Mentale Gesundheit und Resilienz

Gesundheit ist ein unumgängliches Thema in der heutigen Zeit. Wenn wir heute von Gesundheit sprechen, kommt vielen zuerst ein Bild der Viren-Freiheit, oder der Abwesenheit von körperlichen Beschwerden. Doch ein weiterer Fokus drängt sich immer mehr in das öffentliche Bewusstsein: Die mentale Gesundheit. Im Folgenden wollen wir diesen Blick vertiefen und die Verknüpfung zur Resilienz schaffen.

Warum wir über mentale Gesundheit sprechen müssen

Kennen Sie den Begriff „Holistic Health“? Dieser neue Gesundheitstrend, der übersetzt soviel bedeutet wie „ganzheitliche Gesundheit“, rückt nicht nur den Menschen und seinen Körper in den Vordergrund, sondern betrachtet den Menschen als  Einheit aus Körper, Geist und Seele, der sich in einem System bewegt. Die Interaktion mit der Umwelt wird immer mehr als massiver Einfluss auf den Menschen und seine Verfassung gesehen. Doch auch wenn es diesen Trend gibt, stehen wir noch relativ am Anfang, ein wirklich umfassendes Bild von Gesundheit zu etablieren.

Besonders drei Faktoren zeigen auf, warum wir über mentale Gesundheit sprechen müssen – und zwar in allen Kontexten.

Die Corona Pandemie und ihre Auswirkungen auf „mentale Gesundheit“

Resilienz Akademie | Mentale Gesundheit und ResilienzEines ist uns in den letzten zwei Jahren sehr bewusst geworden: Gesundheit ist ein sehr hohes Gut. In Bezug auf mentale Gesundheit müssen wir zwei Kategorien unterscheiden, um den Einfluss der Pandemie zu verstehen. 1. Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf die mentale Gesundheit der Menschen? 2. Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf die öffentliche Wahrnehmung von psychischer Gesundheit?

Widmen wir uns zuerst den sehr realen Auswirkungen der Pandemie auf die Psyche der Menschen. Eine Meta-Analyse von 72 Studie mit internationalen Befragten (u.a. aus China, Japan, Amerika, Italien, Türkei, Indien und Singapur) zeigte, wie immens verbreitet psychische Erkrankungen während der Pandemie waren (Liu et al., 2021). Es zeigte sich eine Gesamtheit von Angststörungssymptomen (32%), Depression (27%), Schlafstörungen (30%) und PTBS (16%) im Zusammenhang mit der Pandemie. Bezieht man diese Zahlen auf die Gesamtbevölkerung der Erde, so hat man eine schier unvorstellbare Zahl an psychisch belasteten Menschen ohne die entsprechenden Auffang-Kapazitäten von Betreuung und Beratung.

Allein durch die steigende Abwesenheit von mentaler Gesundheit, insbesondere zur Zeit des Lockdowns, wuchs das Bewusstsein über die Relevanz dieses Themas. Das bedeutet, die Corona Pandemie hatte einen gravierenden Einfluss auf die psychische Verfassung der Menschen, was aber gleichzeitig auf der Meta-Ebene dafür gesorgt hat, dass sich diesem Konzept nun sehr viel stärker gewidmet wird. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo Betriebliches Gesundheitsmanagement nicht nur eine:n Hygiene-Beauftragte:n umfasst, sondern auch die Psyche immer stärker berücksichtigt wird.

Soziale Medien und mentale Gesundheit

Auch was den Punkt der sozialen Medien angeht, lassen sich die zwei oben genannten Kategorien anwenden. Zum einen sehen wir, dass Gesundheit (und vor allem auch psychische Gesundheit) ein bewegtes Thema in den sozialen Medien sind. Das Gespräch zwischen Kurt Krömer und Thorsten Sträter im Rahmen der Sendung „Chez Krömer“ zum Thema Depression wurde auf YouTube über 3,9 Millionen Mal aufgerufen und wurde im Netz zahlreich geteilt. Die Kommentare verraten, wie wichtig das Thema ist und wie sehr es in der breiten Öffentlichkeit eigentlich verschwiegen wird.

