[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Herzlich willkommen zu Rethinking Resilience, dein Podcast für Resilienz in Theorie und Praxis. Von und mit Sebastian Mauritz und Ruben Langwarrer. Ja, herzlich willkommen mal wieder hier im Denkraum der Resilienz. Hallo lieber Ruben, schön, dass du heute wieder bei mir hier bist, virtuell und doch so nah.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Hallo Sebastian, ich freue mich auch sehr.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Ja, wir haben das letzte Mal mit dem Mindset uns ausgetauscht. Wir hatten ja den fantastischen Sylvain Laborde noch dazwischen und die Folge kam super an. Wir haben viele Rückfragen gekriegt, so in Bezug auf, ja kommen jetzt die anderen Sets auch noch, wo ich dann so dachte, ja, haben wir gesagt und wir wollen uns heute dem Skillset nähern.
Mir geht es oft so, dass Menschen dann so von Future-Skills und Meta-Skills und Resilienz ist der Future-Meta-Turbo-Single-Skill der Zukunft und so weiter und ich finde sowas aus marketingtechnischer Sicht immer super und gleichzeitig gibt es in mir eine Seite, die dann sich um definitorische Genauigkeit, also der klug, naja, der klug Stupser in mir, wie du immer so schön sagst, der hat dann da so, naja, also da bin ich schon sehr gefühlt sehr deutsch, was so die Genauigkeit angeht, so erlebe ich, das ist glaube ich irgendwie so hier, so wie man das macht, ne, so und genau, da freue ich mich heute, mich mit dir darüber auszutauschen und ja, wie geht es dir denn gerade so, wenn du mal so an dein Skillst denkst, so?
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Ganz gut, weil es sich immer weiter verbessert und ich merke, da ist ein Lernprozess, da ist ein Wachstumsprozess. Mich hat neulich mal jemand gefragt, boah Ruben, wann bist denn du so gut geworden? Das fand ich erstens total toll und zweitens hatte ich dann darüber nachgedacht und meine Antwort war dann gestern und alle Tage davor.
Ja, also genau diese Thematik, dieser Lernprozess, deswegen geht es mir sehr gut damit und auch mit allen Defiziten oder Optimierungspotenzialen, die noch da sind, geht es mir auch sehr gut. Wir beide haben ja noch einige Jahre vor uns und dürfen noch einiges lernen und darauf freue ich mich sehr, meine Skills immer weiter zu verbessern, wo es noch Verbesserungspotenzial gibt und das gibt es definitiv in allen Rollen, die ich habe. Als Vater, als Ehemann, als Trainer, als Coach, als Sohn, als was auch immer, als Podcast-Kollege.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Das war die richtige Reihenfolge. Vater, Ehemann, der Rest war dann, das war so, das Familiensystem hört mit und macht dann Check, Check. Ja, richtig. Richtige Reihenfolge. Papa oder Wärtermann, so dachte er. Fantastisch, ja super.
Ja und vielleicht, weil die, die jetzt bei Skills und die mit Anglismen nicht so viel um, ja, sich nicht so mit zufrieden geben, Skills sind erlernte spezifische Fertigkeiten. Also man spricht ja auch von Fähigkeiten und Fertigkeiten, wobei Fähigkeiten eher so die Grundvoraussetzungen sind. Also Fähigkeit heißt, ja, habe ich überhaupt die Basis? Erfülle ich überhaupt die Voraussetzung für das Ganze? Und die, ja, Fertigkeit, die kann ich erlernen, die ist spezifisch. Das vielleicht nochmal so zur Unterscheidung, aber Fertigkeiten-Set fand ich jetzt zu sperrig.
Da ist das Thema Skillset, gerade auch, wenn man über Mindset spricht, Mindset, Skillset und dann kommt ja noch Tool-Set und Feel-Set, ist da, glaube ich, einfach nochmal sinnvoller.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Ja, da bin ich total bei dir. Und wenn ich jetzt das Thema Skillset höre und wir sammeln das ja auch im Training, welche Skillsets brauchen wir als Führungskraft, als Coaches, als Trainer in bestimmten Kontexten, was ist denn das Skillset, Sebastian, das dich aus deiner Sicht ausmacht? Also was sind denn da für Fähigkeiten und Fertigkeiten, wo du sagst, Mensch, das sind schon, also da muss ich schon sagen, das ist ein Mauritz Spezial.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Das ist eine gute Frage. Und ich glaube, das, was mir, eine Sache, die mir total Spaß auch macht, weil die Frage ist ja nicht nur, was kannst du gut und was hast du erlernt, sondern was tust du gerne, wobei leuchten die Augen. Und ich strukturiere unheimlich gerne.
Das klingt jetzt erst mal total komisch. Und wenn man so, weiß ich nicht, bestimmte Ordner bei mir sieht oder so, denkt man so, ah, es ist ein selektiver Skill, so nach dem Motto. Aber im Wesentlichen, ich strukturiere gerne größere Themen, also zum Beispiel das, was wir ja auch mit dir zusammen in der Resilienz jetzt gemacht haben, auch in den letzten Jahren, die Resilienzarten mal zu sortieren.
Und eine logische Sortierung, die nützlich ist, das ist, glaube ich, so ein Skill von mir, wo ich als Grundlage immer schon irgendwie ein gutes Ordnungsverständnis hatte, also ein gutes Sortierverständnis. Und ich dann über meine Auseinandersetzung mit Resilienz, aber auch mit so Tools wie dem Format von Bernice McCarthy, was ich irgendwann mal bei Bert Feustel gelernt habe, beziehungsweise davor sogar noch bei Tom Andreas in der Trainerausbildung, einfach so ein Grundtool mit vier Fragen, warum was, wie, wozu oder wofür. Und das hat mir total geholfen, genau wie Mindmaps.
