Eine starke Teamresilienz setzt sich aus bestimmten Elementen zusammen, die für gute Zusammenarbeit sorgen und gleichzeitig die Grundbedürfnisse der einzelnen Mitglieder erfüllen. Hier lesen Sie, was Resilienz im Team ausmacht. Die folgenden Elemente setzen sich aus Erkenntnissen der Google-Studie „Project Aristotle“, der Teamresilienz-Pyramide nach Weber und Ullmann und langjährigen Praxiserfahrungen zusammen.
Resilienzfaktoren und Grundbedürfnisse
Wohlbefinden entsteht aus der Erfüllung von Bedürfnissen. Gerade deshalb ist es wichtig, in Bezug auf Teamresilienz besonders auf jene Faktoren zu achten, die Wohlbefinden und Gesundheit stärken. Dazu sind im Folgenden die wichtigsten Faktoren für erfolgreiche und stressfreie Teamarbeit erklärt.
Gemeinsame Werte und Visionen
Gemeinsame Werte sind die Basis für gelingende Zusammenarbeit. Auf ihnen bauen Zusammenhalt und gegenseitiger Respekt auf, beides ist zentral für Teamarbeit. Zudem dienen Werte als emotionaler Klebstoff für das Team. Sie verhindern so Konflikte und schaffen Verbindung auch bei unterschiedlichen Charakteren.
Werte im Team beziehen sich auf die Fragen:
Was gibt der Arbeit Sinn?
Was ist uns an der Arbeit wichtig?
Worauf kommt es bei der Zusammenarbeit an?
Darüber hinaus ist eine klare, vereinheitlichte Vision entscheidend. Denn nur ein gemeinsames und deutliches Bild vom Ziel schafft langfristige Orientierung. Nur so ziehen alle Teammitglieder an einem Strang und gehen in dieselbe Richtung.
Zudem ist es für alle Beteiligten wichtig, die eigene Realität mit denen der anderen abzustimmen. Jeder Mensch hat seine eigene Wahrnehmung und dementsprechend auch eine andere Realität. Diese verschiedenen Wahrnehmungen miteinander in Einklang zu bringen hilft bei der gemeinsamen Zielerreichung, ohne Konflikte und Stress.
Herausfordernde Ziele und eigene Beiträge
Die Ziele sollten nicht nur deutlich sein, sondern auch eine gewisse Herausforderung bieten. Banale Ziele bieten wenig Anreiz, besonders bei der Erledigung im Team. Außerdem ist es wichtig, dass Teams den Fortschritt ihrer Zielerreichung überprüfen können. Damit werden Meilensteine als Erfolge gefeiert und jedes gemeinsame Erfolgserlebnis stärkt den Zusammenhalt und die Selbstwirksamkeit des Teams.
Dabei sollte für jeden klar festgehalten werden, welchen Beitrag er oder sie zur Zielerreichung leistet. Individuelle und klar formulierte Ziele steigern die Motivation der Mitglieder. Hierbei sind es insbesondere die autonomen Wahlmöglichkeiten der Beteiligten ein wichtiges Element der Teamresilienz. Wenn das Team sich den Weg zum Ziel selbst steckt, erhöht das die Chance das Ziel stressfrei und kompetent zu erreichen.
Klare Strukturen und Regeln
Klare Strukturen und Regeln sind das A und O für erfolgreiche Teamarbeit. Teams in Unternehmen funktionieren im Grunde wie Sportteams: Die Spieler und Spielerinnen haben fest zugeteilte Positionen und befolgen alle die gleichen Spielregeln. Das sorgt letztendlich für eine gute Harmonie im Team und für Ordnung. Denn nur so können Teams auch erfolgreich zusammenarbeiten.
Es sind klar abgegrenzte Verantwortungsbereiche notwendig. Das verhindert Spannungen und Konflikte. Transparenz ist hierbei ein zentrales Element, das Orientierung und Sicherheit gibt. Denn nur wenn vollkommene Aufgabenklarheit herrscht, kann das Team effizient arbeiten. Dazu zählt auch die Rollenklarheit. Jedem Teammitglied ist sein Aufgabenbereich klar, sowie auch die Aufgaben der anderen, sodass Mitglieder sich nicht bei ihrer Arbeit behindern oder überschneiden.
