Grundlagen der Stressbewältigung

Stress gehört zum Leben – doch wenn er uns dauerhaft belastet, kann er Körper und Geist schaden. Ohne eine bewusste Stressbewältigung kann Stress chronisch werden und unser Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. In der Wissenschaft spricht man von „Coping“, also Strategien zur Bewältigung von Stress. Es gibt viele Wege, mit Stress umzugehen – manche sind hilfreich, andere weniger. Wir werfen im Folgenden einen Blick darauf, wie Menschen insgesamt mit Stress umgehen, und was einen noch besseren Umgang fördert.

Warum brauchen wir Stressbewältigung?

Stress ist ein natürlicher Bestandteil unseres Lebens und das ist tatsächlich auch sehr gut so. Denn Stress motiviert uns und liefert uns die Energie, um Herausforderungen zu meistern. Stress an sich ist kein Problem. Doch wenn Stress dauerhaft anhält oder zu intensiv wird, kann er unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit senken. Hierfür ist Stressbewältigung nicht nur hilfreich, sondern dringend notwendig.

Geht Stress von allein weg?

Resilienz Akademie | Grundlagen der StressbewältigungStress hat sich aus Sicht der Evolutionsbiologie als Kurzzeit-Notfall-System bewährt. Kurzfristiger Stress war die Lösung, um uns körperlich und geistig auf Flucht oder Kampf vorzubereiten. Durch das anschließende Ausführen einer der beiden Handlungen wird der Stress reguliert und die Stressreaktion klingt ab. Auch heute haben wir noch solche kurzfristigen Stresssituationen, zum Beispiel bei Lampenfieber vor einem Auftritt oder die Anspannung vor einer Prüfung. Doch wenn der Stress häufig auftritt oder lange anhält, dann bleibt er im System gespeichert.

Denn die heutigen Stressoren sind in den seltensten Fällen wilde Tiere, vor denen wir uns verteidigen müssen, sondern Dauerstress durch Zeitdruck, soziale Konflikte oder hohe Erwartungen. Das führt aber dazu, dass unser Körper oft im Alarmzustand verharrt, auch wenn der eigentliche Stressauslöser längst vorbei ist. Es reicht daher nicht zu hoffen, dass der Stress von allein weggeht, wir müssen aktiv unser System regulieren, um wieder in Balance zu kommen.

Hier sind typische Anzeichen dafür, dass Stress nicht von allein weggeht:

  • Ihr Gedankenkarussell hört nicht auf zu kreisen
  • Sie schlafen schlecht oder wachen erschöpft auf
  • Ihr Körper zeigt Symptome wie Muskelverspannung, Kopfschmerzen oder Magenbeschwerden
  • Sie reagieren gereizt oder empfindlich, selbst bei kleinen Herausforderungen

Was passiert ohne Stressbewältigung?

Gerade mit den Risikofaktoren unserer heutigen komplexen und sich schnell wandelnden Welt, können wir nicht einfach darauf hoffen, dass Stress von allein verschwindet. Dafür unterscheidet sich unsere Lebensrealität im Vergleich zu der unserer Urur-Vorfahren, von denen wir die Funktionsweise unseres Stresssystems geerbt haben, zu sehr.

Ohne Stressbewältigung bleibt unser Körper in einem anhaltenden Alarmzustand, der langfristig unsere Gesundheit, unsere Emotionen und unser Verhalten negativ beeinflussen, weil es zu chronischem Stress kommt. Hier zeigen wir kurz ein paar der häufigsten Auswirkungen von chronischem Stress auf.

Körperliche Folgen von chronischem Stress

Resilienz Akademie | Grundlagen der StressbewältigungHerz-Kreislauf-Erkrankungen: Dauerhaft erhöhter Blutdruck und eine gesteigerte Herzfrequenz belasten das Herz und erhöhen das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.

Schwächung des Immunsystems: Chronischer Stress senkt die Immunabwehr, wodurch wir anfälliger für Infektionen und Entzündungen werden.

Magen-Darm-Beschwerden: Viele Menschen spüren Stress im Bauch – er kann Verdauungsprobleme, Magenschmerzen oder Reizdarmsyndrom begünstigen.