Und ich stehe total auf Sortieren. Also Grundbedürfnisorientierung wird dadurch erfüllt. Die Idee der Kontrolle, sprich die der Anwendbarkeit, der Umsetzbarkeit, das ist so, das würde ich sagen, das zeichnet mich auch aus. Und das kann ich auch über alle Professionen hinweg. Also ich höre zu und ich fange an, im Kopf nach den mentalen Modellen, die ich habe, zu sortieren. Und meistens, das hatte ich in der letzten Coachingausbildung auch wieder gesagt, Coaching ist zur Hälfte für mich Sortieren, Sortierarbeit.
Also einfach eine gute Struktur erstmal reinbekommen in die Themen, gute Struktur ins Verhalten und so weiter. Und wenn man sortiert hat, dann kann man gucken, was man so lässt und was man vielleicht ein bisschen flexibilisiert, wo man andere Label dran heftet. Genau, Sortieren ist für mich so ein Grund, ja, Skill. Bei dir? Was ist bei dir so der Ruben Special?
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Also was man über mich immer wieder sagt, ist dieses Thema der Kreativität, die da ist. Also auch kreative Lösungsfindung, Neufindung von Dingen und die dann auch in eine klare Struktur, Modelle und so weiter, dann zu bringen. Was mir auch häufig gesagt wird, ist, dass es mir relativ gut gelingt, Menschen zu erfassen.
Also sozusagen, wenn die was sagen, ich das dann zurückkopple, dass sie sich sehr verstanden fühlen, was mich natürlich sehr freut in meiner Arbeit und in der Art und Weise, wie ich mit anderen Menschen umgehe. Und du hast jetzt gesagt, wo leuchten dir die Augen? Das sind auch entsprechend, das fand ich jetzt auch eine schöne Reflektionsfrage dann für mich, für die Beantwortung deiner Frage.
Und auf der anderen Seite hast du ja jetzt auch gesagt, wie du das machst, dieses Strukturieren. Und das finde ich ja jetzt so schön anwendbar, auch für uns als Trainerinnen und Trainer, die wir ja auch ausbilden, weil das ist ja das Entscheidende dann auch beim Skillset, dass ich Möglichkeiten habe, um das dann auch entsprechend zu entwickeln. Also du hast jetzt schon die Genialität deiner Strukturierung gezeigt, indem du uns eine Struktur gezeigt hast, wie wir jetzt diesen Skill der Strukturierung lernen können, beispielsweise mit Metamodellen, Modellen wie Disformat, Grundbedürfnisse, diese zu lernen und dann entsprechend die Wissenselemente, die uns im Alltag begegnen, dort einzusortieren, was es dem Gehirn natürlich auch einfach macht, das dann auch entsprechend umzumodellieren und zu sortieren. Und das fand ich jetzt gerade so schön, in dem, was du gesagt hast, dass da ein eigener Modellingprozess eigentlich schon fast drinnen war und wir dadurch sehen konnten, wie machst du das denn?
Also wie bist du denn so gut geworden sozusagen? Und das ist natürlich nochmal das Allerbeste, wenn Menschen das sagen können, weil dann können wir auch Skills multiplizierbar machen. Und das ist ja genau das, was wir im Training immer wieder versuchen, dass wir da nicht sagen, ja, du musst halt Emotionen regulieren können.
Ja, wie? Wie geht denn das? Also wie funktioniert denn das? Und das ist ja unsere Aufgabe. Und da hast du ja schon mal gesagt, als wir zum Thema Resilienz-Training gesprochen haben, dafür werden wir auch bezahlt.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Ja, Trainer werden fürs Wie bezahlt. Und natürlich ist die Verpackung wichtig. Also man kann, wenn man ein Training entsprechend auf die reinen Vs machen würde, wären die sehr kurz und sehr, ja, also halt ein Skill-based oder ein Reduced-to-Skills-Training.
Das ist okay. Und ich finde auch, Skills zu trainieren, finde ich auch total wichtig. Natürlich kommt da auch das Mindset mit rein. Natürlich kommt da auch die entsprechenden Tools und Field-Sets da rein. Also die Tools, mit denen ich dann bestimmte Dinge auch dann in die Anwendung bringe oder auch das Field-Set im Sinne von, wie viel Spaß macht mir das? Also die Dinge, die keinen Spaß machen, die weniger Chance auf Wiederholung oder auch auf Zugriff als die Dinge, die einen großen emotionalen Vorteil bringen.
Und deswegen mag ich auch diese Frage, wie denkst du das als Hinführung zur Strategie? Und wenn ich eine Strategie habe und auch das entsprechende Tool habe, dann muss ich das natürlich, das immer so meinen, so wie ich das denke, wenn jemand etwas von mir lernen soll oder will oder beides wahrscheinlich, dann braucht es natürlich die Voraussetzung. Und auch da als Trainer zu merken, da hat jemand die Voraussetzung nicht, ist eine ganz wichtige Anforderung an unsere Flexibilität als Trainerinnen und Trainer.
Weil natürlich ich dann, wenn die Grundlage schon mal nicht stimmt oder die Grundvoraussetzung nicht erfüllt ist, dann kann ich auch den Skill nicht anbieten. Wenn die Fähigkeit nicht da ist, dann wird die Fertigkeit nicht auf einen fruchtbaren Boden fallen. Und das ist im Prinzip so der zweite Schritt. Das heißt, als Trainer brauchst du eine Flexibilität ja im Sinne von, sind die Grundvoraussetzungen, die ich brauche für die Skills, du hast Emotionsregulation angesprochen. Ja, also solange jemand da irgendwie seinen Vagus mit sich rumträgt und auf sein Herz schlägt und wie auch immer und so diese grundlegenden Themen halbwegs normal funktionieren, ist ja die Grundvoraussetzung gegeben. So, das sind ja auch die Kriterien, nach denen wir die Sachen aussuchen.
