Warum die Metta-Meditation für Resilienz so interessant ist
Schauen Sie einmal kurz auf die vergangene Woche zurück. Gab es Momente, in denen Sie so etwas wie Mitgefühl empfunden haben? Und wenn ja – an wen richtete sich dieses Gefühl? Welche Aspekte führten dazu und waren Sie allein oder jemand bei Ihnen?
Spannend ist, dass wir höchstwahrscheinlich zuerst an Personen aus unserem Umkreis denken – zum Beispiel an den Großvater, an eine Kollegin, die Kinder oder Nachbarn etc. Wenn Sie einmal Ihre „Liste“ durchgehen:
- An welcher Stelle tauchen Sie selbst auf? Wann sind Sie das letzte Mal – mitfühlend- in Kontakt mit sich selbst gegangen?
- An welcher Stelle tauchen Menschen oder Lebewesen auf, zu denen Sie eher wenig bis gar keinen Kontakt haben?
- Und wann passiert es, dass Sie Mitgefühl mit Personen verbinden, die in Ihnen zum Beispiel Ärger oder eine Verletzung ausgelöst haben?
Welche der Ebenen nun die „Königsklasse“ ist, soll gar nicht bewertet werden und ist hoch individuell. Vielmehr geht es um das Bewusstsein darüber, dass wir aus unterschiedlichen Perspektiven auf Mitgefühl schauen und unsere (seelische) Resilienz damit stärken können. Mal angenommen, Sie würden feststellen: Es dürfte an der ein oder anderen Stelle noch ein klein bisschen mehr sein – dann gibt es die gute Nachricht: Mitgefühl lässt sich trainieren!
Eine wunderbare Methode dafür ist die „Loving-Kindness-Meditation“ – die englische Übersetzung für die traditionelle „Metta Meditation“. Ihren Ursprung hat sie im Buddhismus und findet heute großen Anklang im europäischen Raum. Sowohl im Kontext der neuen Spiritualität und Praktiken der Achtsamkeit, Yoga oder Retreats – als auch im Rahmen wissenschaftlicher Auseinandersetzungen, wie der Neurobiologie und Emotionsforschung.
Mittlerweile lassen sich eine Vielzahl von Anleitungen zur Durchführung der Metta-Meditation finden. Vor allem geht es darum, dass im Verlauf dieser Meditationsform die oben beschriebenen Phasen des Mitgefühls beleuchtet werden und durch eine grundlegend liebevolle Haltung, das Mitgefühl für sich selbst und allen anderen Lebewesen gegenüber, gestärkt wird. Und noch viel mehr!
Meditation zur Stressreduktion
Wenn wir uns im Resilienz Coaching und Trainings mit Meditationstechniken auseinandersetzen, dann überwiegend mit dem Ziel, Stress zu reduzieren, die Achtsamkeit und einen gesunden Selbstwert zu stärken und Heilungsprozesse anzuregen. Und Fakt ist: Meditation trägt zur Heilung bei. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Studien, die die positive Wirkung von Meditation auf das geistige, seelische und körperliche Wohlbefinden bestätigen. Greifbar und nachweisbar sind vor allem die mentalen Effekte durch die neuronale Veränderung im Gehirn. Durch regelmäßige Meditationseinheiten wird der präfrontalen Cortex (PFC) im Gehirn aktiviert – sozusagen unser zentrales Steuerungsnetzwerk. Besonders bei starkem Stress kommt es dazu, dass dieser PFC sich abschaltet und die Amygdala im limbischen System das Steuer übernimmt. Sie ist unser Alarmsystem – somit sind wir unter Stress permanent im Alarmmodus. Wenn aber der PFC aktiviert wird, kann sich die Amygdala beruhigen und wir sind wieder regulationsfähig.
Es geht also darum, zu schauen, was wir tun können, um das Alarmsystem zu beruhigen. Dazu gehört, sich sowohl Schutz- als auch Risikofaktoren anzuschauen. Hier sind auch die seelischen Verletzungen aus vergangenen Krisen gemeint oder Glaubenssätze, die zur Verbitterung und Entfremdung beitragen. Wichtig ist, das, was entfremdet oder zum Beispiel Angst macht, nicht zu verdrängen, sondern zu integrieren. Eine hoch effektive Methode dafür ist auch „The Wholeness Work®“, die von Dr. Connirae Andreas entwickelt wurde und durch einen gut strukturierten Prozess dabei hilft, stressige Erfahrungen abzubauen und alltägliche Spannungen zu lindern oder ganz aufzulösen und zu transformieren. Lesen Sie HIER mehr dazu.