Verspannungen und Schmerzen: Stress führt häufig zu Muskelverspannungen, Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen.

Schlafstörungen: Ein überlastetes Nervensystem erschwert das Einschlafen und sorgt für unruhigen Schlaf – ein Teufelskreis, denn zu wenig Erholung verstärkt wiederum den Stress.

Mentale und emotionale Auswirkungen

Erhöhte Reizbarkeit: Die emotionale Belastbarkeit nimmt ab, sodass wir auf kleine Ärgernisse stärker reagieren als sonst.

Konzentrationsprobleme: Stress beeinträchtigt unser Arbeitsgedächtnis und unsere Fähigkeit, klar zu denken oder Entscheidungen zu treffen.

Erhöhtes Risiko für Angst und Depressionen: Chronischer Stress kann zu anhaltender Anspannung, Sorgen und einem Gefühl der Überforderung führen. In vielen Fällen ist er ein Risikofaktor für depressive Verstimmungen oder Angststörungen.

Verhaltensänderung durch Stress

Ungesunde Ernährung: Emotionales Essen, Heißhunger auf Süßes oder unregelmäßige Mahlzeiten sind häufige Stressreaktionen.

Übermäßiger Konsum von Alkohol, Nikotin oder Koffein: Viele Menschen greifen zu stimulierenden oder beruhigenden Substanzen, um mit Stress umzugehen – mit negativen Folgen für die Gesundheit.

Sozialer Rückzug: Wer sich überfordert fühlt, vermeidet oft soziale Kontakte – doch fehlende Unterstützung verstärkt das Stressempfinden.

Prokrastination oder Überarbeitung: Manche Menschen reagieren auf Stress mit Aufschieben, andere mit übermäßigem Perfektionismus und Leistungsdruck.

Sie sehen, ohne aktive Stressbewältigung können wir in eine chronische Überbelastung unseres Stresssystems kommen, was uns in eine Abwärtsspirale aus körperlicher Erschöpfung, emotionaler Belastung und ungesunden Verhaltensmustern führt. Natürlich beeinflussen sich dabei Körper und Psyche ständig gegenseitig. Der Schlüssel liegt also darin, rechtzeitig mit Stressbewältigung gegenzusteuern.

Was ist Stressbewältigung?

Resilienz Akademie | Grundlagen der StressbewältigungStressbewältigung umfasst jene Strategien, mit denen Menschen versuchen, belastende Situationen zu meistern und Stress zu minimieren. Tatsächlich handelt es sich dabei nicht nur um bewusste, sondern auch um unbewusst eingesetzte Mechanismen, die helfen, mit Problemen, Stress und Krisen resilient umzugehen.

In der Forschung wird hier der Begriff „Coping“ verwendet.

Definitionen

„Coping bezeichnet die ständig wechselnden kognitiven und verhaltensbezogenen Anstrengungen einer Person, um spezifische externe und/oder interne Anforderungen zu bewältigen, die als belastend oder die eigenen Ressourcen übersteigend eingeschätzt werden.“ (Lazarus & Folkman, 1984)

„Coping umfasst alle regulierenden Prozesse, die Menschen nutzen, um emotionale, motivationale und kognitive Herausforderungen in schwierigen Situationen zu bewältigen.“ (Skinner, Edge, Altman, & Sherwood, 2003)

„Coping umfasst bewusst eingesetzte, situationsspezifische Strategien zur Stressbewältigung, die darauf abzielen, Belastungen entweder zu reduzieren oder sich emotional an sie anzupassen.“ (Schwarzer & Knoll, 2003)

„Coping bezeichnet bewusst gewählte Reaktionen auf Stress, die entweder auf das Problem selbst (problemfokussiert) oder auf die Regulation der Emotionen (emotionsfokussiert) abzielen.“ (Carver, Scheier, & Weintraub, 1989)

Alle diese Definitionen haben gemeinsam, dass sie Coping als einen aktiven, dynamischen Prozess betrachten, der darauf abzielt, mit belastenden Situationen umzugehen. Sie betonen, dass Coping sowohl kognitive (gedankliche Bewertungen und Umdeutungen) als auch verhaltensbezogene Strategien umfasst, die je nach Situation angepasst werden.