Die Macht der sozialen Medien ist, dieses Tabu zu brechen. Allerdings sind die Auswirkungen von Facebook, Instagram, Twitter und Co. auf die mentale Gesundheit der Nutzer:innen selbst nicht kleinzureden. Eine Meta-Analyse, die weltweite Studienergebnisse aus den Jahren 2010-2020 zu den Plattformen Facebook, Twitter und Instagram umfasst, kam zu dem Ergebnis, dass soziale Medien zwar das Zugehörigkeitsgefühl stärken können – ein exzessiver Gebrauch zeigte allerdings auch einen Zusammenhang u.a. mit Depression und selbstverletzendem Verhalten (Ulvi et al., 2022).

Arbeitsbelastung und mentale Gesundheit

Wenn wir den Menschen in verschiedenen Kontexten betrachten, darf sicherlich der Arbeits-Kontext nicht fehlen. Schließlich wird der Job in der öffentlichen Wahrnehmung häufig als Risikofaktor für die mentale Gesundheit betrachtet. Dabei ist die Frage berechtigt, was genau an der Arbeit gefährdend ist.

Die Debatte um die vier-Tage-Woche kam besonders in den letzten Jahren sehr in Schwung, und Länder wie Großbritannien, Island und Spanien zeigen spannende Ergebnisse in ihren Pilotprojekten. Dabei konnte eine Studie aus 2022 zeigen, dass die Arbeitsquantität gar nicht so ein ausschlaggebender Faktor für mentale Gesundheit ist, sondern vielmehr die Arbeitsqualität (Wang, Kamerāde, Burchell, Coutts, & Balderson, 2022). Besonders eine geringere Arbeitsintensität (Arbeitsintensität u.a.verstanden als: Arbeiten mit engen Deadlines, Abhängigkeit von Kolleg:innen, emotionale Dissonanz), Sinngebung der Arbeit und eine günstige soziale Arbeitsumgebung wurden hervorgehoben.

Dazu sollte allerdings auch gesagt werden, dass Arbeitsbelastung nicht nur in einer zu hohen Ausprägung negativen Einfluss auf die mentale Gesundheit haben kann, sondern auch eine zu geringe. Im Extremfall kann es dann zum sogenannten Bore-out, das Pendant zum Burn-out, kommen. Allerdings wird in Bezug auf psychische Gesundheit und Arbeit mehr das Risiko des Burn-outs in thematisiert.

Was ist mentale Gesundheit?

Wir können an dieser Stelle zunächst festhalten, dass es eine ganze Reihe von Einflüssen auf die mentale Gesundheit gibt. Und auch, dass in der heutigen Gesellschaft ein Bedarf besteht, über dieses Thema zu sprechen. Doch, worüber sprechen wir eigentlich genau, was ist mentale Gesundheit?

Was ist Gesundheit?

Bevor wir uns der Frage widmen, was mentale Gesundheit ist, lassen Sie uns einen Blick darauf werfen, was Gesundheit allgemein eigentlich ist. Was Gesundheit eigentlich ist, lässt sich nicht so leicht beantworten. Es gibt hier keine einheitliche wissenschaftliche Definition und das Verständnis von Gesundheit ist vielschichtig und mehrdimensional. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert es so: „Gesundheit ist ein Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens – nicht nur das Fehlen von Krankheit oder eine Form von Schwäche oder Gebrechlichkeit“ (WHO, 2005). Um sich dem Thema zu nähern, möchte ich noch weitere Definitionen zur Verfügung stellen:

„Gesundheit [ist] kein Zustand, sondern ein dynamischer Prozess, in dem das Individuum ständig ein Gleichgewicht mit seiner Umwelt herzustellen versucht, um sein körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden zu optimieren“ – Fonds Gesundes Österreich (FGÖ): Gesundheitsbegriff.

Gesundheit ist ein Pol auf einem Kontinuum, „auf dem Menschen sich körperlich, psychisch und sozial weniger oder mehr wohl fühlen und sich hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit, ihrer Selbstverwirklichung und der Sinnfindung unterscheiden.“ – Lippke & Renneberg, 2006

Und ein Zitat, das Sigmund Freud zugeschrieben wird, fasst Gesundheit auf sehr einfache und schöne Weise zusammen: „Gesundheit ist die Fähigkeit lieben und arbeiten zu können.“

Lassen Sie uns Folgendes festhalten, das Sie natürlich gerne für sich erweitern können:

  • Gesundheit besteht aus mehreren Aspekten (körperlich, geistig, sozial)
  • Es geht um Wohlbefinden
  • „Funktionalität“ im Alltag spielt eine Rolle
  • Gesundheit ist kein Zustand – oder doch?