Schließlich gehört auch das Sprechen über Erfolge und Fortschritte zu einer Resilienz stärkenden Transparenz, da Ziele so realistischer und erreichbarer werden. Das steigert die Motivation im Team zusätzlich. Der offene Umgang mit richtungsweisenden Zielvereinbarungen stärkt ein gutes Zusammenspiel im Team.
Konstruktive Kommunikation und Teamreflexion
Selbstreflexion im Team ist ein zentrales Element der Teamresilienz, um Fortschritte zu überprüfen und Prozesse kontinuierlich zu verbessern. Dazu ist eine konstruktive Feedbackkultur notwendig. Resiliente Teams schaffen es durch wertschätzende Kommunikation Kritik auf der Sachebene, statt auf der Beziehungsebene, zu vermitteln. Dadurch werden Beziehungen im Team nicht angegriffen und Probleme können professionell und effizient gelöst werden.
Eine Voraussetzung hierfür ist eine gute Kommunikationskompetenz und Offenheit im Umgang miteinander. Hierbei ist es die Aufgabe der Teamleitung und der Führungskraft die Rahmenbedingungen für Offenheit zu schaffen – Vertrauen und Loyalität gegenüber dem Team. Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, gesehen und gehört zu werden und ihnen Wertschätzung vermittelt wird, bleiben sie langfristig motiviert und engagiert für die Teamarbeit. Das sind die Grundlagen der Mitarbeiterbindung. Teamreflexion ist das Mittel, um sicherzustellen, dass diese Grundbedürfnisse für gute Arbeit erfüllt werden.
Psychologische Sicherheit
Mit einer guten Kommunikation und Feedbackkultur geht auch die psychologische Sicherheit einher. Sie bedeutet, dass Teammitglieder sich nicht dafür fürchten Fehler, Probleme und Kritik anzusprechen. Wenn jeder das Gefühl hat, vom Team wertgeschätzt zu werden, kann offene Kommunikation zur Verbesserung der Teamleistung beitragen. Besonders Führungskräfte sind bei diesem Element der Teamresilienz gefordert, kritische Diskussionen nicht nur anzuregen, sondern auch andere Meinungen zuzulassen und zu würdigen. Ansonsten schert man schnell ein Team aus Ja-Sagern um sich, ohne Fortschritt zu erlangen.
Die psychologische Sicherheit umfasst zudem, dass sich die Einzelnen einbezogen fühlen. Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung gegenüber Meinungen stärkt das Gefühl, Teil des Teams zu sein und ist damit eine wichtige Basis für ein Wir-Gefühl. Der Zusammenhalt im Team bestimmt auch über die Produktivität in der Zusammenarbeit. Teamresilienz stärkt durch psychologische Sicherheit also Effizienz und Wohlgefühl innerhalb des Teams.
Zuverlässigkeit
Eine grundlegende Zuverlässigkeit kräftigt zusätzlich das Erleben von Verbundenheit. Das bedeutet, dass die Mitglieder sich darauf verlassen können, dass jeder sein Bestes gibt für die gemeinsame Aufgabe. Erfolgreiche Teams können sich zudem aufeinander verlassen, wenn es darum geht Ausfälle durch Krankheit beispielsweise aufzufangen und Aufgaben gerecht zu verteilen.
Die Vorbildfunktion der Teamleitung spielt dabei eine wichtige Rolle. Ihre Aufgabe ist es Engagement vorzuleben und durch Vertrauen die Zuverlässigkeit im Team zu gewährleisten. Dazu gehört allerdings auch die Kontrolle darüber, ob Regelungen und Vereinbarungen eingehalten werden. Verbundenheit im Team entsteht dadurch, dass sich die Mitglieder gleichwertig behandelt fühlen und auch gleichwertige Leistungen bringen. Die Teamleitung beobachtet diese Leistung und gibt im Idealfall regelmäßig Feedback in Form von Anerkennung oder konstruktiver Kritik.
