Wissen Sie um Ihre spirituelle Intelligenz? Wir sind gut darin, zu glauben, was wir sehen und hören. Wir halten an Dingen fest, die sich logisch nachvollziehen und messen lassen. Das ist auch wichtig, denn hiermit wird unser Grundbedürfnis nach Schutz und Sicherheit gedeckt und unser Gehirn kann Strukturen und Muster bilden. Durch die Erkenntnisse aus der Naturwissenschaft und Psychologie sind wir Menschen in der Lage, unser Denken zu optimieren, Fühlen und Handeln zu reflektieren und entsprechend angemessen vorauszuplanen. Unser Bewusstsein und Vorbewusstsein helfen uns dabei, entsprechende Erfahrungswerte und Strategien zur Problemlösung zu aktivieren und neue Dinge zu lernen, die uns bei der Bewältigung des Lebens helfen.
Doch die Dinge, die wir nicht bewusst sehen oder hören können, rücken gerade im Alltag in den Hintergrund und scheinen oft regelrecht unwichtig zu sein. Sie sind nicht glaubwürdig, nicht erfolgsversprechend genug, um sich darauf verlassen zu können. Oder vielleicht doch?
Warum beschäftigt uns die spirituelle Intelligenz?
Wir leben in einer Kultur, die uns (in der Regel) von klein auf vermittelt: Wissen, Leistung und Beweise führen zu Erfolg. Aspekte wie Glaube und innere Weisheit erhalten dagegen wenig Aufmerksamkeit, wenn es darum geht, ein Ziel zu erreichen oder Stress zu bewältigen. Wie ging es Ihnen bisher? Haben Sie sich bisher mit Ihrer „inneren Stimme“ näher beschäftigt? Und wenn ja, wie stehen Sie zu ihr? Ist sie eine Selbstverständlichkeit oder doch Besonderheit? Häufig müssen wir uns daran erinnern, dass es sie gibt – denn jeder von uns trägt dieses innere Erfahrungswissen und die Sehnsucht nach mehr Leichtigkeit in sich.
Wenn wir zum Beispiel Kinder beim Spielen beobachten, sehen wir sofort diese Unbeschwertheit, Freude und Neugier am Unbekannten. Die Offenheit, sich mit dem Unsichtbaren zu beschäftigen, zu experimentieren oder auch „aus dem Bauch heraus“ Gefühle zu äußern. Im Erwachsenenalter werden wir von unserem Auswirkungsbewusstsein manche Male regelrecht gehemmt, „im Regen zu tanzen“, nicht wahr? Wir sind auf Leistungsoptimierung fixiert und übersehen nicht selten, die Potenziale, die uns die sichtbare und unsichtbare Welt bietet.
Besonders in unserem Konzept der seelischen Resilienz beschäftigen wir uns mit den Faktoren, die den Zugang zu unserer Intuition wiederherstellen und uns von innen heraus Kraft zur Krisenbewältigung geben. Gerade aktuell erscheint uns dieses Thema als äußerst wichtig. In unserer Zeit, in der die künstliche Intelligenz omnipräsent ist, wird auch unsere Frage lauter: Gibt es hierzu eine Art „Gegenpol“? Eine Intelligenzform, die wir besitzen und die statt Wettbewerb, Angst und Trennung, die Liebe und Verbindung zu uns selbst und anderen stärkt?
„Im menschlichen Leben gehören Wissen, Weisheit und Credo immer zusammen, wenn es darum geht, wichtige Entscheidungen zu treffen, Herausforderungen zu beantworten und Handlungen zu verantworten.“- Friedemann Schulz von Thun
Was ist spirituelle Intelligenz?
Gehört haben wir wohl alle schon von der „rationalen Intelligenz“ (wissen, planen, organisieren) und seit den 90er Jahren auch immer mehr von der „emotionalen Intelligenz“ (Emotionen bewusst wahrnehmen und regulieren können). Ebenso wird vor allem im gesellschaftlichen Kontext von der „sozialen Intelligenz“ gesprochen (Wohlergehen fördern, gemeinsame Ziele, Werte, Beziehungen gestalten können) und seit „Neustem“ ist die künstliche Intelligenz auch nicht mehr wegzudenken (maschinelles Lernen/ Fähigkeit, die menschliche Fähigkeiten zu imitieren). Nun, aber ehrlich gesagt: Wie sieht es mit der „spirituellen Intelligenz“ aus? Was ist damit gemeint? Vielleicht ein regelkonformes, religiöses Verhalten?