Allein in diesen paar Definitionen, die nur einen winzigen Bruchteil von den zu findenden Beschreibungen darstellen, zeigen schon Wiedersprüche auf. Was ist also Gesundheit – geschweige denn ganzheitliche Gesundheit? Schauen wir dazu nun auf den Teilaspekt „mentale Gesundheit“.

Definition

Die WHO definiert erweitert Ihre Gesundheitsdefinition wie folgt:

„Psychische Gesundheit ist ein Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann.“ (WHO, 2019)

Die WHO spricht hier ausdrücklich nicht von Krankheit, sondern von Wohlbefinden. Im „World mental health report“ von 2022 stehen vier Punkte, die dieses Wohlbefinden noch einmal näher definieren besonders hervorgehoben. Mentale Gesundheit dient zum miteinander Verbinden (Connect), zum Funktionieren (Function), zum Umgang mit Stress (Cope) und zum Wachsen (Thrive).

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WHO, 2022

Wenn man sich den Bericht dann genauer anschaut, fällt allerdings auf, dass psychische Beeinträchtigung und Krankheit doch sehr stark als Abgrenzung zur psychischen Gesundheit fungiert. Ein wertvoller Begriff, um die Definition der WHO noch präziser zu verstehen ist „mental well-being“ – mentales Wohlbefinden.

Das Robert-Koch-Institut bezieht sich auf einen weiteren Term: Gesundheitsbezogene Lebensqualität (Cohrdes, Hapke, Nübel, & Thom, 2022). Der Vorteil an dieser Definition ist der Fokus auf das gesamte Spektrum – der psychische Aspekt trägt in Wechselwirkung mit Körper und Seele zur Lebensqualität bei. Die Kritik daran, die auch im Schwerpunktbericht des RKI herauskommt ist jedoch die fehlende Trennschärfe zum Gesundheitskonzept und zum Konzept der allgemeinen Lebensqualität.

Überschneidung und Abgrenzung von mentaler Gesundheit

Apropos Trennschärfe: Wie können wir psychische Gesundheit oder psychisches Wohlbefinden nun klar abgrenzen? Die eigentliche Frage sollte wohl eher lauten: Braucht es eine Abgrenzung?

Der Blick mit dem trennenden Auge

Wenn wir die trennenden Aspekte betrachten, müssen wir mental bzw. psychisch von körperlich und seelisch unterscheiden. Die mentalen Aspekte beziehen sich auf dysfunktionale Gedanken oder Problemtrance, die Einfluss auf unser Wohlbefinden haben. Das mag zunächst nach nichts weitreichendem klingen, aber wenn Sie schon einmal grübelnd im Gedanken-Karussell gefangen waren, wissen Sie sicher um die Auswirkungen auf Ihr Wohlbefinden. Psychische Gesundheit trägt dann zu Leistungsfähigkeit bei, wenn wir lösungsorientiert handeln und Zugriff auf Ressourcen wie Optimismus haben.

Das Körperliche umfasst solch offensichtliche Aspekte wie Infekte, aber auch zunächst unspürbaren körperlichen Stress, wie eine hohe Inflammationsrate, wenig Bewegung oder durchgehend hohen Puls. Körperliche Gesundheit ist nicht die Abwesenheit von Symptomen, sondern ein flexibles inneres Gleichgewicht.

Und seelische Gesundheit ist das in sich angekommen sein – wenn wir unserer inneren Bestimmung folgen. Wir spüren die seelische Gesundheit oder das Ausbleiben von seelischem Wohlbefinden nicht direkt, sondern immer über die Psyche oder den Körper, doch für die Brücke zur Resilienz ist diese Unterscheidung wichtig.

Der Blick mit dem verbindenden Auge

Resilienz Akademie | Mentale Gesundheit und ResilienzSo wichtig Trennschärfe und klare Definitionen auch sind, es ist durchaus auch wertvoll, den Blick auf die verbindenden Elemente zu legen. Was wäre, wenn wir Gesundheit als integratives Konstrukt verstehen? Gehen wir also zurück zum Konzept der „Holistic Health“. Der Mensch ist nämlich nicht nur psychisch in der Welt und erst recht nicht abgekapselt von äußeren Einflüssen.

