Individuelle Resilienz

Individuelle Resilienz lässt sich am besten an den 6 Schritten der Resilienz erklären. Diese zeigen den Verlauf an, von dem Status Quo über die Krise bis hin zum neuen, resilienten Status Quo. Das Modell ist angelehnt an den Change-Prozess nach Virginia Satir.

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Schritt 1: der Status Quo

In unserem „Normalzustand“ durchleben wir die meiste Zeit des Alltags. Wir haben in diesem Zustand Zugang zu unserer Kreativität, können Interesse zeigen und unseren Interessen nachgehen und sind in der Lage Verantwortung zu übernehmen. In diesem Zustand haben wir auch einen gewissen Grad an Einfluss auf Reaktionen zu bestimmten Reizen. Zum Beispiel löst ein Anruf, vom Chef beispielsweise, nicht unbedingt Stressreaktionen aus, sondern wir haben diesen Raum zwischen Reiz und Reaktion, in dem wir entscheiden können. Da in diesem Zustand alles mehr oder weniger gut läuft, begegnen uns hier häufiger Bingos – positive Affekte.

Schritt 2: der Stresspegel steigt

Auch dieser Schritt ist ein normaler Bestandteil des Alltags. Es gibt immer mal wieder Zeiten, in denen der Stresspegel steigt und sich das Stressfass mit kleinen oder größeren Stressoren füllt. Dieser Schritt ist gekennzeichnet von mehreren Grmpfln – also negativen Affekten. Die gewohnten Muster in Denken, Handeln und Fühlen funktionieren nicht mehr wie gewohnt, sodass unsere Erwartungshaltungen an uns und unsere Umgebung vermehrt zu Irritationen führt. Allerdings zeichnet sich das Stressfass auch dadurch aus, dass es ein Ventil besitzt, um den Stress „abzulassen“ und zu regulieren. Das ist in diesem Schritt weiterhin möglich.

Schritt 3: maximaler Stress

Wenn der Stress nicht reguliert wird, kommt es zu maximalem Stress. Hier haben wir nicht länger das Gefühl, selbstbestimmt handeln zu können und den Raum zwischen Reiz und Reaktion zu nutzen. Vielmehr fühlt es sich so an, als würde jemand anderes die Knöpfe auf unserer Gefühlsfernbedienung drücken. Hier tritt oft das Super-Grmpfl auf die innere Bühne, da auch der Körper sich nun immer stärker meldet. Zu Unruhe und Erschöpfung kommen Konzentrationsschwierigkeiten, Muskelverspannungen oder Magenbeschwerden. Doch nicht nur das Super-Grmpfl, auch andere innere Seiten von uns zeigen sich, was zu Zwickmühlen und noch mehr innerem Stress führen kann.

Wir fühlen uns der Belastung nicht gewachsen, was zu einem inneren Schrumpfen führt. Es ist das Gefühl, dass wir klein und schwach gegenüber einem übermächtigen Problem stehen. Das Problem wird dann so raumeinnehmend, dass wir nur noch dies wahrnehmen und in eine Problemtrance fallen. Den Stress selbstständig zu regulieren ist hierbei nur noch schwer möglich.

Schritt 4: die Krise

Ob es von Stress zur Krise kommt, bestimmt der Minimumfaktor. Jeder Mensch hat einen bestimmten Punkt, dessen Überschreitung dazu führt, dass das Stressfass sprichwörtlich überläuft. Das können verschiedene Faktoren sein, wie beispielsweise Schlaf oder Ich-Zeit. Wenn diese Faktoren allerdings nicht gegeben sind, um einen Ausgleich zu schaffen, bricht der Körper zusammen. Kleine oder größere Krisen werden oft als eine Art Zusammenbruch erlebt, die uns die Grenzen unserer bisherigen Bewältigungsstrategien sehr klar aufzeigen. An diesem Punkt zeigen sich die puren Stressreaktionen Kampf, Flucht, Starre (Fight, Flight, Freeze) und nach zu langer Aufrechterhaltung der Krise auch die Resignation. Nicht selten tritt hierbei auch Schmerz auf, körperlich wie seelisch.

