Schuld hat viele verschiedene Arten. So können Sie jemandem Geld schulden, oder an einem Unfall schuld sein. Dabei sind die Empfindungen je nach Art der Schuld unterschiedlich stark. Wir verbinden mit ihr aber immer ein äußerst unangenehmes Gefühl.
Neben Interesse und Scham ist Schuld eine weiterführende Emotion, die eng in Verbindung mit den Basisemotionen Angst und Trauer steht.
Die Auslöser von Schuldgefühlen
Wir empfinden Schuld, wenn sie durch sogenannte Trigger, also soziale Auslöser hervorgerufen wird. Solche Trigger sind beispielsweise:
– Verstöße gegen soziale Regeln (Normen)
– Verstöße gegen Verbote
– Nichterfüllung von sozialen oder moralischen Pflichten
– Missetaten und Fehlreaktionen
All diese Auslöser haben gemeinsam, dass ein Mensch sich über einen Verstoß oder eine Missetat bewusst sein muss, um sich schuldig zu fühlen. Dahinter steckt eine grundlegende menschliche Eigenart: Wir müssen den Grund für die Schuld kennen, um diese Emotion überhaupt wahrzunehmen. Es kommt hierbei also sehr stark auf das individuelle Erleben jedes einzelnen an.
Die Funktion von Schuld
Die Funktion von Schuld ist zum einen auf das Zwischenmenschliche ausgelegt. Sie dient als Besänftigungsgeste gegenüber anderen und ist quasi der Anfang zur „wieder Gutmachung“. Auf der anderen Seite hat sie, wie Scham und Verlegenheit, die Funktion des Selbstschutzes. So bewahrt uns Schuld vor gesellschaftlichen Regelverstößen und Motiviert zur Schadensbegrenzung.
Emotionale und kognitive Schuld
Es gibt zwei grundlegende Arten, in die Schuld unterteilt werden kann. Es gibt die emotionale und die kognitive Schuld.
Bei der kognitiven Schuld handelt es sich um eine rein materielle Schuld. „Ich schulde dir 10 Euro!“ Das ist eine Schuld, die mit relativ wenig Aufwand getilgt werden kann. Grundlage dafür ist jedoch, dass die Schuld anerkannt und dafür Verantwortung übernommen wird.
Emotionale Schuld im Vergleich ist weniger einfach zu begleichen. Ein Freund lässt aus Versehen Ihre Lieblingstasse fallen, die Sie sich aus dem Urlaub mitgebracht haben. Einfach eine neue Tasse zu besorgen ersetzt zwar den materiellen Wert, der emotionale Wert lässt sich von dem Freund jedoch nicht ersetzen.
Für beide Arten von Schuld gilt die Basis der Verantwortung. Wenn eine Schuld nicht anerkannt wird, kann das auf Dauer der Beziehung zwischen den beteiligten schaden. Zum Beispiel ignoriert der Freund den angerichteten Schaden und sagt: „Ach stell dich nicht so an“. Die fehlende Akzeptanz der Schuld belastet das zwischenmenschliche Verhältnis.
Schuld als Wertänderungskompetenz
Schuldigkeit kann nicht nur die Beziehung zu anderen, sondern auch zu sich selbst belasten. Bei sich selbst Schuld abzuladen setzt der Seele auf Dauer zu. In dem Zusammenhang hat Schuld also auch immer etwas mit Vergebung zu tun. Anderen, aber vor allem auch sich selbst vergeben zu können, ist eine wichtige Kompetenz für den Alltag und fördert den resilienten Umgang mit Schuld.
Schuld ist eine Bewertungsgrundlage für uns selbst. „Ich habe etwas Falsches getan“. Wenn es dabei bleibt, wird die Schuld zu einer permanenten Belastung, die man mit sich trägt. Wenn wir die Bewertung über uns ändern: „Ich habe etwas Falsches getan, daher ändere ich mein Verhalten“, gehen wir wertschätzend mit uns um und übernehmen gleichzeitig Verantwortung für unser Handeln. Schuld ist daher eine Wertänderungskompetenz.
Wie zeigt sich Schuld am Körper?
Emotionen lassen sich anhand bestimmter Signale des Körpers von außen erkennen und deuten. Diese Fähigkeit des Erkennens nennt sich Mimikresonanz. Schuld zeigt sich im Gesicht mit den gleichen Zeichen wie Trauer. Die Mundwinkel neigen sich nach unten, Augenbrauen sind leicht zusammengezogen und der Blick hält sich gesenkt.
Auch andere körperliche Reaktionen sind möglich, so wie schwitzige Hände oder auch Magenverstimmungen. Umso wichtiger ist ein verantwortungsvoller und resilienter Umgang mit Schuld.
Fotocredit: gratisography.com
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienz-Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).