Dass emotionale Intelligenz ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Arbeitswelt ist, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Allerdings tritt immer stärker ein anderer Faktor ins Rampenlicht, der Erfolg, Leistung und auch Gesundheit stärkt – die Adaptabilität. Anpassungsfähigkeit an Veränderungen ist der Wettbewerbsvorteil im beruflichen Leben und ausschlaggebender Kern für Wohlbefinden im privaten Umfeld.
Dabei hängen emotionale Intelligenz (EQ) und der Adaptabilitätsquotient (AQ) eng zusammen. Lesen Sie hier, wie Sie mit Ihrem EQ Ihre Anpassungsfähigkeit erhöhen.
Emotionale Intelligenz und Adaptabilität
Beide Aspekte werden in der Business-Welt als die wichtigsten Erfolgsfaktoren gehandelt. Der Intelligenzquotient (IQ), als die Maßeinheit für Verstand, spielt in Bereichen der Führung eine vergleichsweise kleine Rolle, wenn es um die persönliche Weiterentwicklung geht. In Anlehnung an den IQ entstanden EQ und AQ als Maßeinheiten für die sogenannten Softskills im Beruf, die sich nicht durch reine Intelligenz erlernen lassen. Allerdings profitieren wir nicht nur auf der Arbeit von diesen Kompetenzen.
Was ist der EQ?
Emotionale Intelligenz ist der Grund, warum einige Menschen mit bestimmten Situationen besser umgehen können als andere. Nach den Forschern Salovey, Mayer und Caruso umfasst die emotionale Intelligenz vier grundlegende Bereiche:
- Wahrnehmen von Emotionen
- Nutzen von Emotionen bei kognitiven Prozessen
- Verstehen von Emotionen
- Umgang mit Emotionen
Das bedeutet emotional intelligente Menschen können Emotionen bei sich und anderen besser erkennen, sie verstehen und die Wechselwirkung von Fühlen und Denken wahrnehmen, und sie regulieren. Goleman, quasi der Begriffs-Vater von emotionaler Intelligenz, nannte fünf Kompetenzen, die zu den Bereichen beitragen.
Im ABC-Eintrag „Emotionale Intelligenz“ finden Sie eine ausführliche Erklärung der Kompetenzen.
- Selbstbewusstsein: Erkennen und Verstehen eigener Gefühle, Bedürfnisse, Motive und Ziele; Bewusstsein über persönliche Stärken und Schwächen; Kennen des eigenen Verhaltens in bestimmten Situationen
- Selbstmotivation: Leistungsbereitschaft und Begeisterungsfähigkeit aus sich selbst heraus entwickeln; hohe Frustrationstoleranz
- Selbstregulation: Gefühle im Inneren steuern; Emotionen funktional nutzen
- Beziehungen managen: Kontakte und Beziehungen dauerhaft aufrechterhalten; Konfliktmanagement; Führungsqualitäten
- Empathie: Verstehen der Emotionen anderer und angemessen darauf reagieren
Mit Empathietraining können Sie diese Kompetenzen ausbauen und Ihren EQ erhöhen.
Was ist der AQ?
Der Adaptabilitätsquotient ist die Angabe dessen, wie anpassungsfähig ein Mensch ist. Anpassung an Veränderungen ist ein Hauptgrund für unsere mentale Gesundheit. Denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier und steht Veränderungen von Natur aus eher kritisch gegenüber. Mit einer hohen Anpassungsfähigkeit gelingt es dagegen, sich schneller, präziser und mit weniger Kraftaufwand an sich verändernde Situationen anzupassen. Das Überwinden von Krisen ist das Resultat der eigenen Anpassungsfähigkeit.