Mitgefühl als Schutzfaktor
Mitgefühl wird mit Empathie und altruistischen Verhalten sowie emotionaler Intelligenz verbunden – ebenso wie die Empathie. Es gibt hier aber einen wichtigen Unterschied, auch wenn beide in der Regel synonym verwendet werden. Mitgefühl ist eine Emotion und hat einen nachweislich positiven Wirkung auf unser Stresssystem, zum Beispiel durch die Ausschüttung des Hormons Oxytocin und Aktivierung der Hirnareale, die unter anderem das Zugehörigkeitsgefühl stärken. Mitgefühl steht in Verbindung mit einer Haltung der Annahme und Mitfühlens von Glück als auch Leid (und auch hier: bitte nicht verwechseln mit „Mitleid“). Gerade in Krisen oder unter hohem Stress, hilft Emotionsregulation, in dem mit der Emotion Mitgefühl gearbeitet wird.
Empathie
Empathie ist dagegen die „Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen“ (Duden 2023). Der Begriff Empathie stammt aus dem altgriechischen „empátheia“, „em–“ = „in, darin, hinein“ und „pathos“ = „Gemütsstimmung, Seelenbewegung“ (WeLex 2020). Empathie steht also schon von der Wortherkunft eng mit der seelischen Gesundheit in Verbindung. Prof. Dr. Tatjana Singer ist soziale Neurowissenschaftlerin und Psychologin und ist weltweit für ihre Forschung insbesondere zu den Themen Empathie und Mitgefühl bekannt. Sie beschreibt Empathie als Fähigkeit einer emotionalen Resonanz mit anderen (Singer et. al 2013).
Empathie ist somit eine Art Kompetenz, die auch ein zentraler Bestandteil von Berufen, beispielsweise der Profession Sozialer Arbeit, ist. Empathie ist eine notwendige Voraussetzung, um andere Menschen in einem professionellen Rahmen begleiten zu können. Eine Unterscheidung hierfür liegt in der kognitiven und affektiven Empathie. Kognitive Empathie steht sozusagen für die Verstehbarkeit – wir verstehen die Gefühle des anderen. Das bedeutet auch, dass wir sie nicht unbedingt selbst fühlen müssen! Kognitive Empathie hilft, um ein gesundes Nähe-Distanz-Verhältnis in helfenden Berufen zu schaffen und lässt sich durch Modelle und Techniken verbessern. Die affektive Empathie, auch emotionale Empathie, wird besonders mit dem Mitgefühl verbunden. Durch sie fühlen wir, was unser Gegenüber fühlt. Um Mitgefühl hiervon noch etwas abzugrenzen, kann eben gesagt werden, dass Empathie die Kompetenz ist, Leid und Freude zu teilen und diese (mehr oder weniger gezielt) aufzunehmen. Mitgefühl ist die Emotion. Wir sorgen uns, trösten, fühlen zum Beispiel im Gespräch die Wärme, Liebe, Kälte, Trauer, Freude.
Impathie
Neben der Empathie möchten wir an dieser Stelle unbedingt noch auf ein weiteres Konzept aufmerksam machen. Die „Impathie“ beschreibt die Fähigkeit, sich in sich selbst einzufühlen und bezieht damit das Selbstmitgefühl mit ein. Die Psychologin und Wissenschaftlerin Dr. Stefanie Neubrand entwickelte die „Impathie“ (introversive Empathie) und forscht dazu seit mehr als 10 Jahren. Im Resilienz Kongress 2023 gab sie einen spannenden Einblick in ihre Erkenntnisse und Erfahrungen. „In der psychologischen Forschung und Praxis wird der Impathie eine herausragende Bedeutung für die Wiederherstellung und Erhaltung der psychischen Gesundheit beigemessen. Von besonderem Interesse ist, dass sie gezielt trainiert werden kann“. Den Beitrag finden Sie im Kongresspaket 2023, das Sie hier buchen können: www.resilienz-kongress.de/kongresspaket
Sowohl Empathie als auch Impathie können also als wichtige Voraussetzungen verstanden werden, um Mitgefühl zu stärken und Stress zu regulieren. Dabei geht es eben nicht allein um das Einfühlungsvermögen „nur“ anderen gegenüber, um sozusagen Frieden im Außen zu schaffen. Genauso geht es um die Frage, wie einfühlsam wir mit uns selbst sind und den inneren Frieden stärken.