Und dann kann ich natürlich auch gucken bei den Fertigkeiten, die ich anbiete oder bei den Tools, möglichst natürlich wissenschaftlich fundiert und auch erprobt in zig Live-Trainings. Wir beide geben ja zu unserer Ausbildertätigkeit immer noch ganz, ganz viele Trainings auch direkt in den Gruppen, vor den Gruppen, mit den Gruppen, was für mich auch einfach nur seriös ist. Also alles andere ist auch nicht seriös.
So artifiziell erstellte Konzepte, ja schön, aber ich brauche die Primärerfahrung mit einer Gruppe und dann kann ich es auch richtig gut machen. Genau und da geht es im Wesentlichen dann darum zu gucken, wenn die Fähigkeit da ist, kann ich die Fertigkeit etablieren, also kann ich dann den Skill trainieren.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Und so gehe ich da vor. Ja super und das ist ja ganz im Sinne, dann auch du hast gerade der Wissenschaft, die Wissenschaft angesprochen, ist ja auch ganz da im Sinne, diesen strukturierten Prozess ja und in diese ja absichtsvolle Praxis dann auch zu gehen. Das ist ja ein Begriff aus der Forschung, diese Deliberate Practice hat Anders Ericsson bekannt gemacht.
In meinem Geburtsjahr 1993 hat er seine Studie dazu rausgebracht, seine bekannte. Anders Ericsson ist auch bekannt als der weltweit führende Experte zum Thema weltweit führende Experten. Also der hat genau die Leute untersucht, die die Besten der Besten ihres Fachs sind. Seien das im sportlichen Bereich, seien es musikalisch, hat ganz viel mit Geigern und so weiter, also Violinisten, gearbeitet und hat dann geschaut, was brauchen die, damit die auf dieses Level kommen. Und da braucht es entsprechend einen ganz strukturierten Prozess. Also wenn ich jetzt nächste Woche bei einem Familienzusammenschluss, also bei einem Familientreffen die Gitarre rausholen will und sagen will, anyways, hier ist Wonderwall und dann Wonderwall von Oasis spielen möchte, dann muss ich da entsprechend natürlich erst mal am Anfang die Akkorde lernen, die Griffe lernen, wie halte ich eine Gitarre.
Ich glaube, damit fängt man erst mal an. Ich habe ja damals Keyboard gelernt, da war es noch was anderes. Das war erst mal, wie sitzt man vorm Keyboard, was bedeuten die schwarzen, was bedeuten die weißen Tasten und so weiter.
Das mache ich mit der linken und der rechten Hand. Also wirklich ganz am Anfang anfangen und dann von da aus dann weitermachen, das Perfektionieren, bis ich in diesen Bereich des Selbstkorrigierens dann auch komme und mich selbst korrigieren kann, ohne Lehrer, Lehrerin dabei. Und da hat Anders Eriksen ist dann mit dieser Zahl rausgekommen, dieser 10.000-Stunden-Regel. Also dass ich eine Sache wirklich 10.000 Stunden geübt haben muss, wiederholt haben muss, um an die Weltspitze zu kommen. Das wurde damals dann missverstanden, als Malcolm Gladwell mit dieser 10.000-Stunden-Regel in seinem Buch Überflieger, also Outliers, rausgekommen ist. Da hat er gesagt, wenn man ein Skill lernen möchte, muss man da 10.000 Stunden mit verbringen. Also wenn ich an die Weltspitze gehören möchte, dann wirklich daran 10.000 arbeiten. Und ja, das ist ja genau das, was wir versuchen im Training zu machen. Also wenn wir ein Auftragsklärungsgespräch haben, dann schauen wir ja auch dann da drin, ok, welche Skills sollen die denn, wollen die denn aufbauen hier, die Belegschaft oder die Führungskräfte?
Und dann schauen wir uns an, ok, was gehört dazu? Und dann brechen wir das entsprechend in die Einzelteile. Also wenn es dann um empathische Kommunikation geht, ja, dass ich dann erstmal dann auch lerne, das Blickverhalten auf den anderen zu richten, dass ich dann erstmal lerne, aktiv zuzuhören, Dinge rückzukoppeln, Fragen zu stellen und so weiter, in Perspektivwechsel zu gehen.
Also welche Unterskills gehören zu diesem großen Skill, den Leute lernen möchten? Und das ist halt für diese absichtsvolle Praxis dann extrem wichtig. Und was da drinnen dann natürlich auch noch steckt, ist, hey, mach es in kleinen Schritten.
Jetzt nach einem Tag Erleuchtung, was dieses Thema angeht, kann ich dir nicht versprechen, aber ich kann dir die Einzelteile geben, die du brauchst. Und wenn du diese wiederholst und trainierst, dann garantiere ich dir, dass du da die Erfolge zu überzeichnen hast. Und wenn du das auch so rahmst, dann kriegst du dann auch entsprechend nach zwei Monaten oder drei von den Belegschaften als Trainer oder Trainerin die Rückmeldung.
Jo, ich habe das angewandt und es hat funktioniert und jetzt ist es drin.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Ja, und damit wird es dann ja auch zu einer Kompetenz. Und das fand ich so spannend in diesem Zusammenhang, auch in der Recherche und Vorbereitung für unsere Folge jetzt hier, auch da nochmal zu gucken, wie ist da die Unterscheidung. Und die Kurzfassung lautet Fähigkeit, also als Grundlage, plus Fertigkeit oder plus Skill gleich Kompetenz.