Nach Natalie Fratto gibt es drei Zeichen, die auf einen hohen Adaptabilitätsquotienten hinweisen:
- Erfahrungen auf Unbekanntes anwenden: das Gelernte in Situationen verwenden, die in der Form noch nicht passiert sind
- Haltung des „Beginner’s Mindset“: obsoletes Wissen nicht mehr anwenden; stetige Suche nach neuen Informationen und Erweitern des Horizonts
- Erkunden über Ausbeuten stellen: neue Wege erkunden, statt sich auf Altbekanntem auszuruhen
Mehr zum Adaptabilitätsquotienten lesen Sie hier: „Der Adaptabilitätsquotient (AQ) – der Erfolgsfaktor“.
Warum brauchen Menschen einen hohen EQ und AQ?
Sowohl EQ als auch AQ sind maßgebende Faktoren für ein erfolgreiches Berufsleben. Besonders in Führungspositionen ist emotionale Intelligenz gefragt, da die Kompetenzen im Umgang mit Menschen zentral sind. Aber auch als Mitarbeitende in Teams und im Umgang mit Kollegen und Kolleginnen bestimmt diese Form der Intelligenz über gelingende Kommunikation. Wer Bedürfnisse seiner Mitmenschen erkennt, kann besser auf diese eingehen und Beziehungen wohltuend gestalten.
Anpassung ist im Berufsleben ebenso wichtig. Denn die Arbeitswelt wandelt sich dank Digitalisierung und Globalisierung in einem rasenden Tempo. Wer konkurrenzfähig bleiben will, ist gezwungen sich an Veränderungen anzupassen. Je besser uns diese Anpassung gelingt, desto besser stehen unsere Chancen am Markt.
Darüber hinaus spielen beide Quotienten eine tragende Rolle für das persönliche Wohlbefinden und die eigene Gesundheit. Denn sowohl EQ als auch AQ tragen zu einer hohen Resilienz bei. Wir brauchen für unser inneres Immunsystem und die Abwehrkraft gegen Stress die Fähigkeit unsere Emotionen zu erkennen und zu regulieren. Und erst durch Anpassung ist es möglich, Stress und Krisen zu bewältigen, um Resilienz zu erfahren. Wir brauchen AQ und EQ also, weil wir so unsere Resilienz und unsere Leistungsfähigkeit im Beruf steigern.
Mit emotionaler Intelligenz die Adaptabilität steigern
Obwohl die Persönlichkeitseigenschaften, wie beispielsweise Offenheit für Erfahrungen oder Verträglichkeit mit anderen, zur Anpassungsfähigkeit oder zur emotionalen Intelligenz beitragen, lassen sich EQ und AQ trainieren. Besonders emotional intelligente Menschen besitzen Verhaltens- und Denkweisen, die zu einer höheren Anpassungsfähigkeit beitragen.
Unangenehme Emotionen wertschätzen und regulieren
Veränderungen lösen bei uns die Stressreaktionen Angst oder Ärger aus. Das liegt daran, dass diese beiden Emotionen evolutionär unser Überleben sicherten – Durch Flucht oder Kampf. Im Arbeitskontext helfen uns jedoch weder Flucht aus dem Büro noch das Schlagen unseres Chefs, wenn wir uns an neue Arbeitsabläufe beispielsweise gewöhnen müssen. Zumindest nicht langfristig!
Anpassung bedeutet die Emotionen, die wir im Zusammenhang mit Veränderung im Leben verspüren wahr- und auch anzunehmen. Zum Beispiel ist Angst der Hüter der Sicherheit und Ärger der Hüter der Werte. Wenn wir verstehen, weshalb ein Hüter gerade aktiv ist und wir diese Emotion regulieren, sodass wir handlungsfähig sind, gelingt die notwendige Anpassung. Wir wollen dann nicht vor neuen Arbeitsabläufen fliehen oder uns gegen sie wehren, sondern gewöhnen uns eher daran. Mit einem wertschätzenden Umgang von unangenehmen Emotionen lassen wir Veränderung, und damit einhergehende mögliche Verbesserungen, eher zu.
Sich aus der Komfortzone wagen
Emotional Intelligente Menschen haben ein ausgeprägtes Gespür für ihre Bedürfnisse und sind in der Lage sich für ihre Ziele selbst zu motivieren. Diese Motivation nutzen sie auch, um sich aus der Komfortzone heraus zu wagen.