Copingstile nach Carver, Scheier & Weintraub, 1989

In der psychologischen Forschen kann man verschiedene Copingstile von Menschen voneinander unterscheiden. Dabei handelt es sich um Präferenzen in der Stressbewältigung, nicht um pauschale Muster, die in jeder Situation abgespielt werden.

Die Forschenden Carver, Scheier und Weintraub entwickelten 1989 einen Fragebogen mit 14 (später erweitert auf 15) Items, wie Menschen Stress bewältigen – die sogenannte COPE-Scale. Die Forschenden teilen Coping in neun funktionale und sechs dysfunktionale Strategien ein, allerdings hängt unserer Meinung nach die Funktionalität der Stressbewältigung am Kontext und an der genutzten Zeitspanne. Aus diesem Grund schlagen wir folgende Einteilung vor:

Zunächst lassen sich vier grundlegende Kriterien unterscheiden. Problemfokussiertes Coping und emotionsfokussiertes Coping sind in der Forschung die gängigsten Unterscheidungskriterien. Zusätzlich können die Strategien in jeweils diesen beiden Kategorien entweder reaktiv oder proaktiv ausfallen. Und dann kommt noch eine trennende Komponente ins Spiel. Wir haben sie bei dem englischen Begriff belassen, da dieser am klarsten verständlich ist: Engagement und Disengangement – sowohl beim problemfokussierten als auch emotionsfokussierten Coping. Diese Komponente zeigt auf, inwiefern Aktivität bzw. Beteiligung bei der Stressbewältigung involviert ist.

Hier sehen Sie eine Abbildung mit der Einteilung der Coping-Strategien. Für eine ausführliche Beschreibung der jeweiligen Strategie, lesen Sie sich unseren Blogartikel zu den 15 Coping-Strategien durch: Die 15 Coping-Strategien – Wie wir mit Stress umgehen.

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15 Copingstile nach Carver, Scheier & Weintraub, 1989

Copingstile nach Skinner, Edge, Atman & Sherwood, 2003

Auf der Suche nach einer übergreifenden Struktur haben die Forschenden Skinner, Edge, Atman & Sherwood eine Metaanalyse mit über 100 Einschätzungen aus anderen Forschungen durchgeführt und sind 2003 zu einer Clusterung der Copingstile in verschiedene „Familien“ gekommen.

Das Grundgerüst dieser Sortierung bilden die drei übergeordneten Kategorien „Bezogenheit“, „Kompetenz“ und „Autonomie“. Jede der hier einzuordnen Copingstile kann dann noch in Verhalten (V) – als Pendant zum problemfokussierten Coping, Emotion (E) – als Pendant zum emotionsfokussierten Coping, und in Orientierung (O) eingeteilt werden.

Allerdings führen die Forschenden noch eine Unterscheidung ein, die sich auch jeweils aufteilt. Innerhalb der drei übergeordneten Kategorien wird noch eine Unterscheidung in der Stresswahrnehmung eingeführt, die sie als Herausforderungen und Bedrohungen einordnen. Und jede Herausforderung und Bedrohung innerhalb einer Kategorie wird dann noch in „Selbst“ und „Kontext“ geteilt. Daraus ergibt sich eine Matrix mit insgesamt zwölf Copingstil-Familien.

In der Abbildung sehen Sie die eingeteilten Copingstile.

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12 Coping-Cluster nach Skinner, Edge, Atman & Sherwood, 2003

Wie können wir unsere Stressbewältigung verbessern?

Vielleicht erkennen Sie sich und Ihre Muster schon beim Lesen der Begriffe in den Tabellen wieder. Vielleicht kommen Ihnen beim Lesen der Begriffe auch Gedanken, wie Sie in der ein oder anderen Situation noch hätten reagieren können. Das Schöne an der Stressbewältigung ist, dass sie dynamisch ist. Das bedeutet, wir werden eben nicht mit einem festgelegten Programm des Copings geboren, sondern wir können uns anpassen und neue Muster des Gelingens etablieren.