Unser mentaler Raum hat Auswirkungen auf unseren Körper und umgekehrt. Wenn wir unsere Seele ignorieren und zum Beispiel einen Job ausüben nur aus Loyalität gegenüber unseren Eltern, statt das zu tun, was wonach wir wirklich streben, stört das unser Wohlbefinden auf allen Ebenen.

Die Unterscheidung der einzelnen Aspekte ist besonders dann hilfreich, um mit Training oder Coaching an den spezifischen Stellen ansetzen. Doch die Verbindung und der integrative Blick auf Gesundheit hilft dabei, die richtige Stelle erst einmal zu finden. Wenn Sie immer sonntags Nackenschmerzen haben, kann man auf körperliche Ebene ansetzen und sich zum Bespiel ein Massagekissen zulegen. Aber der Auslöser kann auch an der Anspannung vorm drohenden Wochenbeginn liegen. Es ist also hilfreich, wenn Sie mentale Gesundheit als eigenen Teil wahrnehmen, sie aber nicht unabhängig vom Gesamtkonstrukt zu betrachten.

Bezug zur Resilienz

Und wie sieht nun der Unterschied zwischen mentaler Gesundheit und Resilienz aus? Eine Antwort darauf ergibt sich, wenn wir uns eine der gängigen Resilienz-Definitionen anschauen:

„Resilienz ist die Aufrechterhaltung, bzw. schnelle Wiederherstellung psychischer Gesundheit während oder nach Widrigkeiten (Stressor Exposition)“ – Raffael Kalisch, Der resiliente Mensch

Da steckt zwar die psychische Gesundheit mit drin, aber hier wird ein sehr wichtiger Aspekt betont: Resilienz ist der Prozess dahin. Eine Unterscheidung, die man einfügen könnte, wäre, dass mentale Gesundheit unter anderem ein Produkt des Resilienz-Prozesses ist. Dabei begreife ich Resilienz allerdings nicht allein als das Erreichen und Halten von psychischer Gesundheit. Resilienz ist eine Problem-Umgangs- und Problem-Lösungs-Kompetenz, die weg von dysfunktionalem Stress und toxischen Stress-Folge-Wirkungen wie Burn-out, Trauma und Krisen führt, und hin zu funktionalem, aktivierendem Stress für Lernen, Wachstum und einer Erweiterung der Komfortzone.

Diese und noch viele weitere Definitionen, die Ihnen bei der Einordnung von Resilienz helfen können, finden Sie HIER.

Dementsprechend ist es mehr als „nur“ ein Zustand des Wohlbefindens aus dem Sie heraus agieren können. Denn mit einer starken Resilienz ist es Ihnen möglich, die „normalen Lebensbelastungen“ wie die WHO sie beschreibt nicht nur zu bewältigen, sondern auch für die Zukunft zu lernen und sich zu entwickeln.

Diese Unterscheidung beruht nun allerdings darauf, dass wir Gesundheit generell als Zustand begreifen. Aber ist Gesundheit wirklich ein Zustand? Unser Körper ist in einem stetigen Bestreben, die innere Homöostase – also das innere Gleichgewicht – aufrecht zu erhalten. Im Prinzip befindet sich der Körper und auch der Geist in einer stetigen Homöodynamik. Bei dauerhafter Störung dieser Ausgeglichenheit kommt es zur Abnahme der Gesundheit – Ebenenübergreifend. Die Frage, was verbindet mentale Gesundheit und Resilienz ist dementsprechend sicher einfacher zu beantworten als die Unterscheidungskriterien.