Gestalter-Haltung und kollektiver Optimismus
Eine Gestalter-Haltung bedeutet sich nicht den Umständen unterzuordnen oder sich gar in eine Opfer-Position zu begeben. Teamresilienz ist geprägt von dem Fokus auf die eigenen Handlungsmöglichkeiten. Wenn das Team sich eher auf Lösungen als auf Probleme konzentriert, stärkt das die Selbstwirksamkeit – ein zentraler Faktor der Resilienz. Sie bedeutet den Glauben daran, sich selbst aus schwierigen Situationen befreien zu können.
Selbstwirksamkeit ist zudem die Basis für Zuversicht, dass auch künftige Probleme gemeistert werden können. Im Sinne der Prosilienz – also einer proaktiven Resilienz – können Teams lernen mit fiktiven Krisen umzugehen, um später flexibel auf echte Krisen zu reagieren.
Ein kollektiver Optimismus ist hierfür sehr hilfreich. Mit einer optimistischen Grundhaltung ist das Team in der Lage auch in schweren Situationen und bei Problemen handlungsfähig zu bleiben. Denn der Glaube, Krisen gemeinsam zu überwinden, stärkt auch eine positive Herangehensweise an Probleme. So kommen Teams auch eher an Erfolgserlebnisse.
Wichtig hierfür ist, dass die Teammitglieder genügend Handlungsspielraum wahrnehmen, um selbstwirksam zu agieren. Es liegt in der Verantwortung der Führungskräfte den Rahmen zwar eindeutig vorzugeben, dabei aber ausreichend Platz für eigene Lösungsfindungen des Teams zu bieten.
Lösungsorientierung bei Aufgabenbewältigung
Resiliente Teams fokussieren sich auf Möglichkeiten, Handlungsräume und das Machbare. Dabei konzentrieren sie sich bei der Lösungsorientierung auf kleine Schritte, die gut zu bewältigen sind. Der Schlüssel im Umgang mit Problemen liegt daran, nicht am großen Ganzen zu verzweifeln, sondern schwierige Situationen nach und nach zu verändern.
Hierbei unterstützt die Haltung des Teams, dass auch kleine Fortschritte gewürdigt werden. Es ist notwendig, kleine Erfolge und Vorankommen anerkennend anzusprechen, damit sich Motivation langfristig aufrechterhält.
Konstruktiver Umgang mit Rückschlägen
Resilienz bedeutet nicht, dass man selbst oder das Team komplett vor Rückschlägen und Krisen gefeit ist. Es wird immer mal wieder Misserfolge im Team geben – doch entscheidend ist, wie das Team damit umgeht. Denn Gruppen, die Misserfolge gemeinsam reflektieren, akzeptieren und anschließend aus den Fehlern lernen, bauen eine starke Teamresilienz auf. Sie sind dann besser auf gleiche Situationen vorbereitet und können flexibel mit dem Stress umgehen.
Resiliente Teams sehen den Unterschied zwischen Scheitern und Hinfallen. Das notwendige und heilsame Wunden-lecken nach Rückschlägen wird im Kollektiv schnell überwunden, sodass Probleme mit neuer Energie und einem gesunden Optimismus wieder angegangen werden.
Gegenseitige Motivation
Motivation ist ein weiteres wichtiges Element der Teamresilienz. Dabei ist die Fähigkeit sich gegenseitig und sich selbst zu motivieren zentral. Beim Sport werden Teams auf der einen Seite dadurch motiviert, dass sie jederzeit den Spielstand sehen können. In Parallele zu Teams in Unternehmen bedeutet das, den Leistungsstand zu kennen und ausreichen Feedback zu erhalten. Hierbei ist es Aufgabe der Führungskräfte eine intensive Feedbackkultur aufzubauen.