Wie oben bereits beschrieben ist der Mensch ein Gewohnheitstier, das Routinen liebt. Das heißt, wir halten uns auch liebend gerne in unserer Komfortzone auf. Das Problem dabei ist, Anpassung geschieht nicht in der Komfortzone, sondern außerhalb davon. Wir können nur neues Lernen und integrieren, wenn wir uns Neuem und Unbekanntem stellen. Emotionale Intelligenz hilft zu bemerken, wenn wir uns zu lange in der Komfortzone aufhalten und durch Selbstmotivation wagen wir auch den Schritt hinaus.
Wichtig bei dem Verlassen der Komfortzone ist ein guter Zustand. Wenn wir uns aus einem guten Zustand heraus an Neues heranwagen oder uns unbequemen Aufgaben stellen, Lernen wir und können uns so langfristig anpassen. Akzeptanz und eine offene Einstellung sind hierfür wichtige innere Haltungen.
Nonverbale Hinweise lesen
Die Fähigkeit die Mimik und Körpersprache anderer Menschen lesen zu können hilft dabei, innere Einwände zu erkennen und anzusprechen. Gerade bei Anpassung ist es wichtig, emotionale Dissonanz zu erkennen. Ihre Kollegen und Kolleginnen, Teammitglieder oder Mitarbeitenden wollen sich vielleicht nicht die Blöße geben, dass sie mit einer bestimmten Veränderung doch nicht einverstanden sind.
Diesen inneren Konflikt in den nonverbalen Hinweisen zu erkennen und anzusprechen trägt besonders zur organisationalen Adaptabilität bei. Innere Einwände können dann direkt angesprochen und durch Sinnhaftigkeit und Verstehbarkeit aufgelöst werden. Diese Fähigkeit von emotional intelligenten Menschen trägt zu einer besseren Kommunikation bei und vereinfacht Anpassung an Veränderung im Team. Trainieren können Sie diese Fähigkeit auf verschiedenste Arten.
Mehrere Perspektiven einholen
Emotional intelligente Menschen sind sich ihrer Stärken bewusst, und auch ihrer Schwächen. Sie wissen, dass sie nicht alles wissen können und sind dadurch offener für verschiedene Meinungen und Perspektiven. Mit einem offenen Geist Ungetestetes auszuprobieren bringt neue Ideen und stärkt die Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln – also sich anzupassen.
Es geht darum sein Bedürfnis nach Stabilität zu befriedigen und gleichzeitig flexibel zu bleiben. Hierfür ist die Akzeptanz der eigenen Lernfelder elementar. Wenn wir eine starke Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion haben, sind wir eher in der Lage dazu, uns zu verbessern und Neues zu lernen. Gerade als Teil der organisationalen Resilienz ist das Einholen von verschiedenen Perspektiven ein ausschlaggebender Faktor, wie schnell Unternehmen sich an Veränderungen anpassen und Lösungen für Probleme finden.
Keine Vermeidung von Rückschlägen
Ein letztes wichtiges Element der emotionalen Intelligenz ist die Frustrationstoleranz. Das heißt Rückschläge sorgen nicht dafür, dass man aufgibt. Sondern man bleibt auch bei schwierigen Situationen am Ball durch eine hohe Fähigkeit zur Selbstmotivation.
In Teams und Organisationen ist eine gute Fehlerkultur der Schlüssel dazu, sich erfolgreich an Veränderungen anzupassen. Fehler sind Lernchancen, und mit einer hohen emotionalen Intelligenz werden Rückschläge nicht vermieden, sondern effektiv zur Entwicklung genutzt.
Ziel- und Lösungsorientierung als Resilienzfaktor gehört zu den maßgeblichen Antreibern, nicht nach hinten zu schauen und womöglich Schuld abzuladen, sondern Rückschläge wertzuschätzen und das Wichtigste für die Zukunft daraus mitzunehmen.
Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich mit über 50 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen austauscht (www.Resilienz-Kongress.de).