Zur Verbindung mentaler Gesundheit und Resilienz

Lassen Sie uns an dieser Stelle Definitionen betrachten, die die Verbindung zwischen der mentalen Gesundheit zur individuellen Resilienz aufzeigen:

  • „Mentale Gesundheit bezieht sich auf einen Zustand des emotionalen und psychologischen Wohlbefindens, der es Individuen ermöglicht, Herausforderungen zu bewältigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu erkennen und ihre Lebensziele zu erreichen.“ (American Psychological Association). → Resilienz, als die Fähigkeit, nach Rückschlägen zurückzukehren, ist entsprechend ein Schlüsselelement der mentalen Gesundheit, da sie Menschen befähigt, schwierige Situationen zu überwinden und gestärkt daraus hervorzugehen.
  • „Mentale Gesundheit ist die Fähigkeit, das Leben in vollen Zügen zu genießen, produktiv zu arbeiten und positive Beziehungen aufzubauen.“(Center for Disease Control and Prevention). → Individuelle Resilienz spielt eine Rolle, indem sie es Menschen ermöglicht, trotz Widrigkeiten positive Erfahrungen zu machen und in schwierigen Zeiten sozial unterstützt zu bleiben.
  • „Mentale Gesundheit bezieht sich auf das Erreichen von emotionaler Resilienz, die es einer Person ermöglicht, Herausforderungen zu bewältigen und die Fähigkeit zur Selbstregulierung aufrechtzuerhalten.“ (Royal College of Psychiatrists). → Individuelle Resilienz trägt dazu bei, dass emotionale Resilienz entwickelt wird, um stressige Situationen zu bewältigen und die psychische Gesundheit zu schützen.
  • Mentale Gesundheit umfasst die Fähigkeit, sich anzupassen, Belastungen zu bewältigen und auf gesunde Weise zu funktionieren.“ (National Council for Behavioral Health). → Individuelle Resilienz ist entscheidend für die Anpassungsfähigkeit und die Fähigkeit, Belastungen zu bewältigen, die Teil der mentalen Gesundheit sind.
  • Mentale Gesundheit beinhaltet die Fähigkeit, Herausforderungen zu bewältigen, produktiv zu arbeiten, positive Beziehungen aufzubauen und das Leben in vollen Zügen zu genießen.“ (World Federation for Mental Health). Individuelle Resilienz spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung von Herausforderungen und der Erhaltung eines positiven Lebensgefühls.
  • Mentale Gesundheit ist ein Zustand des Gleichgewichts, der es Menschen ermöglicht, ihre Fähigkeiten zu nutzen, produktiv zu sein und ihre Ziele zu erreichen.“  (Canadian Mental Health Association). → Individuelle Resilienz fördert das Gleichgewicht, indem sie Menschen in die Lage versetzt, trotz Hindernissen ihre Ziele zu verfolgen.
  • Mentale Gesundheit bezieht sich auf das emotionale und soziale Wohlbefinden, das es einem Menschen ermöglicht, sein volles Potenzial zu entfalten.“ (National Institute for Health and Care Excellence). → Individuelle Resilienz unterstützt das emotionale Wohlbefinden und ermöglicht Menschen, ihre Potenziale trotz Widrigkeiten zu realisieren.
  • Mentale Gesundheit umfasst das Erreichen von emotionaler Stärke, die es ermöglicht, den Alltag und die Beziehungen positiv zu gestalten.“ (Mental Health Foundation). → Individuelle Resilienz trägt zur Entwicklung von emotionaler Stärke bei, was sich wiederum positiv auf die mentale Gesundheit auswirkt.
  • Mentale Gesundheit bezieht sich auf die Fähigkeit, stressige Lebensereignisse zu bewältigen und sich an verschiedene Lebensumstände anzupassen“ (American College of Psychiatrists).Individuelle Resilienz ist entscheidend für die Bewältigung von Stressoren und die Anpassungsfähigkeit an Veränderungen im Leben.
  • Mentale Gesundheit ist das Erreichen von Wohlbefinden, das es Menschen ermöglicht, ihr Leben zu genießen, produktiv zu sein und sich in der Gemeinschaft einzubringen.“ (Mind, UK’s Mental Health Charity). → Individuelle Resilienz ist ein integraler Bestandteil, der Menschen dazu befähigt, ihr Leben zu genießen, produktiv zu sein und in der Gemeinschaft aktiv zu sein, trotz möglicher Rückschläge.

Wie Sie mentale Gesundheit stärken können

Bedenken wir die Homöodynamik, braucht psychische Gesundheit besonders einen Aspekt, um für uns dauerhaft erlebbar zu sein: Balance. Es gibt nicht die eine Standardlösung für einen gesunden Geist, denn wie die Balance letztendlich aussehen kann, ist bei jedem individuell.

