernährung ist. Wenn Sie sich damit befassen, wie Sie Ihre Resilienz stärken können, um ein möglichst glückliches und erfülltes Leben zu führen, dürfen wir den Körper nicht täglich vernachlässigen. (Körperliche) Resilienz bedeutet, Lebensmittel zu konsumieren, anstatt Totenmittel. Mentale Leistungsfähigkeit, Motivation und mentale Gesundheit hängen mit unserer Ernährung zusammen.

Jede kleine Entscheidung hin zu einer gesünderen Ernährung bringt Ihnen mehr und bessere Lebenszeit. Wenn Sie Hilfe bei der Umsetzung eines solchen guten Vorsatzes suchen, schauen Sie gerne hier vorbei: Gute Vorsätze umsetzen

Quellen:

Buettner, D.; Skemp, S. (2016). Blue Zones. Lessons From the World’s Longest Lived https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6125071/

Fadnes, L.T.; Celis-Morales, C.; Økland, JM. et al. Life expectancy can increase by up to 10 years following sustained shifts towards healthier diets in the United Kingdom. Nat Food 4, 961–965 (2023). https://doi.org/10.1038/s43016-023-00868-w

NHS (2022). The Eatwell Guide. https://www.nhs.uk/live-well/eat-well/food-guidelines-and-food-labels/the-eatwell-guide/

Schönfelder, U. (2024). Jeder dritte kardiovaskuläre Todesfall geht auf falsche Ernährung zurück Studie des Kompetenzclusters „nutriCARD“ über den Zusammenhang von Fehlernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

https://www.uni-jena.de/246499/jeder-dritte-kardiovaskulaere-todesfall-geht-auf-falsche-ernaehrung-zurueck

Stiftung Gesundheitswissen (2021). Ist Milch gesund? 5 Mythen über Milch auf dem Prüfstand. https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/ernaehrung-lebensweise/ist-milch-gesund

Bildquelle: www.depositphotos.com: Trendy ketogenic diet products set@fuzullhanum, Couple walking holding hands@londondeposit, Young couple of vegans@VitalikRadko

Resilienz Akademie | Ernährung und LanglebigkeitMoana Neumann, staatlich anerkannte Sozialarbeiterin (B.A.), ist freie, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Resilienz-Akademie. Seit Juni 2024 ist sie unterstützend in der Recherchearbeit tätig und beschäftigt sich mit wissenschaftlichen Aspekten der Resilienz. Diese Erkenntnisse bündelt sie auch in Blog-Artikeln, die sie für die Resilienz-Akademie verfasst.
Ihre Themen-Schwerpunkte lagen bereits im Bachelor-Studium im Bereich der Stärkenarbeit, unter anderem durch die Mitarbeit im Stärkenlabor der HAWK. Praxiserfahrungen sowie Theorien zusammenzubringen und eine leichte Anwendbarkeit von Methoden sind für sie zentral. Auch das systemische Denken und die Neugier auf Innovationen sind ihr in der Arbeit wichtig. So absolvierte sie 2023 eine Weiterbildung zur Schreibtherapeutin und bildet sich nach zweijähriger Berufstätigkeit erneut im Master „Gesundheit und Innovation in der Sozialen Arbeit“ weiter.


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Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 240 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de) sowie des Resilienz-Podcasts Rethinking Resilience (www.Rethinking-Resilience.com).

 

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