Was hinter der Metta-Meditation steckt
Bevor wir auf die Methode eingehen, lassen Sie uns kurz die Begriffe näher anschauen.
Metta
„Metta“ kommt aus der mittelindischen Sprache Pali. Genauer gesagt aus der Metta-Sutta, einer Lehrrede von Buddha über die Güte. Metta (Sanskrit: Maitrī) wird entsprechend mit Güte, Allgüte oder Freundlichkeit übersetzt. Ein Vers aus der Metta-Sutta ist zum Beispiel: „Wie eine Mutter ihren eigenen Sohn, ihr einzig Kind mit ihrem Leben schützt, so möge man zu allen Lebewesen entfalten ohne Schranken seinen Geist!“ (übersetzt von K. Seidenstücker; Vgl. Wikipedia). Entsprechend wird im buddhistischen Sinne die bedingungslose Liebe gemeint, die sich auch in anderen Meditationspraktiken wiederfindet.
Übersetzung ins Englische: Loving Kindness
Loving Kindness steht wortwörtlich für die „liebende Freundlichkeit“. Eine Freundlichkeit gegenüber anderen und die Selbstfreundlichkeit, die sich vor allem auch auf Schmerzhaftes und Leiderfahrungen bezieht. Mit ein Stück Sanftmut uns selbst gegenübertreten und die Wunden ansehen, die wir tragen.
Übersetzung ins Deutsche: Terminus der Güte
Wir finden auch die Übersetzung der „liebenden Güte“. Güte wurde früher auch als „Herzensgüte“ bezeichnet und steht für eine Haltung der Freundlichkeit. Im Wertelexikon finden wir die Beschreibung:
„Der Begriff Güte [oder Gütigkeit] bezeichnet ein qualitatives Attribut im Sinne von Nächstenliebe und Menschlichkeit. Er wird zumeist im historisch spirituellen Kontext verwendet und besagt hier, dass ein Mensch grundsätzlich „Gutes“ tun und „Gnade“ zeigen soll. Gleichermaßen wird der Begriff auch dazu verwendet, um sich selbst an etwas „gütlich zu tun“ = sich etwas reichlich gönnen. (…).“ (WELEX).
Hierbei wird deutlich, dass es zum einen um eine Haltung geht, die sich von Egoismus löst und auf den anderen, den Nächsten schaut. Die Güte steht außerdem in Bezug zur Transzendenz und spirituellen Lebens. Die Loving-Kindness-Meditation hat ja genau hier ihren Ursprung – in der Religion, insbesondere dem Buddhismus. Entsprechend findet sie auch besonderen Platz, um die Seelische Resilienz zu stärken.
Und dann gibt es noch die Liebe:
Hier ist nicht unbedingt die romantisierte Liebe gemeint – vielmehr die allumfassende Liebe. Diese Liebe, die viel größer ist, als das, was wir augenscheinlich greifen und beschreiben können. Die Heilung bringt und uns in der Ganzheit verbindet, mit allen Lebewesen. Diese Liebe wird, wie oben beschrieben, mit der bedingungslosen Mutterliebe verglichen. Sie hat keine Ansprüche oder Erwartungen. Sie ist einfach da. Die Einladung des Lebens besteht wohl darin, sich in diese Liebe fallen zu lassen. Sie nicht nur „erkennen“, sondern sie zu erfahren und als wahrhaftig zu kultivieren – wie vielleicht eine Art Decke, die man sich überwirft. Gerade dann, wenn das Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit da ist.
Während der Durchführung der Metta-Meditation kann die liebevolle Wärme entstehen, die man selbst spüren darf und anderen sendet. Um unsere Resilienz zu stärken, ist es wichtig, diese Liebe (wieder) wahrzunehmen und die liebevolle Güte zu „nutzen“ – gerade wenn wir (oder andere) in Not sind oder unter hohem Stress keine Lösungswege erkennen können.