Selbstreflexion als erster Schritt

Bevor Sie sich nun daran machen, Ihre Stressbewältigung aktiv zu verbessern, müssen Sie sich aber zunächst eine zentrale Frage stellen:

Wie gehe ich eigentlich mit Stress um?

Unser individueller Copingstil – also die Art und Weise, wie wir mit Stress umgehen – ist oft tief in unseren Erfahrungen und Gewohnheiten verankert. Manche Menschen neigen dazu, Probleme direkt anzugehen (problemfokussiertes Coping), während andere eher ihre Emotionen regulieren (emotionsfokussiertes Coping) oder den Stress vermeiden. Eine wichtige Erkenntnis ist: Keine dieser Strategien ist per se falsch, aber sie sind nicht in jeder Situation gleich wirksam.

Ein funktionierendes Coping bedeutet nicht, dass wir immer dieselbe Strategie verwenden. Vielmehr ist es wichtig, flexibel auf verschiedene Stressoren zu reagieren. Wenn eine Strategie langfristig nicht die gewünschten Effekte bringt oder sogar zu mehr Belastung führt, ist es Zeit für eine bewusste Anpassung.

Aus diesem Grund ist es elementar, dass Sie zunächst sich selbst und Ihre Stressbewältigung reflektieren, um sie anschließend funktionaler zu gestalten und an verschiedene Herausforderungen anpassen zu können.

Die folgenden Fragen können Sie bei Ihrer Selbstreflexion unterstützen:

  • Wie reagiere ich spontan meistens auf Stress? Ziehe ich mich zurück, werde ich aktiv oder lenke ich mich ab?
  • Welche Copingstrategien haben mir in der Vergangenheit wirklich geholfen?
  • Welche Strategien verstärken meinen Stress auf lange Sicht eher?
  • Wie flexibel bin ich in meinem Coping? Habe ich verschiedene Strategien oder verlasse ich mich immer auf dieselbe?

3+1 universelle Resilienz-Tipps für eine bessere Stressbewältigung

Im Anschluss stellt sich dann die Frage, wie wir unser Stressbewältigung aktiv verbessern können. Wie bereits erwähnt, ist der beste Weg zur Verbesserung der Stressbewältigung die Anpassung. Was funktioniert in welchen Situationen schon gut und was davon kann in den Situationen hilfreich sein, die Ihnen längerfristig Stress schenken?

Es gibt keinen einzigen goldenen Weg zur Stressbewältigung, nicht die eine Copingstrategie, die zur Erleuchtung führt. Doch es gibt ein paar universelle Tipps, die Ihnen dabei helfen können, Ihre Copingstrategie leichter anzupassen und situationsabhängig dysfunktionale Muster durch funktionale zu ersetzen.

Atmung

Resilienz Akademie | Grundlagen der StressbewältigungDie Atmung bewusst dafür einzusetzen, um besser mit einer herausfordernden Situation oder dem allgemeinen Stressempfinden umzugehen, könnte man auch als aktives Coping verstehen. Allerdings sprechen wir die Atmung hier als übergreifende Strategie an, weil sie die Grundlage für eine hohe Anpassungsfähigkeit und gelingende Stressbewältigung ist.

Wie bereits erwähnt, bedeutet Stress, dass unser Nervensystem in Alarmbereitschaft ist – Herzschlag und Blutdruck steigen, Muskeln spannen sich an und Atmung wird flach und schnell. Wenn wir dagegen nun bewusst tief und langsam atmen, aktiviert das den sogenannten Parasympathikus, der Zweig unseres Nervensystems, der für Entspannung zuständig ist. Dieser signalisiert dem Gehirn und damit dann letztendlich auch dem Körper: „Alles in Ordnung, keine Gefahr droht, du kannst entspannen!“

Eine einfache und äußerst effektive Übung ist die 4-6-Atmung:

  • 4 Sekunden lang durch die Nase in den Bauch einatmen
  • 6 Sekunden langsam durch den Mund ausatmen
  • Für ein bis zwei Minuten wiederholen

Diese Übung hilft nicht nur den Körper zu beruhigen, sondern auch den Kopf klarer zu bekommen. In akuten Stresssituationen ist das damit die erste Technik, die wir anwenden sollten, bevor wir ins eigentliche Coping übergehen. Denn mit weniger akutem Stress können wir selbstwirksamer und bewusster entscheiden, wie wir mit dem Stressauslöser im jeweiligen Kontext am funktionalsten umgehen können.