Und Kompetenz ist die Fähigkeit, Fähigkeiten und Skills oder auch Fertigkeiten in verschiedenen Situationen erfolgreich anzuwenden. Das heißt auch für das Situative, gerade auch in Bezug auf Resilienz, also die situative Regulationsfähigkeit, die spielt sich für mich auch hier drin wieder, weil natürlich, wenn ich sage, was ist Resilienz? Naja, es ist die Resilienz auf einer Ebene ist es für mich eine Fähigkeit, also wie resilient kann ich sein aufgrund meiner, ja auch zum Beispiel der meiner Stresssystemausbildung oder meines Bindungsverhaltens oder aufgrund meiner Genetik oder wie auch immer.
Das ist ja das eine. Und das zweite ist dann ja bei den Skills, wie viele resiliente Skills habe ich eigentlich? Also wie flexibel bin ich in der Emotionsregulation? Habe ich da jetzt nur eine Technik oder habe ich da zwei, drei, vier, fünf oder mehr? Und dann entsteht ja die Resilienzkompetenz aus der Idee, dass ich situationsangemessen mich einfach verhalte. Nicht immer sofort sozusagen, wenn ich mal Stress hatte, ein Sabbatical beantrage.
Das ist ein schwierig mit der Work-Life-Balance, weil das eher alles sehr viel live ist und wenig Work, sondern halt dieses, also nichts gegen Sabbatical, da spricht eine tiefe Sehnsucht von mir als Selbstständigem und ich habe es selber in der Hand, ich weiß. Und gleichzeitig denke ich so, ja auch bei der Resilienz braucht es diese Ebenen der Betrachtung. Also es braucht einmal die Betrachtung der Fähigkeiten, also was habe ich überhaupt für Voraussetzungen, ob man da jetzt mit dem Big-Five-Persönlichkeitsmodell rangeht, ob man da sich die Bindungsstile anschaut, ob man da Umgang mit dem inneren Kind, ob man da was auch immer für Sozialisationen und so weiter sich anschaut, bei den Skills halt das nimmt, was halt nützlich und sinnvoll für den Umgang mit Problemen, Stress und Krisen ist, um dann halt im Training und in der Reflexion hin zu den Kompetenzen zu kommen.
Also ein resilient, kompetenter Mensch geht anders durch den Alltag als jemand, der ein bisschen weniger Resilienzkompetenz hat. Und auch hier ist glaube ich wichtig nochmal zu sagen, es gibt nicht resilient oder nicht, sondern es gibt sozusagen ganz viele verschiedene Schattierungen von Resilienz und Resilienz ist immer sozusagen das Ergebnis von, ich habe Kontakt mit Problemen, Stress und Krisen und man kann eigentlich eher erst danach sagen, ob ich jetzt für den Moment Zugriff auf meine entsprechenden Skills hatte, ob ich da resilient, kompetent reagiert habe oder eben nicht.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Und ich finde das gerade so spannend, wie du das gesagt hast. Also für mich hat sich das auch, wenn wir auch dieses Thema Lerntheorie auch an uns angucken, habe ich jetzt gerade, als ich dir zugehört habe, verstanden, dass es auch wichtig ist, ganz viele Möglichkeiten zu nutzen, um an dieses Ergebnis dann auch entsprechen zu können. Also diese Information des Skills so reichhaltig wie möglich zu gestalten.
Das ist ja einer der Lerntobos, wenn ich wirklich lernen möchte und etwas vertiefen möchte, beispielsweise einen Skill, um ihn dann besser abzurufen. Elaboration nennt sich das, um ihn reichhaltig zu gestalten. Also sozusagen dann jetzt hier, wenn ich Emotionsregulation trainieren möchte oder als Skill haben möchte beziehungsweise als Kompetenz dann einsetzen möchte.
Das ist jetzt hier die richtige Unterscheidung. Dann mache ich das auf unterschiedlichste Arten und Weisen, vielleicht auch in unterschiedlichsten Kontexten, um dann wieder neue Lernerfahrungen zu machen, aber diesen Bereich der Emotionsregulation noch mal reichhaltiger zu gestalten. Und das ist dann auch wichtig.
Ein zweiter Lerntobo ist dieses Thema der Wiederholung. Also da gibt es die goldene Regel, das ist der Drei. Dann auch drei Wiederholungen wird es dann auch entsprechend zu einem Muster. Eigentlich ja je häufiger, desto besser. Und dann festigt es sich aus. Es gibt dann auch aus der Lerntheorie nach Donald Hebb, schon 1949 aufgestellt, diese Hebbsche Regel, die sehr kompliziert ist.
Ich muss sie tatsächlich vorlesen, weil ich sie nicht auswendig kenne. Und ich finde das so spannend, was dann daraus gemacht wurde. Also Donald Hebb hat gesagt, das ist aus dem Hirn gesprochen, wenn ein Axon der Zelle A Zelle B erregt und wiederholt und dauerhaft zur Erzeugung von Aktionspotentialen in Zelle B beiträgt. So resultiert dies in Wachstumsprozessen oder metabolischen Veränderungen in einer oder in beiden Zellen, die bewirken, dass die Effizienz von Zelle A in Bezug auf die Erzeugung eines Aktionspotentials in B größer wird. Mega, oder? Habe ich sofort verstanden.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Ja super, jetzt haben wir genau ganz viele Leute gerade verloren, die sagen Alter. Schlimmer, oder? Jetzt gibt es wieder Definition. Ich sage es mal in einfach. Zellen, die miteinander feuern, vernetzen sich. Und miteinander vernetzte Zellen feuern miteinander.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Genau, das ist der Satz, der daraus gemacht wurde.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Genau, Cells that wire together, wire together.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Genau, Neurons that fire together, wire together, hat dann Carla Schatz daraus gemacht, weil das versteht man nicht. Nur, und deswegen habe ich diesen Satz jetzt vorher vorgelesen, weil es ist wirklich ein Satz, den ich gerade vorgelesen habe, der so verschachtelt ist. Alles gut, wir sind ja nicht auf die Zuhörer angewiesen.