Wie die Metta-Meditation durchgeführt werden kann
Jetzt wird es praktisch. Die Metta-Meditationsübung dient dem Zweck, eine wohlwollende Haltung einzunehmen und zu kultivieren – und das allen fühlenden Wesen gegenüber.
Vorab ein paar Hinweise
- Treffen Sie bewusst die Entscheidung: Für ein bisschen Zeit der Selbstfürsorge und Nächstenliebe, um Ihre seelische Reslilienz zu stärken!
- Wählen Sie entsprechend einen Zeitpunkt und einen Ort, an dem Sie ungestört sind
- Schalten Sie am besten Ihr Handy aus! (… und alles andere, was stören könnte)
- Nehmen Sie eine Meditationshaltung ein – wie auch immer die aussehen mag. Schauen Sie, dass es Ihnen gut geht und Sie sich entspannen können
- Richten Sie Ihre Konzentration bestenfalls auf Ihren Atem
- Es gibt eine Vielzahl von Variationen der Durchführung. Die Formulierungen unterscheiden sich je nach Auslegung und Traditionsform. Wählen Sie die, mit der Sie sich wohl fühlen!
Die gute Nachricht ist für alle Menschen, die ein Bedürfnis nach Struktur und Ordnung haben: Es gibt einen Plan! :-)
Die Metta-Meditation folgt, ähnlich wie in der Meditationstechnik „The Wholeness Work®„, einem strukturierten Vorgang. Sie können sozusagen die Sätze „einstudieren“, sodass sie irgendwann ganz automatisch abrufbar sind. Vielleicht möchten Sie den Beispielen folgen oder sich eigene Noitzen machen. Schauen Sie, welchen Unterschied es macht und was passiert, wenn Sie in ein paar Wochen wieder drauf blicken!
Durchführung
Das folgende Beispiel ist angelehnt an die Ausführungen von Sebastian Purps-Pardigol (Buch: Leben mit Hirn 2021):
- Person 1 – vorbehaltlose Liebe: Zuerst werden die unten stehenden Worte an eine nahestehenden Person gesendet. Hier denken Sie an eine Person, die Sie vorbehaltlos lieben. Das kann ein Menschen sein oder ein Lebewesen.
- Person 2 – das ist Ihr Platz: Jetzt werden die Worte der liebenden Güte sich selbst zugesprochen. Denken Sie an sich selbst, während Sie das Gefühl von Zugewandtheit, Wohlwollen und Liebe weiterhin in sich spüren.
- Person 3 – gute:r Freund:in: In der dritten Runde werden die Worte an einen guten Freund oder eine gute Freundin gesendet. Bleiben Sie mit dem in den vergangenen beiden Runden entstandenen Gefühl von liebevoller Zugewandtheit verbunden. Vielleicht gibt es bestimmte Ereignisse und Erinnerungen, die Sie mit diesem Menschen verknüpfen, die es Ihnen leichter machen, mit der liebevollen Zugewandtheit in Kontakt zu bleiben.
- Person 4 – jmd. Neutrales: Jetzt richten wir die Aufmerksamkeit auf eine neutrale Person oder an eine neutrale Personengruppe. Das kann das Kassenpersonal im Supermarkt sein, die Busfahrenden oder vielleicht auch ein neben Ihnen wohnender Mensch oder eine Personengruppe. Wer auch immer Ihnen gerade in den Sinn kommt und für Sie passt.
- Person 5 – ein schwieriges Verhältnis: Fokussieren Sie sich jetzt auf jemanden, mit dem Sie gerade ein eher schwieriges Verhältnis haben. Zum Beispiel eine Person, die Sie „auf die Palme“ bringt oder der sie in der Mittagspause aus irgendeinem Grund aus dem Weg gehen. Fangen sie „klein“ an – eine Steigerung ist immer möglich und wird (mit großer Wahrscheinlichkeit) auch kommen, wenn sie die Meditation regelmäßig praktizieren.
Bei jeder der fünf Personen, an die Sie denken, sagen Sie sich jetzt innerlich die folgenden Sätze. Versuchen Sie, in den jeweiligen Satz hineinzufühlen und schauen Sie, was der Satz für Sie bedeutet.
- Mögest Du glücklich sein!
- Mögest Du gesund sein!
- Mögest Du die Wellen deines Lebens reiten!
- Mögest Du in Frieden sein!