Meta-Coping

Wenn wir unser System erst einmal so weit beruhigt haben, dass wir uns auf die langfristige Stressbewältigung fokussieren können, wird Meta-Coping möglich. Damit meinen wir, bewusst zu entscheiden, welche Strategie in einer bestimmten Situation am besten funktioniert. Denn jede Stresssituation ist anders und nicht jede Copingstrategie passt immer. Wenn wir flexibel in unserer Bewältigung sind, haben wir die größten Chancen auf einen resilienten Umgang mit Problemen, Stress und Krisen.

Grundlage dafür sind die Selbstreflexion und die akute Stressregulation. Im Anschluss können Sie diesen drei Schritten folgen:

Schritt 1 – Die Situation analysieren: Ist das Problem veränderbar oder muss ich mich eher innerlich darauf einstellen?

Schritt 2 – Strategie bewusst wählen: Brauche ich jetzt eine problemlösende oder emotionsregulierende Strategie? Selbstbezogen oder Kontextbezogen?

Schritt 3 – Nachjustieren: Testen Sie! Falls eine Strategie nicht gut funktioniert, wechseln Sie bewusst auf eine andere. Bleiben Sie flexibel in Ihrer Stressbewältigung, es gibt nicht die eine Lösung für alle Probleme.

Meta-Coping erfordert ein hohes Maß an Selbstreflexion, sowohl vor der Stressbewältigung als auch danach. Ein Tipp: Machen Sie sich eine Liste Ihrer häufig genutzten Coping-Strategien und überlegen Sie, in welchen Situationen Sie diese meistens anwenden. Gibt es Bereiche, in denen Sie flexibler sein können?

Selbstmitgefühl

Resilienz Akademie | Grundlagen der StressbewältigungEin weiterer übergreifender Resilienz Tipp für eine nachhaltig gelingende Stressbewältigung bezieht sich auf unsere innere Haltung. Selbstmitgefühl ist eine zentrale Kompetenz, um gesund durch herausfordernde Zeiten zu gelangen. Denn oft sind wir mit uns selbst sehr viel kritischer als mit anderen. Wenn etwas schiefgeht, tendieren einige Menschen schnell zu Selbstvorwürfen oder Perfektionismus, was allerdings das Stressempfinden nur noch weiter steigert.

Selbstmitgefühl hilft, bei Herausforderungen mit uns auf eine freundliche und flexible Weise umzugehen, anstatt sich selbst noch mehr Druck zu machen. Laut der Psychologin Kristin Neff gibt es drei zentrale Elemente des Selbstmitgefühls (Neff, 2011):

  1. Achtsamkeit: Wahrnehmen, dass eine Situation schwierig ist, ohne sie zu verdrängen.
  2. Gemeinsames Menschsein: Sich bewusst machen, dass Stress und Fehler zum Leben gehören – niemand ist perfekt!
  3. Freundlichkeit zu sich selbst: Sich so trösten oder motivieren, wie man es bei einem guten Freund tun würde.

Zu sich selbst nett zu sein, ist manchmal gar nicht so einfach. Bedenken Sie dabei: Sie sind der Mensch, mit dem Sie die meiste Zeit Ihres Lebens verbringen müssen. Und mal ehrlich, wir verbringen mit unseren Freunden sehr viel lieber Zeit als mit Menschen, die wir bestenfalls tolerieren. Wenn Sie sich selbst wie einen Freund behandeln, fördern Sie nicht nur einen wohlwollenden Umgang mit sich und stärken Ihre mentale Gesundheit.