Auf der anderen Seite ist das Anfeuern ebenfalls ein maßgeblicher Faktor für gelingende Teamarbeit. Eine gute Zusammenarbeit lebt von der gegenseitigen Unterstützung, wozu auch die gegenseitige Motivation gehört. Zuspruch, Feedback und konstruktive, wertschätzende Kritik bieten in der Regel einen höheren und vor allem langfristigeren Motivationswert als monetäre Ansätze. Gleichzeitig ruft die gegenseitige Motivation von außen das Gefühl hervor wohltuend gefördert zu werden. Der Resilienzfaktor soziale Unterstützung wird somit gestärkt und macht das Team insgesamt widerstandsfähiger.
Individueller Nutzen und persönliches Anliegen
Ein letztes Element der Teamresilienz ist der individuelle Nutzen der Arbeit für einzelne Teammitglieder. Wenn das Erreichen des gemeinsamen Ziels den einzelnen Mitgliedern ein persönliches Anliegen ist, werden diese auch ihr Bestes geben, es zu erreichen. Für eine gelingende Teamarbeit ist es wichtig, den einzelnen Mitgliedern genügend Freiraum zu geben, damit individuelle Potentiale ausgeschöpft werden können und jeder seine beste Einzelleistung zur Erreichung des Ziels geben kann und möchte.
Voraussetzung dazu ist eine kongruente Zusammenstellung des Teams. Die einzelnen Interessen und Stärken sollten zur Aufgabe passen. Die Aufgabe von Führungskräften ist es, die Interessen und Stärken des Personals zu kennen und entsprechend in Teams einzusetzen. Beobachten der Zusammenarbeit und Gespräche über persönliche Interessen sind hilfreich, diese Voraussetzung zu erfüllen.
Salutogene Faktoren für Teamresilienz und individuelle Resilienz
Sowohl für die individuelle Resilienz wie auch für die Teamresilienz gibt es drei grundlegende Faktoren, die Gesundheit fördern und so Leistungskraft und Engagement aufrechterhalten. Diese Faktoren stammen aus der Salutogenese nach Aaron Antonovsky und bedienen gleichzeitig die vier großen Lerntypen des Menschen (warum, was, wie, wozu). Nur wenn das Zusammenspiel aus den Faktoren Verstehbarkeit, Machbarkeit und Sinnhaftigkeit gegeben ist, können Menschen effizient und stressfrei arbeiten.
Verstehbarkeit
Verstehbarkeit beschäftigt sich mit dem Fragetypen „Warum“. Für Mitglieder des Teams ist es wichtig die Hintergründe ihrer Zusammenarbeit zu kennen. Warum ist die Aufgabe wichtig? Warum ist Teamarbeit der beste Weg zum Ziel?
Machbarkeit
Machbarkeit wird dann empfunden, wenn die Mitglieder die Antworten auf die Fragen „Was“ und „Wie“ kennen. Wichtig hierbei ist eine ausgeprägte Transparenz. Das Ziel und die zu erledigenden Aufgaben müssen allen Mitgliedern klar sein. Intensive Besprechungen, sowie regelmäßiges Überprüfen des Fortschrittes und eventuelles Nachjustieren von Aufgabenbeschreibungen sind sehr wichtig, um Ziele realistisch zu gestalten und das Gefühl von Machbarkeit zu fördern.
Sinnhaftigkeit
Sinn ist eines der wichtigsten Elemente für gesundes und erfülltes Leben und Arbeiten. Das stellte neben Antonovsky auch der Erfinder der Logotherapie, Viktor Frankl, deutlich heraus. Damit Teammitglieder motiviert und engagiert arbeiten und gleichzeitig ihre Gesundheit stärken, ist Sinnerleben zentral.
Es ist der Glaube oder das Gefühl, dass die zu erledigende Aufgabe und das gemeinsame Ziel für die Organisation sinnvoll ist. Dazu ist es wichtig, dass Führungskräfte deutlich vermitteln warum und wozu die Aufgabe sinnvoll und wichtig ist. Hierbei geht es um die Beantwortung der Frage „Wozu“. Wozu mache ich als Teil des Teams diese Aufgabe? Was trage ich damit zum Gesamtziel bei? Nur wenn Menschen Sinn erleben, sind die motiviert und engagiert für eine Aufgabe.
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).