Eigentlich scheint es doch ein wenig paradox, dass der Mensch als grundauf spirituelles Wesen beschrieben wird– gleichzeitig aber die spirituelle Intelligenz die „Jüngste“ im Forschungsbereich zu sein scheint und noch weitläufig unbekannt ist. Schauen wir uns in diesem Beitrag kurz näher an, was hinter dem Begriff steckt und was wir daraus für unsere Resilienz ziehen können.
Sinn und Bedeutung
Intelligenz (lat. intellegere „erkennen“, „einsehen“, „verstehen“;„lesen, wählen“) wird vorrangig darauf bezogen, leistungsfähig zu sein und (strategisch) Probleme zu lösen. Spiritualität (aus dem Lat. „spiritus“„Atem, Wind, Geist, Seele“) wird im Duden hingegen als „Geistigkeit, inneres Leben, geistiges Wesen“ beschrieben und weist nach der christlichen Tradition auf „spiritus sanctus“ und ein gläubiges Leben aus dem Geist Gottes hin. Wie passen die beiden nun zusammen?
„Spirituelle Intelligenz (SQ) ist die Intelligenz, durch die wir Zugang zu unserem tiefsten Sinn, unseren tiefsten Werten und Zielen und unseren höchsten Motivationen finden.“ – Zohar 2o10
Es geht hierbei auch um das „Erkennen, Einsehen“ – nur auf einer tieferen Ebene, die nach Sinn und Erfüllung sucht. Bislang gibt es nach unserer Recherche keine einheitliche Definition zur spirituellen Intelligenz. In den Ausführungen wird aber deutlich, dass es um die Öffnung zum Transzendenten, die innere Erfahrungswelt und Sinnerleben geht. Sinn ist auch in der seelischen Resilienz einer unser wichtigsten Schutzfaktoren, da Sinnerleben uns im Alltag vor Stress schützt, zur Gesundheit motiviert und auch in schweren Krisen eine der größten Kraftquellen ist. Wir Menschen streben danach, einen Sinnzusammenhang zu erkennen und suchen nach Antworten auf kleine und große Fragen. Wer oder was Sinn für einen persönlich bedeutet, ist dabei höchst subjektiv.
Die spirituelle Intelligenz hilft, Sinn zu finden und zu erleben. Menschen mit hoher spiritueller Intelligenz sind in der Lage, ihre persönlichen Erfahrungen und Herausforderungen in einen größeren Kontext zu stellen und daraus einen Sinn abzuleiten. Dies kann dazu beitragen, innere Stärke aufzubauen und eine positivere Lebensperspektive zu entwickeln. Für die Sinnfindung gibt es verschiedene Methoden und Unterstützung. Schauen Sie dazu gerne in den entsprechenden Artikeln in unserem Blog nach.
Spirituelles Kapital
Nach Zohar (und Marshall 2004) steht die spirituelle Intelligenz in Verbindung mit allen anderen Intelligenzen – sie sei aber das Fundament. Es gehe vor allem um eine Haltung, wie der Mensch die Welt wahrnimmt und betrachtet. Fühlt er/sie sich einsam oder eher verbunden mit (allen) Lebewesen und vielleicht darüber hinaus? Was nimmt er/sie wahr? Worauf richtet er/sie die Aufmerksamkeit? Auf die Unterschiede oder die Ganzheit und Fülle?
Spannend ist, dass D. Zohar im Kontext der spirituellen Intelligenz nicht nur die personelle, sondern auch die gesellschaftliche Ebene beleuchtet. Das „spirituelle Kapital“ werde durch Nachhaltigkeit und dem Bewusstsein von Bedeutung, Werten und Sinn deutlich und sei notwendig für eine funktionierende Gesellschaft. Im Wesentlichen wird hier in drei Arten unterschieden:
- Rationale Intelligenz: Sie steht in Bezug zum materiellen Kapital, das uns vorrangig in unserer Gesellschaft begegnet und bekannt ist. Hiermit verbunden ist der IQ, der unsere Intelligenz und das „was wir denken“ misst.