Die Schutz- und Risikofaktoren für mentale Gesundheit

Vielleicht haben Sie sich an bereits gefragt, was genau die Balance sein soll. Oft wird im Zusammenhang mit psychischer Gesundheit die Work-Life-Balance angesprochen. Doch die meinen wir hier nicht. Mit Balance ist die Balance zwischen Schutz- und Risikofaktoren gemeint. Wie auch bei der Resilienz allgemein entscheidet, das Verhältnis von potenziell stärkenden Faktoren und innewohnenden Ressourcen zu potenziell schädigenden und stressauslösenden Faktoren.

Ein Beispiel macht die Bedeutung des Verhältnisses deutlich:

Nehmen wir mal an, Sie schlafen seit ca. 2 Wochen schlechter oder fühlen sich morgens nicht besonders erholt – Vielleicht wachen Sie auch öfter mitten in der Nacht auf? Lassen wir für dieses Beispiel außen vor, welche Gründe diese Schlafstörung haben könnte. Das allein ist noch kein Grund sich Sorgen um die psychische Gesundheit zu machen. Denn Sie haben eine erfüllende Arbeit, eine:n liebevolle:n Partner:in, und gehen wöchentlich mit einem guten Freud laufen. Sie können dadurch diesen einen Faktor, der belastend sein kann, durch mehrere Aspekte ausgleichen, die Ihnen guttun.

Im „World mental health report” der WHO befindet sich eine Beispielliste mit Schutz- und Risikofaktoren, unterteilt nach individuellen, gemeinschaftlichen und strukturellen Faktoren (WHO, 2022). Hier sind ein Paar dieser Faktoren aufgelistet:

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Das sind nur einige Beispiele für solche Faktoren. Wichtig ist zu verstehen, dass Balance in dem Fall nicht bedeutet, dass es für jeden Risikofaktor einen ausgleichenden Schutzfaktor geben muss. Vielmehr geht es um ein übergreifendes Gefühl, dass sich die Schutzfaktoren stärker auf das Denken, Handeln und Fühlen auswirken als die Risikofaktoren. Es kommt also auch in der Balance weniger auf die Quantität, sondern mehr auf die Qualität an.

4 + 1 Tipps aus Resilienz-Sicht für die mentale Gesundheit

Obwohl niemand Ihnen eine Musterlösung für psychisches Wohlbefinden bieten kann, gibt es viele hilfreiche Tipps, die dabei unterstützen können, selbst wieder in Balance zu kommen. Im Internet und diversen Ratgebern finden Sie eine bunte Mischung an Tipps und Tricks. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle nicht einfach vier weitere Tipps anbieten, wie Sie resilienter werden und mentale Gesundheit fördern. Ich möchte Ihnen hier ein Meta-Modell mit Tipps an die Hand geben, sodass Sie daran selbst reflektieren können, welche Faktoren Sie bereits mitbringen, um Ihre mentale Gesundheit zu fördern.

Mindset zum Fördern psychischer Gesundheit

Ist psychische Gesundheit Kopfsache? Zum Teil: ja! Denn unsere Gedanken formen sehr aktiv, in welchen Zuständen wir uns befinden. Deshalb sind Tipps, die auf der Ebene des Mindsets ansetzen, auch so wirksam.

Einen Tipp aus meinem Resilienztraining möchte ich Ihnen hier vorstellen. Sicher haben Sie bereits von Dankbarkeitstagebüchern oder ähnlichen Methoden gehört oder gelesen. Und die Wirksamkeit von Dankbarkeit als emotionale Ressource ist auch in der Forschung breit untersucht (u.a. Allen, 2018). Allerdings habe ich in meiner Erfahrung aus Trainings und Coachings gelernt, dass nicht immer ein direkter Zugang zu dieser Ressource besteht. Deshalb können Sie für ein mentale Gesundheit stärkendes Mindset sich zwei Fragen vorher schon stellen:

  1. Was war heute gut?
  2. Was soll sich gerade nicht ändern?
  3. Wofür bin ich dankbar?

Der Hintergrund dieser Fragen ist eine Erweiterung des Fokus um die neutralen oder angenehmen Aspekte des Lebens, statt auf jenes, das sich ändern soll. Denn es wird sicher eine Veränderung im Inneren geben, wenn Sie sich diese Fragen regelmäßig, beispielsweise als Abendroutine, stellen.

Welche Tipps kennen Sie noch, die für Sie zur Arbeit mit dem Mindset passen?

