Wussten Sie, dass wir alle Zeitreisende sind? Aber nicht so, wie bei „Zurück in die Zukunft“, wo wir als unser aktuelles Selbst in eine andere Zeit reisen. Vielmehr ist es so, dass manchmal eine jüngere Version von uns in unser aktuelles Selbst reist, und das Denken, Handeln und Fühlen übernimmt. Das nennt sich dann in der Psychologie „Regression“. Und diese Regression ist ein wahrer Resilienz-Dieb.
Warum ist Regression ein Resilienz-Dieb?
Im Laufe unseres Lebens lernen wir viele Verhaltensmuster und Bewältigungsstrategien kennen, um auf verschiedenste Probleme und Herausforderungen zu reagieren. Normalerweise können wir auf diese gelernten Strategien zurückgreifen, allerdings gibt es auch Auslöser, die dafür sorgen, dass das eben nicht funktioniert.
Besonders gegenüber Autoritäten passiert es, dass wir von der erwachsenen, kompetenten Person plötzlich zu einem unbeholfenen, eingeschüchterten Kind werden. Und so raubt uns die Regression unsere Resilienz. Sie nimmt uns unseren Zugriff auf Adaptationsfähigkeiten, die wir eigentlich schon erworben haben. Durch das Zurückfallen in kindliche oder unreife Reaktionen, werden Lösungsstrategien und die Fähigkeit zur Problembewältigung geschwächt, was die Resilienz mindert.
Was ist Regression?
Eine Regression ist eigentlich der Versuch, resilient mit Herausforderungen umzugehen. Sie ist ein psychologischer Abwehrmechanismus, bei dem eine Person in eine frühere Entwicklungsstufe zurückfällt, um mit Stress oder Angst umzugehen. Diese frühere Entwicklungsstufe ist oft mit einfacheren, kindlichen Verhaltensweisen verbunden, die in der Vergangenheit als Bewältigungsstrategie dienten.
Beispiele für regressives Verhalten sind übermäßiges Weinen, Trotzreaktionen, Abhängigkeit oder Vermeidung komplexer Probleme durch Rückzug in kindliche Aktivitäten.
Besonders im Zusammenhang mit dem Thema Trauma kommt es zur Regression. Nicht selten verfallen Patienten und Patientinnen in der Traumatherapie im Kontakt mit dem traumatischen Erlebnis zurück in das Alter, in dem sich das Ereignis abspielte. Das bedeutet allerdings nicht, dass immer eine Traumatisierung vorliegen muss, damit sich dieser Resilienz-Dieb zeigt.
Wie können wir resilient mit Regression umgehen?
Um resilient mit Regression umzugehen, ist es wichtig, Strategien zu entwickeln, die helfen, die zugrunde liegenden Stressoren zu bewältigen, damit die reifere, adaptivere Version des Selbst zum Vorschein kommt.
Achtsamkeit ist hierbei ein Schlüssel, um zunächst die Anzeichen einer Regression bei sich selbst zu erkennen. Wenn wir uns wenig selbstwirksam fühlen, muss nicht immer eine Regression daran schuld sein. Achtsamkeit und Selbstreflexion helfen, weitere Merkmale von regressivem Verhalten zu erkennen. Hier helfen die Fragen:
„Welche Emotionen sind gerade da? Wann und wo habe ich mich schon mal so gefühlt?“
Um dann resilient mit den regressiven Gefühlen umzugehen und inneres Wachstum zur aktuellen Selbst-Version möglich zu machen, braucht es Emotionsregulation. Eine sehr schnelle und effektive Einladung zur Regulation, die gleichzeitig den Fokus auf Ihr erwachsenes Ich lenkt, ist folgendes Mantra:
Ich – Hier – Jetzt
Sagen Sie sich diese Worte in Momenten, in denen Sie sich kleiner und unselbstständiger als sonst fühlen, und verbinden Sie diese mit einer langsamen, bewussten Atmung.
Und um anschließend dem Resilienz-Dieb weniger Gelegenheiten zum Diebstahl zu geben, hilft es, sich mit dem Gefühl der Selbstwirksamkeit, das von der Emotion authentischer Stolz begleitet wird, zu verbinden. Um einen guten Zugang zu diesem Gefühl zu erlangen, fragen Sie sich regelmäßig:
„Was habe ich heute durch mein Handeln erreicht, auf das ich stolz bin?“
Wozu ein resilienter Umgang mit Regression führt
Regression kann die Resilienz beeinträchtigen, indem sie dazu führt, dass Menschen in weniger adaptive, kindliche Verhaltensmuster zurückfallen. Durch das Erkennen und Bewältigen regressiver Verhaltensweisen sowie die Entwicklung reiferer Bewältigungsstrategien können Sie Ihre Resilienz stärken und Ihre Fähigkeit verbessern, mit Stress und Herausforderungen umzugehen. Ein resilienter Umgang mit Regression führt zu einer besseren emotionalen Gesundheit, stärkeren Problemlösungsfähigkeiten und einem gesteigerten Selbstbewusstsein.
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Rebecca van der Linde, M.A. Germanistik und Kulturanthropologie, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Resilienz Akademie. Als Resilienz-Trainerin und Resilienz-Coach betreut sie den Blog der Resilienz Akademie und unterstützt in der konzeptionellen Entwicklung. Zudem agiert als SEO-Managerin für die Website. Ihr Schwerpunkt liegt auf der digitalen Präsenz der Themen rund um individuelle und organisationale Resilienz.
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 240 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de) sowie des Resilienz-Podcasts Rethinking Resilience (www.Rethinking-Resilience.com).