- Emotionale Intelligenz: Sie steht in Bezug zum sozialen Kapital, das für den „sozialen Reichtum“ oder auch das Wohlergehen der Gesellschaft, Ziele und Werte steht. Bei der emotionalen Intelligenz werden die Faktoren „wie wir fühlen“ gemessen. Durch sie sind wir fähig, unsere und andere Emotionen wahrzunehmen und angemessen zu reagieren.
- Spirituelle Intelligenz: Sie steht entsprechend in Bezug zum spirituellen Kapital: Es fügt die gemeinsamen Werte, übergeordneten Ziele zusammen, bezieht sich auf die Weltanschauung und vor allem auf die Frage nach Menschlichkeit und Sinnhaftigkeit. Hiermit in Verbindung steht „was wir sind/ was ich bin“.
„Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wirklich echtes soziales Kapital auch diese spirituelle Dimension beinhalten muss, denn erst die Kultivierung dieser grundlegenden Fragen und der Austausch darüber bilden den wirklichen Zusammenhalt der Gesellschaft. Spirituelles Kapital erschaffen wir nur durch die Anwendung spiritueller Intelligenz.“ – Zohar 2010
Unterscheidung zwischen Gut und Böse
Prof. Dr. Julius Kuhl beschreibt in seinem Buch „Spirituelle Intelligenz. Glaube zwischen Ich und Sein“ auf spannender Weise, wie die „naturwissenschaftlich orientierte Psychologie viele Weisheiten der christlichen Religion bestätigt.“ Hierfür verbindet er die verschiedenen Schulen, wie von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung, mit den Forschungserkenntnissen aus der Hirnforschung. Das Besondere an seiner entwickelten Persönlichkeitstheorie „PSI“ ist, dass er das analytische Denken nicht getrennt von der intuitive Erfahrung betrachtet.
Vielmehr geht es um die Gemeinsamkeiten– sowohl analytische als auch jene Erkenntnisse mit einzubeziehen, die der Mensch aus seiner inneren Weisheit bezieht. Spirituelle Intelligenz zeige sich zum Beispiel durch das „ganzheitliche Fühlen“. Dieses ist wichtig für die Regulation von Emotionen und trägt durch bewusste und unbewusste Prozesse zur Selbststeuerung (insbesondere bei Stress) bei. Nach J. Kuhl beinhaltet die spirituelle Intelligenz die Fähigkeit, mit den Polariäten des Lebens umzugehen und sowohl die Liebe als auch die Emotion Angst anzusehen. Um Gut und Böse, Licht und Dunkelheit zu wissen, sie nicht zu verdrängen, sondern einen bestmöglichen Umgang mit ihnen zu schaffen.
Das Spiel zwischen Gut und Böse ist Teil unseres Lebens. Jeder Mensch ist im Grunde darin bestrebt, Gutes von Bösem zu unterscheiden, sich zu schützen, ggf. zu lösen und (wieder) dem Licht zu zuwenden. Unsere „Geheimwaffen“, so kann man vielleicht sagen, sind hierfür unser Gewissen und die Intuition. Mit ihnen können wir in Situationen hineinspüren und die Risikofaktoren wahrnehmen, die die Seele angreifen und uns von unserem inneren Weg entfernen.