- … was auch immer das Leben Dir anbietet! (Sebastian Purps-Pardigol 2021)
Ein weiteres Beispiel der persönlichen Formulierung wäre:
- Mögest Du gesund sein!
- Mögest Du frei sein von Hass, Gier und Verblendung!
- Mögest Du erfüllt sein!
- Und mit Liebe und Zuversicht durchs Leben gehen.
Oder auch:
- Mögest Du glücklich sein!
- Mögest Du gesund sein!
- Mögest Du sicher sein!
- Mögest Du in Leichtigkeit leben. (Germer/Neff in: Singer 2013)
Die letzte Variante wird von Christoph Germer und Kersstin Nett im Rahmen der Forschungsarbeit von Prof. Dr. Tania Singer empfohlen. Hier wird der Hinweis gegeben, die Sätze für sich wiederholt zu sprechen und sich auf die Intentionen zu fokussieren. Entsprechend können auch „(…) alternative Möglichkeiten der Verbindung mit einem Gefühl von Wohlwollen und Anteilnahme eingesetzt werden, etwa mentale Bilder oder eine Konzentration auf Körperempfindungen der Leichtigkeit und Wärme. Diese Intentionen werden zunächst auf nahestehende Menschen und auf sich selbst gerichtet. Dann können sie schrittweise auch auf Menschen ausgeweitet werden, die emotional als neutral oder sogar schwierig erlebt werden.“ (Germer/Neff in: Singer 2013).
Weitere Tipps und Tricks
- Sebastian Purps-Pardigol empfiehlt: „Manchen Menschen fällt niemand ein, wenn sie sich zum ersten Mal mit dieser Methode beschäftigen. Sollte das bei Ihnen der Fall sein, dann denken Sie an einen Hundewelpen, an ein Kätzchen oder an irgendein anderes Lebewesen, dem gegenüber Sie das unmittelbare Gefühl von Wohlwollen empfinden können.“ (…)
- Ebenso kann es anfangs schwierig sein, an sich selbst zu denken und dabei Liebe zu empfinden: „Wenn Sie sich selbst als Gesamtperson nicht vorbehaltlos annehmen können, dann mögen Sie vielleicht doch einen bestimmten Anteil von sich. Hier ist ein hilfreicher Trick: Denken Sie an einen Teil Ihrer Persönlichkeit oder an eine jüngere Version von sich selbst, und fühlen Sie dabei das Gefühl von Liebe. Sobald Ihnen das gelungen ist, lassen Sie diesen Zustand etwas intensiver werden.“
- Die Verletzung von Werten und Missständen kann bei dieser Meditation eine zentrale Rolle spielen. Sorgen Sie deshalb gut für sich und schauen Sie am besten, dass Sie am Anfang nicht Ihr „Lebensthema“ wählen, sondern mit kleinen Schritten anfangen. Hilfreich kann die Form der angeleiteten Metta-Meditation sein. Einerseits für „Anfänger“, um den Zugang zu schaffen und die Struktur zu verstehen. Oder laut Prof. Dr. T. Singer (et.al) auch für Erfahrenere oder in einer Partnerübung, um den „Unterschied auf dem Erfahrungsweg zugänglich zu machen“ und damit „hilfreiche (mitfühlende) Wege der Anteilnahme von anderen von potenziell eher nachteiligen (rein empathische) Ansätze“ unterscheiden zu können.
- Last but not least gilt: Wir wollen Stress reduzieren– nicht aufbauen! ;-) So, wie es ist, ist es richtig. Wenn Sie merken, dass es gerade nicht „funktioniert“, dann ist das völlig okay. Ein Vorschlag wäre, dass Sie dann zum Beispiel die ersten zwei Punkte nehmen und diese am Abend vor dem Schlafengehen wiederholen.
Wozu wir die Metta-Meditation brauchen
Um unsere Resilienz zu stärken, ist es sehr hilfreich, Techniken zu erlenen, die dazu beitragen, dass der Präfrontalen Cortex im Gehirn so lange wie möglich angeschaltet bleibt und wir uns auch unter hoher Stresseinwirkung weiter orientieren und klar denken können. Meditation trägt genau dazu bei – die „goldene Regel“ hierbei lautet: Wiederholung schafft Vertiefung… und Mitgefühl!