Und warum ich das jetzt nochmal gesagt habe, ist, weil in diesem Satz von Donald Hebb steckt noch was anderes drinnen, außer Neurons that fire together, wire together. Also eigentlich hat er, nicht eigentlich, sondern er hat in seiner Lerntheorie auch wirklich betont, dass es auf die wiederholte und dauerhafte Aktivierung der Verbindung ankommt. Und deswegen hatte ich damals in der Recherche zu dieser Thematik, zu dieser Lerntheorie, noch einen weiteren Vers hinzugefügt.
Also wenn wir sagen, Neurons that fire together, wire together, sollte man auch sagen, and the more they respond, the stronger the bond. Also je häufiger die Neuronen gemeinsam reagieren, desto stärker ist auch entsprechend deren Verbindung. Das ist genau die Grundlage des Lernens.
Deswegen dieser komplizierte Satz in diese zwei Versen dann zusammengefasst, weil dann steckt dann auch alles drin, worauf es ankommt. Und das ist der Teil der Wiederholung. Und was noch wirkt, und das ist der dritte Lern-Turbo, ist das Thema emotionale Intensität. Du hast vorhin gesagt, wo leuchten meine Augen? Das ist natürlich wichtig bei der emotionalen Intensität, aber auch Unangenehmes. Ich fasse nur einmal auf die heiße Herdplatte, dann mache ich es entsprechend nie wieder.
Am besten. Also es brennt sich im wahrsten Sinne des Wortes ein in unser System, dass wir das nicht mehr machen sollten. Und das ist auch eine wichtige Sache. Also dass ich dann auch mal schaue, dass beim Lernen die Augen leuchten, dass es irgendwie eine emotional intensive Erfahrung ist und dann bleibt es auch länger im System.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Wenn du es jetzt noch mal in drei Schritten zusammenfassen würdest, die drei Lern-Turbos?
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Ja, das ist Elaboration, also eine reichhaltige Informationsverarbeitung, also eine Information reichhaltig gestalten, Elaboration. Zweitens Wiederholung. You and set fire together, wire together. The more they respond, the stronger the bond. Und das dritte ist das Thema emotionale Intensität. Das sollte emotional intensiv sein, die Erfahrung, damit sie bleibt im System.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Ich würde gern mit dir mal auf das Kontextabhängige schauen. Bitte. Weil tatsächlich, wo du das gerade so sagst, mir fällt auf, dass ich in manchen Kontexten besseren Zugriff habe.
Also es fällt mir jetzt nicht auf, aber es wird mir jetzt gerade wieder bewusst, dass ich in manchen Kontexten besseren Zugriff auf manche Kompetenzen habe, oder auf manche Fähigkeiten habe und Fertigkeiten, als in anderen. Hast du dazu eine Meinung? So, oder kennst du das auch?
Gunter Schmitt spricht ja so schön von Kompetenzamnesie. Also ich sag mal so, beim Autofahren, es ist viel besser als früher. Also ganz früher. Aber da merke ich manchmal schon, im Auto verändert sich was. Und wenn ich dann mit dem Fahrrad fahre, dann verändert sich, also man muss ja in seinen feinen Bildern auch ein bisschen flexibel sein. Da finde ich Autofahrer schon manchmal auch ein bisschen, ja, im Auto lebe ich da Multiperspektivität.
Kennst du das? Also was würdest du dazu sagen?
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Ja, ich finde dieses Thema der Kompetenzamnesie extrem spannend. Und ich bin da auch ganz bei Tom Andreas, bei ihm durfte ich ja vor kurzem auch noch mal ein Training zum lösungsfokussierenden Coaching besuchen. Und er hat auch so einen Satz gesagt, wie Kompetenzamnesie ist der Hauptgrund, warum Menschen ins Coaching kommen.
Ja, weil eigentlich können sie es, nur in dem Moment, in bestimmten Momenten, in bestimmten Kontexten können sie es einfach nicht abrufen. Und dann geht es darum, denen die Kompetenz wieder zu zeigen, dass sie diese erkennen und dass sie diese dann auch entsprechend in diesem Kontext übertragen können dann auch wieder. Und das merke ich bei mir definitiv.
Also ich finde das zum Beispiel, und es ist spannend, dass wir dieses Thema immer so behandeln hier in diesem Podcast, in meiner Rolle als Vater. Ja, also da merke ich wirklich immer wieder, wie alles, was ich gelernt habe, gefühlt nichts bringt. Weil meine Kinder natürlich anders ticken, als die Erwachsenen, mit denen ich zu tun habe.
Ja, und ich auch jemand anderes bin, wenn ich vor meinen Kindern stehe. Wenn ich meinen Sohn betrachte, dann ist auch ganz viel, das hast du mal so schön gesagt, dann siehst du auch dich selber dann in ihm. Und so ist das dann auch wirklich. Also ich bin erstens gefühlt jemand anderes. Also da lege ich sozusagen meine Professionalität ab, muss mich da wieder einfangen. Und zweitens habe ich dann ein Gegenüber, der halt vier Jahre alt ist.
Dr. Dr. Damir del Monte hat mal so schön gesagt, ja, Ruben, der hat gerade die Hirnstruktur eines Borderliners. Also das ist, da kommt einfach alles raus, was da gerade rauskommen muss. Ja, und das muss ich mir dann auch immer wieder sagen.