Verbindung
Spirituelle Intelligenz bezieht sich letztlich auf die Fähigkeit einer Person, sich mit spirituellen oder transzendenten Aspekten des Lebens auseinanderzusetzen sowie nach tieferer Bedeutung zu suchen. Menschen, die spirituell intelligent sind, stellen eine Verbindung zu sich und etwas Größerem her und das in einer Form, die über kognitive Fähigkeiten hinausgeht. Die Neurowissenschaftlerin und Psychologin Lisa Miller spricht davon, dass Spiritualität von Geburt im Gehirn angelegt ist und jeder von uns über diese Ressourcen verfügt, die zu einem tieferen Verständnis und inneren Frieden beitragen. Sie beschreibt, wie Gefühle von Einssein im Gehirn lokalisiert sind und in welchen Zusammenhang die Gene und Neurotransmitter hiermit stehen. Dahinter steckt die Erkenntnis, ganz verbunden zu sein. Nach L. Miller gibt es zwei zentrale Verbindungen, die wegweisend sind:
- Zum einen die persönliche Beziehung zum Transzendenten (Universum, Gott, Energie etc.). Sie beschreibt hierzu die „(…) Fähigkeit, die große mächtige Liebe in uns durch uns und um uns herum zu spüren.“
- Zum anderen die Verbindung zur göttlichen Liebe, die sich in allen Beziehungen widerspiegelt (z.B. auch in Form der Nächstenliebe) und zu der sich auch neuronale Andockstation im Gehirn nachweisen lassen.
Wie kann spirituelle Intelligenz die Resilienz stärken?
Nach unserem Kenntnisstand hilft uns die spirituelle Intelligenz vor allem dabei, das Bewusstsein der Transzendenz zu öffnen, tiefere Beziehungen zu gestalten und die Liebe zu sich und (allen) anderen Lebewesen gegenüber zu kultivieren. Hier ein paar Vorschläge, wie Sie diesbezüglich Ihre Resilienz stärken können:
Selbstwahrnehmung
Meditation
Spirituelle Intelligenz kann sich entfalten, wenn wir uns einlassen und Raum geben für spirituelles Wachstum. Der erste und wohl wichtigste Schritt ist entsprechend die Wahrnehmung zu schulen. Das kann beispielsweise durch Meditation und Achtsamkeitspraktiken passieren, in dem man sich darin übt, die Aufmerksamkeit auf die innere Welt und den gegenwärtigen Moment zu richten. Unsere Seele kommt dann zur Ruhe, wenn wir Zeit für Stille einräumen. Meditative Praktiken können helfen, den Kontakt zum höheren Selbst/ Universum/ Gott (…oder welche Beschreibung man für sich persönlich wählen möchte) herzustellen und die Emotionen, die sich dann zeigen, wahrzunehmen.
Eine wunderbare Möglichkeit hierfür ist die von Dr. Connirae Andreas entwickelte Methode The Wholeness Work®. Sie ist leicht zu lernen und hilft, die Intuition und das Gefühl der Ganzheit zu stärken. Durch regelmäßiges Praktizieren lassen sich stressige Erfahrungen abbauen, Spannungen lindern oder ganz aufzulösen und transformieren.
Emotionsregulation
Nach Julius Kuhl hängt die optimale Entwicklung der Person mitsamt der personalen Kompetenzen unter anderem davon ab, in wie fern Menschen lernen, ihre eigenen Gefühle so zu regulieren, dass sie z.B. auch unangenehme Wahrheiten aushalten können, ohne durch sie überfordert zu werden. Selbstwachstum entstehe nach ihm durch „Hinschauen statt Wegschauen“. Diese Form der Selbststeuerung erfordere das Verstehen der eigenen Gefühle und der Gefühle des Interaktionspartners, d.h. je nach den aktuellen Erfordernissen ermutigt, tröstet, versachlicht oder problematisiert. Wenn Sie Ihre spirituelle Intelligenz also stärken möchten, ist es hilfreich, das Wissen und den Umgang mit Emotionen zu schulen.
Spirituell intelligente Menschen fällt es leichter, angenehme (z.B. Dankbarkeit, Liebe, Freude) und unangenehme Emotionen (z.B. Angst, Trauer, Ärger) zu erkennen und sie entsprechend der Situation angemessen zu regulieren. Wenn Sie sich näher für Emotionsregulation interessieren, finden Sie zum Beispiel HIER einen Artikel zum Thema (Meta-) Emotionen und Resilienz.