Skillset zum Fördern psychischer Gesundheit

Das Skillset umfasst alle Fähigkeiten, die Sie besitzen, um Ihre mentale Gesundheit zu fördern. Einer dieser Skills ist die Konfliktkommunikation. Hierfür möchte ich Ihnen ein kleines Wort anbieten, dass in der Kommunikation mit anderen eine große Wirkung erzielen kann. Dieses Wort ist „und“.

Wir tendieren sprachlich dazu, eine Aussage durch ein „aber“ hervorzuheben. Allerdings führt das auch dazu, dass der Satz vor dem „aber“ an Bedeutung verliert. Durch ein „und“ haben beide Sätze die gleiche Gewichtung, was in Konflikten sehr wertvoll sein kann.

Zum Beispiel:

„Ich möchte Dir gerne helfen, aber ich verstehe dich nicht“.
„Ich möchte Dir gerne helfen und ich verstehe dich nicht“.

Das kann man beliebig steigern… zum Beispiel mit dem kleinen Wort „noch“.

„Ich möchte Dir helfen und ich verstehe dich noch nicht“.

Welchen Unterschied machen die Sätze für Sie? Und was für Beispiele fallen Ihnen noch ein, in denen der Austausch zwischen „aber“ und „und“ eine (Aus-)Wirkung haben? Können Sie merken, was das „noch“ für einen Unterschied macht?

Feelset zum Fördern psychischer Gesundheit

Wie im obigen Beispiel erwähnt, haben Worte eine Wirkung – die Worte die wir nach außen sagen ebenso wie jene, die wir nur uns selbst sagen. Eine Übung, um das Feelset zur Förderung von mentalem Wohlbefinden zu nutzen, ist sich der somatischen Marker bewusst zu werden. Das Konzept der somatischen Marker stammt von Antonio Damasio, der postulierte, dass unsere emotionalen Erfahrungen als Körperempfindungen mitteilen.

Machen Sie gerne folgendes kleines Experiment:

Suchen Sie sich ein Wort aus, das Sie rein intuitiv mit etwas Negatives verbinden. Zum Beispiel Steuererklärung, Müll rausbringen, Stau, kalter Kaffee etc. Spüren Sie, welche Resonanz das Wort auf Ihr Körperempfinden hat, wenn Sie daran denken.

Wiederholen Sie nun das Gleiche mit einem Wort, das positive Assoziationen hat. Das kann zum Beispiel Sonne, Familie, Urlaub, Freude, Spazieren etc. sein. Welchen Unterschied nehmen Sie im Körper wahr?

Wenn Sie im Alltag Ihren Fokus hin und wieder darauf legen, welche Empfindungen ein Gedanke oder eine Tätigkeit bei Ihnen auslöst, haben Sie einen großen Schritt in Richtung gestärkter mentaler Gesundheit gemacht. Denn um negative Einflüsse zu ändern, müssen Sie zunächst ins Bewusstsein gelangen.

Toolset zum Fördern psychischer Gesundheit

Im Grunde sind die drei oben genannten Tipps, wenn Sie diese anwenden, Tools für die Förderung mentaler Gesundheit. Das Toolset ist Ihr Werkzeugkoffer, um Gesundheit zu bewahren oder wieder herzustellen. Sie können diesen Text als Tool verstehen, denn allein das Informieren und Nachdenken über mentale Gesundheit stößt schon Prozesse in Ihrem Inneren an.

Sie können sich allerdings auch Tools von außerhalb bedienen. Beispielsweise durch eine Meditationsapp wie Calm oder Headspace. Diese Apps sind darauf spezialisiert, mentale Gesundheit mithilfe von Meditation zu stärken.

Welche Tools haben Sie bereits ausprobiert? Oder was sehen Sie jetzt als Tool für mentale Gesundheit an, das Ihnen vorher noch gar nicht bewusst war?

Soulset zum Fördern psychischer Gesundheit

Neben diesen vier Sets gibt es ein weiteres, das im Gegensatz zu den anderen keine akute oder kurz- bis mittelfristige Steigerung des psychischen Wohlbefindens darstellt, sondern langfristig und ganzheitlicher wirkt: das Soulset. Die Seele ist schwer zu greifen und oft wird sie einfach unter dem Mentalen mitgemeint. Doch die Seele beschreibt noch etwas anderes als das rein Rationale. Sie steht vor allem für Lebendigkeit und Authentizität. Mit dem Soulset können Sie sich fragen, in wie weit Sie in die bestehenden Sets ein Stück mehr Liebe und Sinnerfüllung fließen lassen können. Schauen Sie einmal, was wäre dann anders?