Aber das finde ich total spannend, dass je nachdem, in welche Rolle ich gehe und natürlich welches Gegenüber ich habe, dass ich da extrem flexibel sein muss, um diese Situation gut handeln zu können. Da kommt genau dieses Thema der Flexibilität rein, innerhalb der Fertigkeit, die du vorhin genannt hast, damit ich es in die Kompetenz übertragen kann.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Ja, eine Bekannte von mir sagte mal so schön, wenn man Kinder großzieht, dann gehen die inneren Kinder, die wir so haben, also die verschiedenen, also es sind ja keine richtigen Kinder in uns, aber halt die Denkmuster, die Fügenmuster, die springen an, je nachdem, wie alt das Kind gerade ist. Und sie sagte, ein Kind großzuziehen ist im Prinzip nochmal die Konfrontation mit deiner eigenen Biografie. Du merkst ganz genau, in welchem Alter du mit welchen Themen in Resonanz gehst.
Und das sind ja meistens interaktionale Prozesse. Also ob du da jetzt unbewusst irgendein Thema anbietest oder ob dein Sohn da gerade eine Lernerfahrung machen will oder soll und du damit in Resonanz gehst, das kann man ja aus systemischer Sicht nicht sagen. Und dann auch so diese Wenn-Dann-Themen, das ist ja einfach nicht haltbar.
Also es ist nicht, weil dein Sohn so, sondern es entsteht da irgendwie eine Form von Resonanz in Bezug auf ein Thema. Und für mich ist es immer hilfreich, wenn ich das auch mit älteren Menschen habe, dass ich so denke, okay, was kann ich denn gerade lernen? Womit gehe ich damit gerade in Resonanz? Und das ist gar nicht so sehr so irgendwie so esoterisch gedacht, sondern ganz pragmatisch, dass ich so denke, naja, ich gehe ja durchs Leben in der Resonanz zur Umwelt und zu anderen Menschen, Mensch als Resonanzwesen so. Und das finde ich gerade für Eltern total spannend, weil es den Fokus von was soll ich denn noch machen und was soll ich denn mit dem Kind machen? So ja, mit welchem?
Dem im Außen oder dem kindlichen Verhaltensschema, was gerade in dir was braucht. Und deswegen so Kinder auch als Lehrmeister finde ich sensationell. Also das ist vor allen Dingen mit was für einer krassen Brutalität, die einem Dinge spiegeln.
Ich kann mich an einen Kommentar von deinem Sohn erinnern, das wiederhole ich jetzt hier nicht. Aber da dachte ich auch schon so, bist mir gerade sehr unsympathisch geworden, kleiner. So und du weißt schon, ich bin schneller als du und ich bin auch stärker als du noch.
Ich frag mich gerade, wo das war.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
War das in Avanor?
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Das war in Potsdam tatsächlich. Da sind wir zu den Autos gegangen und dann guckte er und machte so einen Kommentar und ich dachte nur so, ja, du hast recht. Und es ist, es war total irritierend und einfach herrlich.
Ich habe das so gefeiert. Und das ist immer noch, wenn ich an deinen Sohn denke, denke ich immer noch an das Zitat. Und das werde ich ihm, wenn er irgendwann heiratet, so in 20 Jahren, werde ich ihm das auch aufs Brot schmieren. Ich werde sagen, wir haben jetzt übrigens noch ein Thema offen. Ja, man muss manche Themen auch sich einfach merken und dann zur richtigen Zeit das Ganze platzieren.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Ja, da bin ich bei dir. Aber er ist definitiv ein Lehrmeister. Da sind wir auch wieder genau bei diesem Thema. Er zwingt mich liebevoll, kindlich dazu, diesen Skill noch weiter zu trainieren und noch weiter auszuarbeiten. Also ich merke im Kontakt mit ihm, dass ich Emotionsregulation noch nicht durchgespielt habe im Spiel des Lebens. Das heißt jetzt nicht, dass mein Sohn mein Endgegner ist.
Das will ich jetzt damit nicht bezeichnen, damit sagen. Aber wenn wir, und du bezeichnest ja das Leben immer so schön als Spiel, also dieses Thema der Life Gamification, da merke ich, da bedarf es noch ein Level. Und dann habe ich es wirklich verstanden. Und das finde ich halt dann auch so schön, auch im Austausch mit ihm, dass ich ihm dann erklären darf, wie es mir gerade geht und das versuche, dann in wirklich kindlicher Sprache zu erklären. Und dann habe ich es dann auch wirklich verstanden. Und das finde ich halt auch so wichtig dann dabei.
Und es ist dann auch wieder dieses Thema der Elaboration, dass es mir gelingt, diese Information oder diesen Skill jetzt beispielsweise so verstanden zu haben, dass ich es allen möglichen Leveln erklären kann. Zum Beispiel gibt es so eine Videoreihe. Ich weiß gar nicht, wie die heißt, aber da geht es halt darum, dass ein Experte auf einem bestimmten Gebiet anderen etwas erklärt, die auf unterschiedlichen Leveln sind.
Ja, zum Beispiel Jacob Collier ist ein Musiker und der hat Harmonie erklärt. Erst ein Kind, dann jemand, der seit fünf Jahren Musik spielt und dann ein Musiklehrer, dann ein Musikprofessor. Ja, und auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Und das finde ich halt total spannend, auch das einmal zu betrachten. Wenn ich jetzt die Interaktion mit meinem Sohn nicht als Regression sehe, ja sozusagen als Downgrade, dass ich da irgendwie jetzt das runterfahren muss, diesen Skill, den ich doch so hart fürs Erwachsenenalter trainiert habe, sondern dass es dadurch reichhaltiger gestaltet ist, diese so wertvolle Information, wenn es mir gelingt, sie auch in diesem Kontext um- und einzusetzen als Kompetenz.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Was mir gerade zu diesem Lernen einfällt, also was für mich mal tatsächlich auch so ein Muster war, was mir sehr geholfen hat, waren die Lernstufen oder sind die Lernstufen von Gregory Bateson. Also ich hatte mal die Freude, die Tochter von ihm kennenzulernen bei einem Seminar, die Nora Bateson. Das war in München bei Matthias Varga von Kibéd.