Selbstreflexion
Bildung
Die persönliche Reflexion zu Werten, Sinnfragen und bisherigen Erfahrungen kann zur Klarheit über den eigenen Lebenszweck führen. Eine große Bedeutung erhält hier das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Wie wichtig es sein kann, das (spirituelle) Potential frühzeitig zu erforschen, zeigt sich klassisch in der beruflichen Orientierung. Steht die Berufswahl in Einklang mit der inneren Wahrheit und wichtigen Werten oder wird auf Grund des „materiellen Kapitals“ ein anderer Beruf gewählt? Wenn sich Zeit für Selbsterkundung gegeben wird, kann viel Frustration erspart und Sinnkrisen vorgebeugt werden.
Apropos Bildung: Gerade auch in Bezug auf Spiritualität kann das Lesen und Studieren von Texten aus verschiedenen spirituellen Traditionen dazu beitragen, neue Perspektiven zu gewinnen und das Verständnis für die eigenen spirituellen Bedürfnisse zu vertiefen.
Defokussierung
Menschen mit einer hohen spirituellen Intelligenz verfügen über die Fähigkeit, das Leben im Gesamtzusammenhang zu betrachten und verschiedene Teilbereiche miteinander zu vernetzen. Eine Übung, die wir aus dem Resilienz Training als sinnvoll erachten, ist die Defokussierung. Was würden Sie sagen, wenn wir Sie fragen, was Ihr 200 Jahresplan ist? Oder auch für welche 21 Dinge Sie heute dankbar sind? Defokussierung schafft Raum, sowohl um Neues zu entdecken als auch Unterschiede zu erkennen. Wir erkennen, was gerade gut und noch nicht so gut läuft oder welche Faktoren wir beeinflussen können und an welchen Stellen es wichtig ist, ins Vertrauen zu gehen.
Die spirituelle Intelligenz beinhaltet nach u.E. eben genau diese Aspekte. Wenn unser Blick eng ist, nehmen wir die Dinge um uns herum nicht mehr wahr und verkrampfen auch körperlich regelrecht. Wenn wir den Blick weiten, verändert sich nicht nur unsere Physiologie und Mimik, sondern auch unser Herz.
Integration
Auch der Austausch von Erfahrungen und Ideen mit Gleichgesinnten kann dazu beitragen, das spirituelle Wachstum zu fördern und neue Perspektiven zu gewinnen. Es geht darum wieder „Neues, Fremdes und noch nicht Integriertes“ bewusst zu machen. Damit ist nicht nur die eigene Person gemeint, sondern auch die Erwartungshaltungen und Bedürfnisse andere Menschen. Nach Julius Kuhl umfasst spirituelle Intelligenz kein Gegeneinander, sondern die Integration „widerstreitender Inhalte“. Hierfür braucht es eine gute Beziehung zu sich und untereinander. Er hebt hierzu die „personale Liebe“ hervor, die eine „authentische Selbstentwicklung in einem fried- und respektvollen Miteinander ermöglicht“ (Kuhl 2015).
Selbstwirksamkeit
Öffnung
Wirksamkeit steht dafür, die Selbststeuerung zu übernehmen und Einfluss auf die Situation zu haben. Im Konzept der seelischen Resilienz bedeutet Wirksamkeit für uns vor allem auch loszulassen und vertrauen. Vertrauen in das Wissen, nicht allein zu sein, sondern gemeinsam als „Wir“ Probleme und Krisen zu bewältigen. Die Verbindung zur höheren Wirklichkeit, die dabei hilft, sowohl „kleinen“ Dingen im Alltag mit mehr Leichtigkeit zu begegnen als auch schwere Zeiten durchzusehen. Als konkrete Praktiken bieten sich, wie erwähnt, Meditations- und Achtsamkeitsübungen sowie Intuitionsübungen, Journaling oder Wertearbeit an. Auch die Natur kann eine wichtige Quelle der Inspiration sein. Zeit in der Natur zu verbringen, kann helfen, den Geist zu beruhigen, das Bewusstsein zu öffnen und die Verbundenheit mit der Welt um uns herum zu spüren.