Einmal im Monat zu meditieren gleicht dem Versuch, durch das sommerliche Schwimmengehen, die körperliche Fitness stärken zu wollen. Klar ist: Das ist besser als gar nichts! Absolut – doch die Kraft und Wirkung von Meditation auf unser Stresssystem entfaltet sich, wenn wir dran bleiben und sie in unser Leben als „Trainingseinheit“ integrieren. Auch wenn es anfangs schwer sein kann, es kann sich lohnen. Das bedeutet nicht, dass die Meditation für jeden etwas ist. Es gilt bei allen Techniken, herauszufinden, was für einen persönlich sinnvoll und nützlich erscheint. Die Haltung der Neugier und Offenheit hilft aber definitiv. ;-)
Für die seelische Resilienz
Auf seelischer Ebene bestätigen viele Gelehrte und spirituelle Menschen die Wirkung der Loving Kindness Meditation. Hier sei angemerkt, dass der Inhalt auch in anderen Religionen zu finden ist, beispielsweise im Christentum durch die Kultivierung von Selbst- und Nächstenliebe mit entsprechenden Gebeten, Gesängen und Psalmen. Diese werden auch, wie Affirmationen und Mantra, im inneren Dialog gesprochen, „versendet“ und verfestigt. Es ist es spannend, im interreligiösen Dialog zu recherchieren und zu erkennen, dass alle uns bekannten Weltreligionen das Mitgefühl in Form von Meditation und spirituellen Praktiken vereint. Hier sind wichtige Werte, wie Versöhnung und Vergebung, eingeschlossen, wozu die Loving Kindness Meditation beiträgt. Güte und Mitgefühl verbinden. Sie veredeln den Menschen langfristig, führen den Menschen zur Ganzheit, zur Heilung, zum Guten, anstatt zum Schlechten – man könnte sagen: Sie sind seelische Schutzfaktoren und schützen uns vor Risikofaktoren, die die Seele angreifen.
Abschließend lässt sich festhalten:
Die Loving-Kindness-Meditation bietet sich an, wenn Sie zum Beispiel…
- … Ihr Stressempfinden reduzieren möchten
- … Schlafstörungen und innere Unruhe feststellen
- … wütend auf jemanden sind
- … nicht wissen, wie Sie mit der Not anderer umgehen sollen (Wenn das Gefühl von „Machtlosigkeit“ aufkommt, hilft es, einen Gedanken des Lichts und der Liebe zu versenden)
- … Schwiergkeiten haben, mit dem Verhalten einer anderen Person
- … Veränderungen nur schwer akzeptieren können
- … ihr Selbstmitgefühl stärken möchten
- … Ihre Intuition – den Zugang zu Ihrem unbewussten Wissen trainieren möchten
- … etwas oder jemanden loslassen möchten
- … einfach nur aufrichtige Liebe senden und alles Lebende umarmen möchten!
Und vieles mehr. Was ist es bei Ihnen?
Viel Freude und: Mögen Sie glücklich sein!
Quellen:
- Germer/Neff: Das „Mindful Self-Compassion“-Training. In: Singer, T./Bolz, M.: Mitgefühl in Alltag und Forschung 2013, online unter: compassion-training.org.
- Khema, A. Buddha ohne Geheimnis: Die Lehre für den Alltag 1992.
- Purps-Pardigol, S.: Leben mit Hirn 2021.
- Schumann, H.W.: Handbuch des Buddhismus: die zentralen Lehren: Ursprung und Gegenwart 2000.
- Wertelexikon WELEX, online unter: www.wertelexikon.de, www.values-academy.de/guete
- Bilder: www.pixabay.com; www.depositphotos.com: Woman yoga illustration @ Monash, Pixabay.com
Christina Comnick, M.A. Management–Education–Diversity (Sozial- und Gesundheitsmanagement), ist Kooperationspartnerin der Resilienz Akademie und Expertin für „Seelische Resilienz“. Gemeinsam mit Sebastian Mauritz entwickelt sie das Konzept und leitet die dazugehörige Fortbildung. Sie ist Resilienz-Trainerin & Coachin, Antigewalt- und Kompetenztrainerin und setzt sich seit ca. 15 Jahren für die Prävention seelischer Gesundheit und Krisenintervention ein. Ihre Schwerpunkte liegen auf den Themen: Sinn, Spiritualität, Intuition, Emotionsregulation und Deeskalation. (www.christinacomnick.de)
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 200 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de).