Und wer von Gregory Bateson noch nichts gelesen hat, ich empfehle die Ökologie des Geistes. Und Bateson war es damals auch, der auch mit Milton Erickson in Kontakt stand und einfach ein Fan, also bei dem könnte man jetzt auch nochmal eine Podcast-Reihe machen, weil der einfach, ich finde ihn sensationell von dem, was er gemacht hat und wie er auch gedacht hat. Und der war auch sehr in der Mustererkennung.
Und der hat mal von Lernebenen oder Lernstufen gesprochen. Und das finde ich ganz interessant, weil wir haben jetzt über Lernen gesprochen und da ist natürlich die Frage auch ein Stück weit, okay, wenn du lernst, auf welcher Stufe lernst du dann oder wie lernst du? Und eine Stufe, die nennt er das Nulllernen. Das ist so dieses, wenn ich einfach nur reagiere. Also ich verändere nichts, das ist eher routiniert, reflexhaft und da kann man Menschen auch sozusagen gut hinkonditionieren. So Reizreaktionsschemata.
Und ich finde wichtig, dass jede Lernstufe, auch wenn die durchnummeriert sind, dann ist immer sofort die Frage, ist höher besser? Nee, nicht unbedingt. Das heißt auch, dass normale, die Gewohnheiten oder die Reaktionen, die Standardreaktionen, wenn die funktional sind, also wenn die nützlich sind, ja super, dann mach die, dann mach die auch weiter, passt.
Also Lernen Null. Lernen Eins und das finde ich spannend, ist dann die Korrektur von Fehlern. Also da gucke ich dann Versuch und Irrtum, so das klassische Lernen, wie man es eigentlich kennt.
Und da wird dann in dem Muster, was ich habe, wird angepasst. Das heißt, wenn ich ein bestimmtes Thema mache, zum Beispiel, weiß ich nicht, ich trage, muss jetzt gerade an deinen Sohn denken, wenn der mit einem Glas Wasser da durch die Gegend läuft, der wird sicherlich mal, wenn es zu voll ist oder er nicht aufmerksam ist, ein bisschen was verschütten. Und das dann zu korrigieren, das dann zu überlegen, okay, Wassertragen ist immer noch sowas, man nimmt das halt mal mit zum Esstisch oder sich mit ins Zimmer oder was auch immer.
Dann korrigiert er in diesem Muster, also nicht ganz so voll, langsamer gehen, gerade halten, aufs Glas gucken, nicht aufs Glas gucken und so weiter. Und dann wird es eigentlich spannend. Dann kommt nämlich Stufe, also Lernstufe Zwei, wir hatten Lernen Null, Lernen Eins, war das klassische, jetzt kommt Lernen Zwei. Und Lernen Zwei ist eher das Lernen, wie man lernt. Und ich finde, da machen Schulen zum Teil einen sehr guten Job und zum Teil gar nicht. Und ich glaube, wir sollten mehr in Richtung sehr guter Job arbeiten.
Ich kann mich daran erinnern, mein Biologie-Leistungskurslehrer Ernst Niederlücke, sensationeller Mensch, also wirklich unglaublich, der hat uns mit uns ganz viel über Strukturen, Begeisterung, Selbstentdecken, wie kann man sowas lernen, der hat uns Strukturen in den verschiedenen Systemen der Biologie gezeigt und hat dann gesagt, naja, wenn du das einmal verstanden hast, kannst du es multiplizieren. Also du musst nicht alle Inhalte lernen, wenn du einmal sozusagen den Grundinhalt gelernt hast und dann nur quasi bleibt es gleich oder wird es unterschiedlich.
Also der hat mir ganz viel strukturelles Lernen, man nennt das manchmal auch Meta-Lernen, also wie kann ich eigentlich meine Denkweisen und Strategien anpassen, das hat er mir beigebracht. Und was für mich da ein Game-Changer war, war das Mitschreiben. Ich bin auditiv, also zuhörend, unheimlich schlecht.
Also ich muss mir Notizen machen, sonst kriege ich das nicht, das kann ich nicht, warum auch immer nicht. Und da sagt er irgendwann so, wenn du mitschreibst, mal doch kleine Bildchen rein. Und dann habe ich ihn dann geguckt, dachte so, hä? Sagt er, ja, mir helfen so kleine Skizzen. Dann ging er nach vorne, holte seine Unterrichtsvorbereitung, legte die bei mir auf den Tisch und da waren lauter so, heute würde man das Doodles nennen, so kleine kleine Doodles, das war manchmal auch, der hatte einen Papagei, so einen großen Ara, der hat immer mit ihm zusammen die Klausuren kontrolliert, so. Das war total witzig, weil er dann den auch immer per Foto, der hat abends von sich, wie er korrigiert hat, hat er Polaroids gemacht und hat nächsten Tag ein Polaroid mitgebracht und der Ara lässt grüßen, sensationell.
Ich habe leider vergessen, wie er heißt. Auf jeden Fall hat er dann den Ara reingemalt, sagt er, ja, das Gehirn mag es, wenn es noch so kleine Bildchen hat. Mega.