Der Weg aus der Krise findet dann statt, wenn wir es schaffen, Zugriff auf unsere Ressourcen zu erlangen und diese mit dem „Trauma“ der Krise zu verknüpfen. Bei diesem Schritt ist auch die Hilfe von Außen nützlich, beispielsweise in Form eines Coachings. Sollte es sich um eine psychische Erkrankung oder ein Trauma handeln, sind ärztliche und/oder psychologische Unterstützung wichtig.

Schritt 5: die Regeneration

Hier geht es um das „wieder Aufstehen“. Und damit ist nicht einmaliges, sondern mehrmaliges Aufstehen gemeint. Denn in diesem Schritt der Resilienz kann es zu Ehrenrunden kommen. Wir müssen erst neue Muster des Gelingens lernen, was Zeit und Übung erfordert. Unterstützend wirkt hierbei die Akzeptanz dieser Ehrenrunden und damit die Selbstakzeptanz. Achtsamkeit ist der Wegbegleiter hin zum resilienten Ich. Mit Achtsamkeit schenken wir uns selbst die nötigen Ressourcen und die Regulationsfähigkeit, um in die eigene Kraft zu kommen.

Schritt 6: das resiliente Ich

In diesem Schritt sind wir letztendlich ein Stück immuner gegen Probleme, Stress und Krisen geworden. Dankbarkeit ist hierbei ein wichtiger Weggefährte, um das Vergangene wertzuschätzen und sich aus einer positiven Perspektive heraus an die Lernerfahrungen zu erinnern. Hier ist auch der Stolz wichtig. Stolz darauf, die Krise gemeistert zu haben, weiterzuleben und auch weiterhin Freude erleben zu können. An diesem Punkt zeigt sich das Super-Bingo. Dieser starke positive Zustand ist auch zwischendurch im Alltag zu finden, doch mit einer starken Resilienz haben wir einen verbesserten Zugriff darauf. Diese Handlungsmacht und die Selbstwirksamkeitserwartung zeigen sich darin, dass wir bewusst Entscheidungen treffen und Verantwortung für die Folgen übernehmen. Zudem haben wir die Kraft unserem Herzensthema zu folgen, das uns mit Freude und Interesse erfüllt. Und somit schließt sich der Kreis – mit einem neuen, resilienten Status Qou, gewappnet für die nächste Krise.

Die Resilienz Faktoren

Auf dem Weg von der Krise zur Resilienz und auf dem Weg bevor es überhaupt zur Krise kommt, haben die Resilienzfaktoren einen großen Einfluss. Sie sind jene Faktoren, die uns stark im Umgang mit Stress machen. Sie lassen sich auch als sieben Säulen der Resilienz bezeichnen, die sich in die vier Haltungen (gesunder Optimismus, Akzeptanz, Ziel-/ Lösungsorientierung und Bindung) und drei Praktiken (Selbstwahrnehmung, Selbstreflektion und Selbstwirksamkeit) unterteilen lassen.

Salutogene Faktoren

Diese Faktoren beziehen sich auf die generelle Entstehung von Gesundheit. Es handelt sich um die drei Komponenten des Kohärenzgefühls nach Aaron Antonovsky. Wenn wir Verstehbarkeit, Machbarkeit und Sinnhaftigkeit verspüren, bleiben wir nicht nur psychisch gesund, sondern sind den zukünftigen Problemen und Krisen gewachsen.

 

Die Inhalte und die Grafiken sind für die eigene Resilienz und ausschließlich zur privaten Nutzung gedacht! Jede Form der Weitergabe, anderweitiger Nutzung, Nutzung im Training, in Medien o.ä. bedarf der Genehmigung von Sebastian Mauritz (Resilienz Akademie Göttingen).

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