Sie sorgen gleichzeitig dafür, dass Sie flexibel in Ihren Coping-Strategien sind, weil Sie sich selbst erlauben, Neues auszuprobieren und auch zu scheitern, ohne sich danach selbst zu strafen.

Mit bewusster Atmung regulieren Sie Ihr Nervensystem direkt, mit Meta-Coping trainieren Sie die Fähigkeit, flexibel zwischen Strategien zu wechseln, und mit Selbstmitgefühl schaffen Sie eine innere Basis, um Stress gesünder zu bewältigen. Diese drei übergeordneten Coping-Strategien helfen Ihnen, langfristig resilienter und anpassungsfähiger zu werden.

PASTOR – Positive Appraisal Style Theory of Resilience

Abschließend stellen wir Ihnen hier noch eine weitere Art des übergeordneten Copings vor, die darauf abzielt, Stress schon vor der aktiven Bewältigung zu minimieren. Wie Sie in der Coping-Übersicht nach Skinner et al. erkennen können, gibt es einen Unterschied darin, wie bedrohlich wir die Situation einschätzen. Das heißt auch hier befindet sich eine Stellschraube der Stressbewältigung.

Und genau da setzt die Resilienztheorie PASTOR des Neurowissenschaftlers Prof. Dr. Raffael Kalisch an (Kalisch, 2017). Sie beschreibt, wie unser Gehirn lernen kann, Stressoren weniger bedrohlich wahrzunehmen und dadurch die Stressreaktion abzumildern. Das bedeutet konkret: Anstatt uns ausschließlich auf Reaktionen auf Stress zu konzentrieren, verändern wir die Wahrnehmung von Stress selbst. Wir setzen also an einer höheren Ebene des Copings an.

PASTOR unterstützt eine langfristige Veränderung im Umgang mit Stress, indem wir unser Gehirn trainieren, weniger Bedrohung in Stressoren zu sehen. Als Gast im Resilienz-Podcast Rethinking Resilience mit Sebastian Mauritz und Ruben Langwara stellt Kalisch mehrere Ansätze vor, wie man einen positiven Bewertungsstil fördern kann:

  1. Reflexion und Neubewertung: Wir können trainieren, unsere Stressbewertung bewusst zu hinterfragen und alternative Perspektiven auf belastende Situationen einnehmen.
  2. Achtsamkeit und kognitive Umstrukturierung: Wir können durch regelmäßige Achtsamkeitsübungen die bewusste Wahrnehmung unserer Gedanken fördern, sodass negative Bewertungen schneller erkannt und hinterfragt werden.
  3. Soziale Unterstützung: Positive Beziehungen zu Familie, Freunden oder Kollegen tragen dazu bei, dass wir Herausforderungen als weniger bedrohlich wahrnehmen, weil wir ein Gefühl von Sicherheit und Rückhalt haben.

Die Folge mit Prof. Dr. Raffael Kalisch als resilient Guest können Sie hier hören:

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.

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Alle zwei Wochen erscheint eine neue spannende Folge des Resilienz-Podcasts „Rethinking Resilience“ – jetzt reinhören! 

Wie gehen Sie mit Stresseinladungen um?

Mit dem Begriff „Stresseinladung“ möchten wir Ihnen ein Angebot zum Reframing machen. Schwierige Situationen müssen nicht zwangsläufig zu Stress und erst recht nicht zu chronischem Stress führen. Fragen Sie sich gerne:

Was braucht es, damit ich eine Stresseinladung dankend ausschlagen kann?

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Wozu führt eine gute Stressbewältigung?

Stress ist unvermeidlich, und im Prinzip ist das auch überhaupt nicht schlimm. Aber wie wir damit umgehen, entscheidet über unsere körperliche, emotionale und mentale Gesundheit. Eine effektive Stressbewältigung ist mehr als nur „weniger Stress haben“ – sie verändert, wie wir Belastungen wahrnehmen, wie wir auf Herausforderungen reagieren und wie wir langfristig unser Wohlbefinden steigern. Wer bewusst mit Stress umgeht, erlebt zahlreiche positive Effekte auf unterschiedlichen Ebenen.