Naja und das Lernen 3, dritte Stufe, ist auf nochmal einer tieferen Ebene und das, was für mich sehr spannend war, war mal eine Erfahrung mit Mathe, weil ich so die Überzeugung hatte, ich kann kein Mathe und ich habe mir immer tierischen Stress gemacht, weil auch die Erklärung so, das war für mich, irgendwie hat es für mich nicht gepasst. Das ist ja manchmal so, jemand erklärt einem was, meint es total gut, alle anderen verstehen es und ich selber habe lange dann überlegt, wenn ich was nicht verstanden hatte, dachte ich so, ja, also dann bin ich halt doof, dann kann ich halt kein Mathe. Identitätsebene.
Und dann war es natürlich klar, dass ich in Mathe irgendwie so zwischen drei und vier da so lang gesurft bin, je nachdem, was wir halt hatten, Geometrie, Zeichnen gingen, aber halt irgendwie das Rechnen, naja. Und irgendwann, das weiß ich noch, das muss in der achten Klasse gewesen sein, da stehe ich in Hann. Münden vorm Grote-Fendt-Gymnasium und ich wusste, erste, zweite Stunde schreiben wir eine Mathearbeit oder erste Stunde war es, glaube ich.
Und ich dachte so, als wer will ich da jetzt reingehen? Will ich da als jemand reingehen, der sich von Mathe da so beherrschen lässt oder will ich da reingehen als jemand, wo diese eine Mathearbeit einfach egal ist, wo ich generell als Mensch da reingehe? So, das war so eine, was man halt so als Achtklässler sich so denkt.
Und da weiß ich noch, da habe ich den, der kein Mathe kann, vor der Tür gelassen. Den, der kein Mathe kann, habe ich einfach vor der Tür gelassen. Naja, und was soll ich sagen? Ich habe eine Zwei Plus geschrieben. Ich war total erstaunt. Ich saß da nur drin, dann kam die Arbeit.
Ich dachte so, das ist ja mal eine leichte Arbeit. Und im Nachgang wurde mir bewusst, dass das Mathe-Schreiben bei mir mit massivem Stress zusammenhängt und ich allein über diese, heute würde ich sagen, Dissoziationstechnik, die stressige Seite, die habe ich einfach dissoziiert und vor der Schule gelassen. Und seitdem habe ich immer gute Mathearbeiten geschrieben.
Und habe damals auch, also habe mal kurzzeitig studiert, damals Biologie und Physik. In der Physik war ich auch in der Mathe. Und das war okay. Also, dann irgendwann dann doch was anderes gemacht. Aber sage ich mal, diese Erfahrung war stabil. Und das ist halt Lernen 3. Da verändert sich grundlegend was in der Identität. Und die Kernüberzeugung, die ich daraus gewonnen habe, ist, wenn ich mich erstmal entspanne und mich nicht so sehr unter Druck setze, dann wird es auch was. Und das ist Lernen 3.
Lernen 4 wird auch vermutet. Da wird dann immer so gesagt, ja, das ist so, wie sagen sie immer so, ja, das ist so ganz radikal oder spirituell von der Veränderung her. Finde ich spannend. Da können wir gern nochmal drüber philosophieren. Aber die drei Stufen oder die vier Stufen fand ich jetzt halt spannend. Also Nulllernen, einfach Reaktion.
Lernen 1, ich korrigiere Fehler. Lernen 2 ist so, ich lerne zu lernen. Und Lernen 3 ist, ich verändere was auf Identitätsebene. Und die Brücke zum Resilienztraining oder auch, weiß nicht wo Sie jetzt, wenn Sie gerade diesen Podcast zuhören, wo Sie was lernen, ist die Frage, auf welcher Ebene lernen Sie? Also verändern Sie nur irgendeine Reizreaktion? Oder gucken Sie sich die Struktur an?
Oder werden Sie vielleicht zu jemand anderem, wenn sich da was verändert? Und ich finde immer so dieses Additive gut. Nicht, du musst jetzt dein ganzes Leben verändern. Nö. Ich habe mein Leben so wie es ist und ich ergänze es um ein zweites Leben. Also eine Form von funktioneller, wie sagt man, Multiversum. Ich baue mir ein Multiversum. Das heißt, ich habe immer noch eine zweite oder eine dritte Welt, die ich mir aufbaue. Und ich habe die zwar in Konkurrenz, aber die Geburt einer neuen Welt, einer neuen Lebenswelt muss nicht unbedingt das Sterben der alten Lebenswelt entsprechend mit sich bringen, weil da habe ich lange gewohnt.
Die kann ich behalten. Das ist anders als bei Wohnungen, wenn man in jeder Wohnung, wo man war, immer noch mal irgendwie ein paar Sachen lässt. Sagt, ja, hier könnte ich ja zurückkommen. Das hilft bei so knappen Wohnraum, wie wir es nicht so richtig. Aber bei den inneren Welten, da finde ich, ist das ein sehr hilfreicher Zugang.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Das war so ein schönes Schlusswort. Mit allem, was ich jetzt sagen würde, würde ich das nur noch verwischen. Deswegen lassen wir es, glaube ich, dabei.
[Sebastian Mauritz – Resilienz-Podcast]
Sehr gerne. Dann wünsche ich dir, deiner Familie und jedem, der zuhört, jeder, der zuhört, wünsche ich einfach genau die Welt, in der sie leben wollen, für sie im Inneren. Und lassen sie doch die nützlichen, die sozialen, die Elemente des Miteinander, die in ihrer inneren Welt schon gelebte Praxis sind, einfach durch sie nach draußen scheinen.
Und wenn das viele Menschen machen, dann ist das eine Einladung, die schönen Welten im Innen, auch im Außen wieder zu finden. In diesem Sinne, danke dir, lieber Robin. Grüße besonders an deinen Sohn.
Ich merke es mir. Und möge die Resilienz mit Ihnen sein.
[Ruben Langwara – Resilienz-Podcast]
Tschüss.
Hier geht´s zum Resilienz-Podcast: www.rethinking-resilience.com