Diese Aussage wird deutlich, wenn wir uns das eudamonische Glück und seinen Zusammenhang mit Gesundheit anschauen. In der Positiven Psychologie wird das eudamonische Glück auch Werteglück genannt. Schließlich entstehe es dann, wenn eine Person kongruent zu ihren Werten lebt und sich sinnstiftend engagiert. Es ist das Gegenstück zum flüchtigeren Wohlfühlglück, dem hedonistischen Glück. Dabei steht das eudamonische Glück als Prozess in engem Zusammenhang mit mentaler Gesundheit (Bhullar, Schutte, & Malouff, 2013).

Sie können psychisches Wohlbefinden durch das Soulset stärken, indem Sie sich Ihrer Werte bewusstwerden und Ihr Handeln danach ausrichten. Eine Übung, um die eigenen Werte zu ergründen finden Sie HIER.

Wozu mentale Gesundheit dient

Zu Beginn haben wir davon gesprochen, dass unsere mentale Gesundheit durch verschiedene Bereiche und Umwelteinflüsse beansprucht wird. Nun bleibt nur noch die Frage offen, wie es denn aussieht, wenn wir ein großes bzw. dauerhaft vorhandenes psychisches Wohlbefinden haben.

Ein zentrales Motto, das für mich sowohl Resilienz widerspiegelt und den Zweck von psychischer Gesundheit darstellt, ist:

Was immer du tust, tue es aus einem guten Zustand heraus!

Was konkret diesen guten Zustand für Sie persönlich ausmacht, das entscheiden Sie. Es gibt hierbei nicht den einen guten Zustand. Zudem ist die Qualität des Zustands – ob nützlich, hilfreich oder angenehm – immer abhängig vom Kontext, der Aufgabe und dem gewünschten Ziel. Aus einem guten Zustand heraus, erweitert sich Ihr momentaner Möglichkeitsraum. Mit anderen Worten, mentale Gesundheit hilft Ihnen, mehr Chancen wahrzunehmen, Ihre „Fähigkeiten auszuschöpfen“ (wie die WHO formuliert) und aktiv Werteglück herzustellen.

Ich wünsche Ihnen von Herzen gute Zustände und viel Erfolg beim Stärken Ihrer mentalen Gesundheit.

Quellen

Allen, S. (2018). The science of gratitude.

Bhullar, N., Schutte, N. S., & Malouff, J. M. (2013). The nature of well-being: The roles of hedonic and eudaimonic processes and trait emotional intelligence. The Journal of Psychology, 147(1), 1-16.

Cohrdes, C., Hapke, U., Nübel, J., & Thom, J. (2022). Erkennen-Bewerten-Handeln. Schwerpunktbericht zur psychischen Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland. Teil 1–Erwachsenenalter. In: Robert Koch-Institut.

Lippke, S., & Renneberg, B. (2006). Konzepte von Gesundheit und Krankheit. Gesundheitspsychologie, 7-12.

Liu, X., Zhu, M., Zhang, R., Zhang, J., Zhang, C., Liu, P., . . . Chen, Z. (2021). Public mental health problems during COVID-19 pandemic: a large-scale meta-analysis of the evidence. Transl Psychiatry, 11(1), 384.

Organization, W. H. (2019). Psychische Gesundheit–Faktenblatt [PDF].

Organization, W. H. (2022). World mental health report: transforming mental health for all.

Ulvi, O., Karamehic-Muratovic, A., Baghbanzadeh, M., Bashir, A., Smith, J., & Haque, U. (2022). Social Media Use and Mental Health: A Global Analysis. Epidemiologia, 3(1), 11-25.

Wang, S., Kamerāde, D., Burchell, B., Coutts, A., & Balderson, S. U. (2022). What matters more for employees’ mental health: job quality or job quantity? Cambridge Journal of Economics, 46(2), 251-274.

 


Resilienz Akademie | Mentale Gesundheit und ResilienzSebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 150 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de).

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