Zusammengefasst:

  • Körperliche Gesundheit: Weniger Stress und mehr Energie
  • Emotionale Balance: Gelassenheit trotz Veränderungen
  • Mentale Klarheit: Bessere Entscheidungen und mehr Produktivität
  • Persönliches Wachstum: Mehr Lebenszufriedenheit und Stress als Entwicklungsmotor

Chronischer Stress belastet uns erheblich und ohne gesunde Stressbewältigung schädigt dauerhafter Stress dem Körper enorm. Durch gute Bewältigungsstrategien können wir dem entgegenwirken und unsere Schlafqualität verbessern, unser Immunsystem stärken und haben letztendlich auch mehr Energie im Alltag für alle anderen Aufgaben des Lebens zur Verfügung, statt uns nur auf Probleme zu fokussieren.

Die dadurch gewonnene Ruhe und Gelassenheit beeinflussen unsere emotionale Ebene enorm. Anstelle von Reizbarkeit, Überforderung und Grübeln, tritt dann emotionale Resilienz. Wir können Herausforderungen lösungsorientiert angehen, regulieren Sorgen und Ängste und gehen besser mit Ehrenrunden bzw. Rückschlägen um.

Einen großen Anteil daran hat auch die verbesserte mentale Klarheit, die sich zeigt, wenn wir Stress regulieren können. Mehr Konzentration und mehr Kreativität sich nicht nur Ergebnis einer besseren Stressbewältigung, sondern fördern proaktiv auch, wie wir mit Herausforderungen umgehen. Planung und effizientere Entscheidungsfindung wird dadurch möglich.

Letztendlich führt gelingende Stressbewältigung dazu, dass wir Stress weniger als Belastung wahrnehmen, sondern seine Energie als Gelegenheit zur Weiterentwicklung nutzen können. Dahinzu kommt, dass weniger Dauerstress verständlicherweise die Lebensqualität erhöht und wir den schönen Dingen im Leben mehr Raum geben können. Stressbewältigung ist damit ein Skill, der rundum resilienter, gesünder und glücklicher macht.

Quellen:

Carver, C. S., Scheier, M. F., & Weintraub, J. K. (1989). Assessing coping strategies: a theoretically based approach. Journal of personality and social psychology, 56(2), 267.

Kalisch, R. (2017). Der resiliente Mensch: Wie wir Krisen erleben und bewältigen• Neueste Erkenntnisse aus Hirnforschung und Psychologie: eBook Berlin Verlag.

Lazarus, R. S., & Folkman, S. (1984). Stress, appraisal, and coping: Springer publishing company.

Neff, K. (2011). Self-compassion: The proven power of being kind to yourself: Hachette UK.

Schwarzer, R., & Knoll, N. (2003). Positive coping: Mastering demands and searching for meaning.

Skinner, E. A., Edge, K., Altman, J., & Sherwood, H. (2003). Searching for the structure of coping: a review and critique of category systems for classifying ways of coping. Psychological Bulletin, 129(2), 216.

Bildquelle: www.depositphotos.com: Nervous lecturer suffering from fear@AndrewLozovyi, Middle-aged woman with neck pain@HayDmitriy, A notepad with an inscription@designer491, Stress at work@arslhadi659@gmail.com, Modern lounge music vibes@ stetsik, Heart in hand@ Rabbybd

Grafiken: Resilienz Akademie Göttingen

Resilienz Akademie | Grundlagen der StressbewältigungRebecca van der Linde, M.A. Germanistik und Kulturanthropologie, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Resilienz Akademie. Als Resilienz-Trainerin und Resilienz-Coach betreut sie den Blog der Resilienz Akademie und unterstützt in der konzeptionellen Entwicklung. Zudem agiert als SEO-Managerin für die Website. Ihr Schwerpunkt liegt auf der digitalen Präsenz der Themen rund um individuelle und organisationale Resilienz.

 


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Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Experten für angewandte Resilienz in Deutschland. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 240 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de) sowie des Resilienz-Podcasts Rethinking Resilience (www.Rethinking-Resilience.com).

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