Haltung
„Selbstentwicklung – so hat es auch die neurobiologische Untersuchung der Bedeutung des Hippocampus für dialektisches Lernen bestätigt – setzt voraus, dass man in der Lage ist, immer wieder zwischen Stärke und Schwäche zu wechseln.“ – Prof. Dr. Julius Kuhl
Für die „optimale Entwicklung personaler Kompetenzen“ beschreibt Julius Kuhl, dass es nicht ausreiche, darauf zu schauen, was ein Mensch glaubt. Entscheidend sei „wie“ er es glaubt. „Hier ist eine Ergänzung der bisher sehr einseitigen Zentrierung auf die Inhalte des Denkens und Wollens notwendig“ (Kuhl 2015). In der spirituellen Intelligenz gehe es darum, die Aufmerksamkeit auf die Haltung zu verlagern und den Inhalten entsprechend anzupassen. Es sei grundlegend wichtig, die personalen Überzeugungen, Absichten und Gefühle für unser Handeln stetig zu überprüfen – ebenso wie es Menschen mit mentalen Inhalten und weltlichen Überzeugungen tun.
Er benennt hierzu das Beispiel aus der Geschichte des Christentums – schon vor Jahrhunderten von Jahren (weit fern von künstlicher Intelligenz) hatten die urchristlichen Gemeinden die Aufgabe, Wanderprediger in ihrer Haltung (und nicht den Inhalt) zu prüfen, um sie als falsche oder wahre Propheten zu unterscheiden.
Spirituelle Intelligenz hilft uns dabei, das intuitive Wissen zu aktivieren, das uns leichter Entscheidungen treffen lässt. Im Coaching der seelischen Resilienz wenden wir uns bewusst Methoden zu, durch die das Gefühl für die innere Weisheit gestärkt wird und gewissenhafte Entscheidungen getroffen werden können.
Wozu lohnt es sich, die spirituelle Intelligenz zu stärken?
Stress entsteht unter anderem durch zu starke Problemfokussierung, die wiederum dazu beiträgt, dass wir keinen guten Zugriff auf unser Potential, unsere Kreativität und Schöpferkraft haben. Lösungen bleiben uns dann oft wie versperrt oder wirbeln irgendwo im Nirgendwo herum. Ziel des (seelischen) Resilienz Coachings ist es deshalb immer, den Blick zu defokussieren und dass Stressniveau auf eine „gute Temperatur“ zu bringen, um aus diesem Zustand heraus, Emotionen wahrzunehmen, Gedanken zu sortieren und sich für Neues und öffnen zu können. Hierzu zählt auch das Visionieren und groß Träumen.
Das Potenzial spiritueller Intelligenz sollte unseres Erachtens unbedingt mehr in Veränderungsprozessen mit bedacht und gewürdigt werden. Sie ist es, die uns hilft, einen tieferen Sinn zu finden und die wahren Sehnsuchtsziele zu erkunden. Das gilt sowohl auf individueller, organisationaler und auch gesellschaftlicher Ebene.
Quellen:
- Kuhl, Julius (2015): Spirituelle Intelligenz. Glaube zwischen Ich und Selbst.
- Miller, Lisa (2021): The Awakened Brain, The psychology of Spirituality and our Search for Meaning.
- Zohar, Danah (2010): Zohar, Danah, Ian Marshall: 2004: Spiritual Capital – Wealth we can live by“.
- Bilder: www.depositphotos.com: Media worldwide technology concept @ SergeyNivens, Trust your intuition @PixelsAway, Intuition@agsandrew
Christina Comnick, M.A. Management–Education–Diversity (Sozial- und Gesundheitsmanagement), ist Kooperationspartnerin der Resilienz Akademie und Expertin für „Seelische Resilienz“. Gemeinsam mit Sebastian Mauritz entwickelt sie das Konzept und leitet die dazugehörige Fortbildung. Sie ist Resilienz-Trainerin & Coachin, Antigewalt- und Kompetenztrainerin und setzt sich seit ca. 15 Jahren für die Prävention seelischer Gesundheit und Krisenintervention ein. Ihre Schwerpunkte liegen auf den Themen: Sinn, Spiritualität, Intuition, Emotionsregulation und Deeskalation. (www.christinacomnick.de)
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 200 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de).